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Der Schlitzer

Der Schlitzer

Titel: Der Schlitzer
Autoren: Jason Dark
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war nichts zu hören. Der Mann ging lautlos. Die Angst peitschte weiter in Rose hoch. Vergessen hatte Rose ihren toten Mann, jetzt wollte sie nur ihr Leben retten, denn vor dem hell glänzenden Messer hatte sie eine schreckliche Furcht.
    Die Frau drehte sich herum. Sie stolperte dabei, wäre fast ausgerutscht und prallte mit dem Knie gegen den braunen Topf, aus dem eine Pflanze hervorwuchs.
    Mit einem Sprung erreichte sie die Tür und stand kaum wieder mit beiden Beinen auf den glatten Fliesen, als sie erneut diese Eiseskälte in ihrem Nacken spürte.
    Er war da.
    Rose wuchtete die Klinke nach unten, sie zerrte die Tür auf und stolperte in den Gang. In diesem Augenblick umfing sie eine Glocke aus Eis, die wie ein kalter Mantel war. Sie dachte daran, daß dieses Wesen jetzt über ihr war, die Kälte verging ebenso schnell, wie sie gekommen war, und Rose taumelte auf die gegenüberliegende Gangwand zu, wo auch ein einsames Stehpult stand. Hier konnten Menschen ihre Kondolenzwünsche eintragen, doch jetzt war das Pult leer. Davor stand der Geist.
    Sie konnte nicht mehr stoppen, kam noch näher an ihn heran und sah plötzlich, wie sich die rechte Hand bewegte. Die Kälte zog sie von unten nach oben.
    Das Messer blitzte auf, bevor es in ihren Körper eindrang. Rose Pandrish schrie wie von Sinnen, bis der brutale Schmerz von der Dunkelheit abgelöst wurde, die für sie ewig war…
    ***
    Glücklicherweise war die Tür zur Leichenhalle nicht verschlossen, und wir stürmten gemeinsam über die Schwelle. Vor uns lag ein breiter Gang. Von ihm zweigten einige Türen ab, die uns aber nicht interessierten, denn nicht allzu weit von uns entfernt lag eine verkrümmte Gestalt auf dem Boden, und die Blutlache, die aus der tiefen Wunde strömte, vermehrte sich von Sekunde zu Sekunde.
    Einen Täter sahen wir nicht. Dafür aber eine offene Tür, durch die ich mit gezogener Waffe huschte und sehr bald stehenblieb, als ich den offenen Sarg mit der männlichen Leiche darin erkannte. Ich schaute mich um.
    Nur der Tod und ich waren in diesem Raum. Ich sah keinen Killer, keinen Geist, trat trotzdem näher an den Sarg heran, weil ich für einen Moment dachte, es mit einem Zombie zu tun zu haben, der aus seiner Totenkiste geklettert war, um die Frau zu ermorden.
    Das war nicht der Fall. Mein Blick fiel auf eine echte Leiche, und ich schüttelte den Kopf. Das Grauen hatte sich auch bei mir festgesetzt, ich dachte an die tote Eule und daran, daß wir Schlimmes befürchtet hatten, das nun eingetreten war.
    Als ich mich umdrehte, stand Bill Conolly in der offenen Tür. Auch er sah nicht mehr normal aus. Der Schrecken hatte sich in seinem Gesicht festgesetzt und es gezeichnet.
    »Es ist nichts zu sehen, John.«
    »Ich weiß.«
    Bill drehte sich um, weil ich Anstalten machte, den Raum zu verlassen. Im Gang blieben wir nebeneinander stehen und schauten auf die tote Frau.
    Ein Messer oder eine ähnliche Waffe hatte sie getötet. Sie lag auf der Seite. Ich betrachtete das leblose Auge. Die Tote war schon älter. Ich konnte mir vorstellen, daß sie noch einmal von dem Mann im Sarg Abschied genommen hatte. Nun ja, dabei hatte sie der Mörder dann erwischt.
    Ich fror plötzlich, und auch meinem Freund erging es nicht anders. Er schüttelte den Kopf, bevor er flüsternd fragte: »Mit welch einer Bestie haben wir es hier zu tun, John?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Für mich steht fest, daß es kein Mensch ist. Das muß…« Die nächsten Worte kamen ihm trotzdem schwerfällig über die Lippen. »Das muß einfach ein Geist gewesen sein.«
    »So denke ich inzwischen auch«, murmelte ich und mußte mich räuspern, um das Kratzen aus dem Hals zu verdrängen. Wieder einmal hatte sich die Welt innerhalb kürzester Zeit radikal und brutal verändert. Wieder waren wir mit dem Tod konfrontiert worden, und wieder einmal konnten wir ihn nicht begreifen.
    »Die Frau wird ihm nichts getan haben«, flüsterte Bill. »Warum hat er sie dann umgebracht?«
    »Ich habe keine Ahnung, sehe auch kein Motiv, denke sogar an einen Amoklauf.«
    »Der Tiere mit einschließt?« fragte Bill skeptisch.
    »Das ist das Problem.« Ich hob die Schultern und fühlte mich wie in einer Zange steckend. Hier hatte man uns etwas angetan, das jeder Beschreibung spottete. Ich hätte auch nie gedacht, daß unser Besuch auf dem Friedhof so enden würde.
    »Er ist weg«, sagte Bill. »Er wird so schnell nicht mehr erscheinen.« Mit müden Schritten ging er auf den Ausgang zu. »Er ist ein mordender
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