Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom
Autoren: Christopher Pike
Vom Netzwerk:
er doch erkennen. Er konnte es in den Augen des Dings erkennen. Sie waren rot und heiß und zeugten von einem alles verzehrenden Hunger. Es war ein Monster, das alles Lebende verschlang. Vor allem kleine Jungs, die es besonders appetitlich fand. Und es ritt auf seinem eigenen Wellenkamm, kam direkt auf ihn zu…
     
     
    Das Telefon weckte Carl auf. Er schreckte hoch, öffnete die Augen. Einen Moment lang sah er, wie ein Gesicht vor der blauen Schlafzimmerwand über ihm schwebte. Es war nicht das Monstergesicht aus seinem Alptraum. Es war ein menschliches Gesicht, und doch war es genauso grauenhaft. Irgendwie ähnelte es dem Monster, und er erkannte das Gesicht. Doch bevor er den Namen der Person aussprechen konnte, verblaßte das Gesicht, das Telefon neben seinem Bett läutete zum zweitenmal, und er hob ab.
    »Hi Carl, habe ich dich geweckt?«
    Carl war im Nu wach, der Traum vergessen. Es war Cessy. Jemand, den anzurufen er sich niemals getraut hätte.
    »Ne, ich bin schon auf«, sagte er, während er sich zu räuspern versuchte. »Wie geht’s?«
    Cessy kicherte. Sexy Cessy. Sie konnte den ganzen Tag über kichern, und jeder Junge würde darauf abfahren. »Und ob ich dich geweckt habe. Tut mir leid. Aber wir mußten einfach mit dir reden. Heute ist Schnitzeljagd vom Partridge Club. Wir möchten dich gerne in unser Team holen, bevor es ein anderer tut.«
    Carl konnte sein Glück nicht fassen. Er hatte das Jahr über oft mit Cessy gesprochen, und sie war immer nett zu ihm gewesen, aber über mehr als oberflächliches Geplänkel waren sie nie hinausgekommen. Er hatte sich gefragt, wie er wohl seinen Mut zusammennehmen könnte, um sie zu fragen, ob sie mit ihm ausging, bevor die Schule in der kommenden Woche zu Ende war. Und jetzt rief sie ihn an und bot ihm die perfekte Gelegenheit. Die Jagd sollte den ganzen Tag über dauern, und die Teams sollten klein sein.
    »Das fände ich klasse«, sagte er.
    »Super! Tom sagte mir, ich könnte mit dir rechnen.«
    Tom Barrett war ein Freund von ihm, wahrscheinlich sein bester, seit Joe tot war. Tom traf sich regelmäßig mit Cessy, er hatte aber nie mehr als platonisches Interesse an ihr gezeigt. Cessy fuhr fort: »Willst du mal mit ihm sprechen?«
    »Ist er bei dir zu Hause?«
    »Ja. Er sitzt gerade am Swimmingpool und schaut mir beim Schwimmen zu.« Wieder kicherte Cessy. »Ich hab’ nichts an.«
    »Klingt gut.« Carl wünschte, durch die Augen seines Freundes schauen zu können. »Klar, gib mir Tom mal. Wir sehen uns ja dann in der Schule.«
    »Wir sehen uns vorher, Carl.«
    Er hörte ein lautes Platschen und war begeistert. Tom kam dran. »Wie isses, Kumpel?« fragte er.
    »Alles klar«, erwiderte Carl. »Ich bin noch nicht aus dem Bett raus. Und bei dir?«
    Das war an sich eine banale, nichtssagende Frage, aber wenn man sie Tom stellte, hatte sie eine besondere Bedeutung. Tom hatte sich im vergangenen Herbst während eines Footballspiels eine schwere Kopfverletzung zugezogen. Der Schlag hatte ihn für fünfzehn lange Minuten bewußtlos gemacht. Die Ärzte meinten, er sei in Ordnung – er war immer noch gut in der Schule und so weiter –, aber er neigte seitdem dazu, für längere Zeit in Schweigen zu verfallen und irgendwie wegzudriften. Carl war klar, daß er sich überängstlich verhielt was Tom anging, aber was machte das schon?
    »Bei mir auch«, meinte Tom.
    »Heißt das gut oder schlecht?« wollte Carl wissen.
    »Weiß ich nicht.«
    »Was machst du bei Cessy zu Hause?«
    »Rumhängen.«
    »Schwimmt sie wirklich nackt rum?«
    »Sieht so aus. Willst du uns in die Schule mitnehmen?«
    »Soll ich euch abholen kommen?«
    »Wenn du kannst«, sagte Tom.
    »Kein Problem. Hast du Cessy dazu gebracht, mich zu fragen, ob ich in ihrer Gruppe bei der Schnitzeljagd mitmache?«
    »Wir sollten alle mitmachen.«
    »Bist du auch in der Gruppe?« fragte Carl.
    »Ja.«
    »Spitze. Also, bis gleich.«
    »Alles klar«, meinte Tom. »Auf Wiedersehen.«
    Carl verabschiedete sich und legte den Hörer auf. Erst jetzt bemerkte er, daß sein Hemd klatschnaß vor Schweiß war. Auf einen Schlag kehrte sein Alptraum zurück. Doch konnte er sich nicht mehr genau an ihn erinnern, er wußte nur, daß er anders gewesen war als sonst. Am Ende war ein Drachen oder eine Schlange gewesen. Mann, o Mann, er mußte es unbedingt abschütteln. Das verdammte Ding hatte ihn zu Tode erschreckt.
    Carl verschwendete nicht allzuviel Zeit damit, seinen Traum zu analysieren. Das hatte er schon oft genug getan, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher