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Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom
Autoren: Christopher Pike
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wartete darauf, daß er weitersprach.
    »Das ist es nicht, warum ich hierhergekommen bin«, sagte der Junge. »Ich erkläre es gleich. Aber zuerst muß ich Sie etwas fragen. Glauben Sie an den Teufel?«
    »Ich bin Priester.«
    »Ich weiß, daß Sie Priester sind. Aber viele Priester sagen heute, der Teufel sei bloß ein Symbol und so etwas.«
    »Warum fragst du mich danach?«
    »Weil es wichtig ist. Ich muß es wissen.«
    »Ich glaube an den Teufel«, sagte der Priester.
    »Gut.«
    Der Priester sprach leise. »Was hast du für ein Problem, mein Sohn?«
    Der Junge konnte sich nicht länger beherrschen. Die Tränen flossen nur so aus ihm heraus. Wieder mußte er nach seinem Taschentuch greifen. »Ich habe solche Angst.«
    »Erzähl mir, was geschehen ist.«
    Und der Junge erzählte es ihm.

1. Kapitel
     
     
     
    Am Morgen der Schnitzeljagd hatte Carl Timmons einen Traum. Es war der gleiche Traum, den er im vergangenen Jahr ab und zu gehabt hatte, und doch war er irgendwie anders. Er fing jedoch so an wie sonst auch, und alles, was geschah, fühlte sich – wie immer – so an, als geschehe es zum erstenmal.
    Er war mit seinem besten Freund zusammen, mit Joe, und sie beide waren noch klein. Sie fuhren Dreirad in einer staubigen Schlucht. Der Himmel über ihnen war klar, und es war ein strahlender Tag. Sie hatten viel Spaß, spielten draußen in der Welt der Großen, ohne irgend etwas auf dem Herzen. Vor ihnen, am Ende der Schlucht, lag ein riesiger Damm. Joe hatte eine ziemlich genaue Vorstellung vom Damm. Er meinte, auf der anderen Seite müsse eine Menge Wasser sein, vielleicht ein See. Carl jedoch konnte sich das nicht vorstellen. Auf ihrer Dammseite war alles so trocken und staubig. Carl stellte sich vor, daß auf der anderen Seite bloß noch mehr davon lag, vielleicht aber auch überhaupt nichts. In Wirklichkeit war es ihm eigentlich egal, was dahinter lag. Joe sprach jedoch gerne darüber, während sie fuhren. Der Damm interessierte ihn brennend. Sie fuhren eine Zeitlang und merkten nicht, daß der Himmel sich verdunkelte. Schwarze Wolken zogen über ihnen auf und verdeckten die letzten Spuren des Tageslichts. Dann blitzte und donnerte es, und schließlich fing es an zu regnen. Aber nicht auf ihrer Seite. Nur jenseits des Damms. Aus der Entfernung konnten sie den Regen betrachten, er sah aus wie ein Perlenvorhang. Joe meinte, sie sollten sofort zurückfahren. Er hatte Angst, der Damm würde überflutet, vielleicht sogar brechen. Carl jedoch hatte überhaupt keine Angst. Für ihn war der Damm groß und stark. Er sah nicht ein, wie so ein bißchen Regen ihn zum Einsturz bringen sollte. Und plötzlich änderte er seine Ansicht: Jetzt wollte er doch einmal kurz auf die andere Seite gucken, um mit eigenen Augen zu sehen, ob dort wirklich ein See war und Joe recht und er selbst sich geirrt hatte. Er bestand darauf, daß sie weiterfuhren.
    Weit waren sie noch nicht gekommen, als direkt über ihnen ein mächtiger Blitz den Himmel aufriß, begleitet von einem ohrenbetäubenden Donnerschlag. Ein fauliger Gestank durchzog die Luft, nicht der übliche Ozongeruch, den ein Gewitter mit sich brachte, sondern der Geruch verbrannten Fleisches. Schließlich trommelte der Regen auf sie ein. Der Boden verwandelte sich in Schlamm. Carl wollte jetzt gar nicht mehr auf die andere Seite schauen. Jetzt war er genauso ängstlich wie Joe. Sie wendeten ihre Dreiräder und traten wie verrückt in die Pedale.
    Dann fiel das Ding vom Himmel. Sehen konnten sie es nicht. Sie fuhren mit dem Rücken zum Damm, und bei dem dichten Regen trübte sich der Blick. Aber sie hörten es. Das Ding fiel hinter den Damm, und der Krach des Aufpralls war lauter, als der Donner gewesen war. Der Gestank verstärkte sich, und sie traten noch schneller in die Pedale. Carl hatte Angst davor, sich umzudrehen. Als seine Räder aber immer tiefer im Schlamm einsanken, seine brennenden Lungen ihm den Dienst versagten und er das Gefühl hatte, nicht weiter voran zu können, tat er es doch.
    An dieser Stelle nahm der Alptraum an diesem Morgen eine neue Wendung. Carl spürte den Unterschied jedoch nur, er verstand ihn nicht.
    Sonst hatte er in seinem Traum an dieser Stelle gesehen, wie sich Risse im Damm bildeten, aus denen Wasserfontänen herausspritzten. Das war dann normalerweise das Ende des Traums, obwohl der Damm manchmal auch noch brach und sich eine Kaskade Wasser über ihn und Joe ergoß und er schließlich schreiend aufwachte. Diesmal gab es die Risse auch
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