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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Autoren: Fritz Gleiß
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aufgetischt, die aber kaum mehr jemand essen mochte. Manhatten zeigte Mitleid mit den Elenden. „Ladys and gentleman, dass ihnen der Kopf brummt und sie sich elend fühlen, ist hier normal. Nicht, dass ich's ihnen wünschen würde, aber was glauben sie denn, wo sie sind! Fast 4.000 Meter überm Meeresspiegel, das tut nun einmal selten gut. Wir wär's mit zwei Aspirin?“
    Schütte dürstete nach Gehaltvollerem. „Gibt's hier oben vielleicht auch Bier?“ Und siehe da: Selbst das wusste Manhatten aufzutreiben. Gegen Cash natürlich, aber nur geringfügig teurer als in „Key’s Hotel“: Manhatten, dieses Schlitzohr! Eine halbe Kiste hatte er seine Leute auf die Hütte schleppen lassen. Da war der Flachländer Schütte angetan. Am Berg kannte sein Bergführer sich aus.
    Von Ökonomie jedoch, das dünkte Schütte, verstand Manhatten wenig. Nach dem zweiten Bier – Gewinnspanne unter 50 Prozent! – hatte der sich zu ihm in die Hütte gesetzt und seinem wohlbetuchten Kunden aus dem Norden einen langen Vortrag gehalten über Luxus und Korruption, über fremdes, eigenes und gemeinschaftliches Eigentum, von dem es in Tanzania nur so wimmeln sollte, einen Vortrag, in dem – wie Schütte fand – fast gar nichts stimmte. So behauptete der Bergführer doch glatt, Korruption im eigentlichen Sinne sei in Tanzania nicht verbreiteter als andernorts. Natürlich sei es zum Haareausraufen, wenn vor Gericht immer der Recht bekomme, der dem Richter das meiste Geld zustecke. Aber sei das nicht andernorts ähnlich? Wer sich den besseren Anwalt leisten kann, gewinnt? Nur wenige, die hierzulande ihr karges Einkommen aufbesserten, indem sie sich bestechen ließen, seien echt korrupt. Man schaue sich doch auch mal an, von welch absurd niedrigen Beträgen hier die Rede ist. Wer mit dem Gehalt eines Angestellten von vielleicht einer halben Million Shilling zehn Personen durchbringen soll, für den sind 100.000 mehr – keine 50 Euro! – eine immense Hilfe. Dass sei doch für eine passende Dienstleistung, z.B. den etwas weniger stark verzögerten Anschluss ans Stromnetz, ein ganz passabler Preis, der werde überall gezahlt. Die allermeisten seiner Landsleute seien zwar einem Deal nie abgeneigt, aber eben nicht verrucht. Der reine Selbsterhaltungstrieb. 
    Nichts davon stimmte mit Schüttes Weltbild überein. Stand nicht in jedem größeren Artikel über dieses Land das genaue Gegenteil? Erzählte das nicht jeder erstbeste Entwicklungshelfer? Zwar hatte Schütte kurz vor dem Abflug noch gelesen, dass Tanzania bei der „guten Regierungsführung“ aufgestiegen sei, sich vorgeschoben habe auf Rang 100, fast Afrikas bester Wert, aber was heißt denn schon Rang 100 unter weltweit 200 weniger bis völlig korrupten Staaten? Ja, auch Manhatten klagte den parasitären Luxus der Mächtigen an, derjenigen, die Zugang zu ausländischen Geldern haben, deren Reichtum ständig wächst und auf Generationen hinaus Existenzen sichert. Gleichzeitig aber beschwerte er sich bitter über die Ignoranz „des Westens“, aufgrund derer die große Mehrheit seiner Landsleute zunehmend verelende. Kaum etwas habe sich verbessert seit er denken könne, im Gegenteil. Das irritierte Schütte. Gerade erst hatten sie in den deutschen Medien „50 Jahre Entwicklungshilfe“ abgefeiert, Tanzania immer ganz vorne mit dabei. Und der Tourismus? Verdiente sein Bergführer denn nicht wenigstens hier richtiges, Schüttes Geld? 
    Manhatten aber blieb dabei: Das reiche nie und nimmer. Wenn er keine Tour ergattere – trotz wochenlangem Drängeln vor den Herren der Parkverwaltung –, dann lebe er mit seiner Familie von der Hand in den Mund, ausschließlich mit Blick auf den kommenden Tag. Geplant werde da so gut wie nichts, weil eben nichts planbar sei. Absicherung schon gar nicht. Auf ihrer shamba , dem kleinen, überaus fruchtbaren Stück Ackerland, das Manhattens Familie bei Moshi besitzt, erzeuge seine Frau schon lange keine Überschüsse mehr. Es lohne sich schlicht nicht, Bananen, Bohnen oder Mais, auch keinen Kaffee, zum Spottpreis an die Genossenschaft zu veräußern, die sie danach auf den Erlös Monate warten lasse. 
    Je länger sie redeten, desto mehr schwanden Schüttes Vorbehalte. Seinem Bergführer, so viel war klar, ging es offensichtlich nicht nur ums Geld. Dafür redete er einfach zu viel von seiner Familie und den fünf Kids. Irgendwann im Laufe des Abends war es dann aus dem Deutschen herausgeplatzt, was denn er in Tanzania suchte. Der Berg alleine war es ja
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