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Der Schreiber von Córdoba

Der Schreiber von Córdoba

Titel: Der Schreiber von Córdoba
Autoren: Melanie Little
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Lederhüllen
    für Bücher.
    Ich seufze. Das Wort »kandiert« verfolgt mich
    den ganzen Weg bis zu unserer Haustür.
      
    Geschenk
    Kaum bin ich drinnen,
    da höre ich ein Klopfen.
    Draußen steht Don Barico persönlich,
    als hätte ich ihn herbeigezaubert
    durch meine sehnsüchtigen Gedanken.
    Aber was für ein verkehrter Zauber ist das?
    Er hat keine Rebhuhnpastete im Arm.
    Stattdessen steht an seiner Seite ein Junge.
    Jedenfalls glaube ich, dass es ein Junge ist.
    Er hat einen schmalen Streifen Flaum
    direkt über der Oberlippe.
    (Über meiner ist mehr.)
    Aber der Rest – zugedeckt
    von einem ganzen Berg Kleidung.
    Seine Gewänder berühren den Boden
    und verbergen selbst seine Schuhe.
    Sein Haar unter dem Turban könnte
    lang oder kurz oder magenta gefärbt sein –
    ich würde nichts davon sehen.
    Aber zwei Dinge an ihm
    sind unübersehbar.
    Auf seinem Gewand, gleich unter der rechten Schulter,
    das rote Abzeichen der Mauren.
    Darüber, auf seiner Wange, ein schwarzes S.
    Ob aus Tinte oder eingebrannt in seine nussbraune Haut,
    kann ich nicht sagen.
    Don Barico hat uns kein Geschenk gebracht.
    Er hat uns einen Sklaven gebracht.
      
    Affen
    Ich liebe Mamas Lachen.
    Und es ist, weiß Gott, in diesen Tagen
    ein seltener Gast.
    Aber heute ist es fehl am Platz.
    »Schau nur, wie sie einander anstarren«, sagt sie.
    »Wie zwei nervöse Affen,
    die sich misstrauisch beäugen!«
    Nein, ich habe bloß geschaut, nicht gestarrt.
    Er ist es, der nicht aufhören will.
    Als wäre ich der Befremdliche.
    Der Fremde.
      
    Wir sind zu viert
    Fragt nicht, was wir mit einem vierten Esser sollen,
    den wir füttern müssen,
    obwohl es doch kaum für uns selbst reicht.
    Was machen wir mit zwei Händen mehr, die arbeiten können?
    Keine Aufträge, kein Pergament,
    nicht einmal mehr viel Tinte.
    Außerdem ist er noch einer zusätzlich,
    den man fürchten muss.
    Ich habe gehört, dass es unzufriedene Sklaven gibt,
    die sich wie Spione verhalten.
    Eine einzige Beleidigung von ihrem Herrn,
    und sie rennen zum Offizium.
    Sie erzählen das Erstbeste, was ihnen einfällt,
    und wenn es noch so falsch ist.
    Zwar ist Papa ein Meister des Schreibens.
    Und ich übrigens auch.
    Die meisten Meister haben Diener.
    Aber was soll’s?
    Wir sind immer sehr gut
    alleine zurechtgekommen, schönen Dank auch.
    Papa ist kein Narr. Es wird keinen Tag dauern,
    bis er seinen Mauren zurückschickt.
      
    Arabisch
    »Amir ist noch dabei,
    Spanisch zu lernen, Ramón. Du
    musst ihm helfen.«
    »Ja, Papa.«
    Ha.
    Meine Freunde und ich reden
    über ihn,
    auch wenn er
    direkt daneben steht.
    Wie wir laut reden würden,
    wenn ein Esel dabei ist.
    Er schaut uns an, geradewegs.
    Manchmal blinzelt er,
    als sei ihm eine Fliege zu nahe gekommen.
    Aber selbst wenn er verstehen könnte,
    was wir sagen –
    sind denn seine Ohren
    nicht viel zu eng mit
    diesem Turban umwickelt?
      
    Verscheucht
    Mama und Amir
    herrschen jetzt in der Küche.
    Ich sitze brütend neben dem Ofen,
    ganz allein, deshalb wurde er nicht angezündet,
    und gebe mir Mühe, nicht hinzuhören.
    Selbst bei Mama
    sagt er nicht viel.
    Aber sie gibt nicht auf.
    Sie plappert drauflos, ertränkt
    sein Schweigen im Strom
    ihrer Worte.
    Wenn Papa oder ich versuchen,
    bei den Mahlzeiten zu helfen, scheucht sie uns einfach weg.
    Wir sind schwerfällig und unbeholfen.
    Aber Amir weiß, was zu tun ist.
    Wartet nur, bis ich
    den Jungs im Viertel erzähle,
    dass er kochen kann wie ein Mädchen!
      
    Stolzieren
    Amir lässt die
    Fügsamkeit fallen,
    sobald wir draußen sind.
    Jeder weiß, dass er unser Sklave ist:
    Ich habe es den anderen gesagt.
    Aber er stolziert herum wie unseresgleichen.
    Er trägt den Kopf hoch.
    Alle können es sehen.
    Ein Junge, Paco, hat gesagt:
    »Er benimmt sich, als sei er
    dein Herr!«
      
    Gefährte
    Eines kann ich sagen:
    Seit Amir da ist, nörgeln Mama und Papa
    nicht mehr so viel, wenn ich nach draußen gehen will.
    Ich weiß, warum. Sie denken,
    ich könnte nicht in Schwierigkeiten geraten,
    wenn er als ihr Spion dabei ist.
    Was fürchten sie denn? Dass ich die hohe Mauer
    eines Frauenklosters erklimme,
    wenn ich alleine bin?
    Wir werden zum Markt geschickt,
    und ich nehme einen so großen Umweg,
    dass mir ganz schwindelig wird. (Wenn ich schon
    diesen Kerl mitschleppen muss, dann will ich wenigstens Spaß haben.)
    Amir verengt die Augen,
    aber er sagt nichts.
    Was soll er auch sagen?
    Die Straßen winden sich wie Schlangen.
    Aus irgendeinem Grund fällt mir
    eine
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