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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Autoren: Fritz Gleiß
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er und keiner sonst für diesen Job in Frage kam. Ein toter muzungu – der richtige kesi zum Jahresanfang, vielversprechend fett wie sein Weihnachts-Truthahn.
    Seit mehreren Minuten nun steht Makaïdi im Flur und sieht seinen beiden besten Männern bei der Arbeit zu. Die Füße verschnürt in Plastiktüten aus einem kenyanischen Duty Free Shop, durchsuchen sie Schüttes Zimmer, während ihr Chef auf den angeforderten Gesandten der deutschen Botschaft wartet. Dass es sich um eine deutsche Leiche handelt, hatte der Kommissar sofort geahnt: hellhäutig, übergewichtig, Pockennarben, Bürstenschnitt – fehlten nur noch Springerstiefel. Stand dann so auch auf der Hotelanmeldung. Den Pass allerdings suchten sie noch.
    „Nackte Gewalt, Sup! Blutig geplatzter Schädel, zerschmetterter Oberarm.“ Makaïdis Assistenten, die schon zwanzig Minuten nach Eingang des Notrufs am Tatort gewesen waren, haben noch mehr entdeckt: Schuhspuren auf dem arg versifften Teppich, mit Profil, vermutlich Größe neun; ein unversehrtes Türschloss (was angesichts amerikanischer Knauföffner nicht viel zu bedeuten hat, wie Makaïdi sich erinnert); eine auf vollen Touren laufende Klimaanlage; Erbrochenes neben und auf der trotz abgestellter Dusche anfangs noch tropfnassen Leiche; Fingerabdrücke von mindestens vier Personen; eine Golftasche und zwei Rucksäcke, gefüllt mit Männerklamotten, weitgehend sauber. Kein Laptop, kein mobile , geschweige denn ein iPhone. Sechs Flaschen Safari Lager auf der Fensterbank, leider leer. 23 unverbrauchte Präser im linken, sieben im rechten Nachttisch, normale Größe, kenyanisches Fabrikat. Mülleimer leer. 
    „War da schon jemand vor uns drin? Die Putzen?“, ruft Makaïdi lustlos in den Flur, als er das hört.
    Der Arzt, der als Erster bei der Leiche war, hatte ausrichten lassen, er habe nicht länger warten können. Dem muzungu sei nicht mehr zu helfen gewesen, und wegen des recht kühlen Zimmers ließe sich nur schätzen, wann der Tod eingetreten war. Etwa gegen zehn Uhr wohl ungefähr. Dass der Mann unter der Dusche tot sei, daran gebe es keinen Zweifel. Deshalb war er, der Arzt, bereits seit über einer Stunde wieder fort, um sich um die Lebenden zu kümmern, wie es sich gehört. Dem verblichenen Weißen zuliebe werde er sich aber später mühen, einen Totenschein aufzutreiben, so ein Formular sei hier wohl wichtig, allerdings auch nicht ganz billig.
    „Chef! Sup!“, brüllt plötzlich Wilfrem Fundikira. „Fundi“, Makaïdis beste Hilfskraft, braucht stets etwas länger, bevor er spricht, dann aber laut. Der Mann ist schon Mitte 30, aber immer noch eine Sportskanone, groß, schnell, muskulös. „Chef! Nirgends im Zimmer liegt Geld. Keine Schecks, kein Pass, kein Ticket. Trotzdem sieht es hier nicht nach einem Raub aus, nichts ist durchwühlt. Stattdessen überall Männerzeug einer weiteren Person. Und ein teurer Stein im Ohr. Riecht irgendwie schwul. Sowas kommt bei diesen Blassen doch dauernd vor, oder?“
    „Ein schwules Opfer? Männer, zieht sofort die Handschuhe an!“ Makaïdi schüttelt sich vor Abscheu. Für seine Homophobie ist er bekannt. Erst kürzlich hatte er ein schwulenfeindliches Gewitter losgetreten, als er in einem Radio-Interview Ugandas Vorstoß begrüßte, für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe einzuführen. Ein solches Gesetz wünsche er sich auch für Tanzania. Er empfinde es „als empörende, widerliche Zumutung, wie die Schwulen sich gegen die Gesetze der Natur, gegen unsere Moral und religiösen Glauben versündigen“. Alle waren sie in seine Hetze eingefallen, Zeitungen, Politiker, moslemische wie christlich-fundamentalistische Kleriker, Moderatoren. Kaum jemand von Rang im Land traute sich danach noch, wenigstens halbwegs liberale Positionen zu vertreten. Makaïdis Name stand mal wieder überall ganz obenan.
    „Welche Handschuhe? Die sind doch längst zerschlissen.“ Makaïdis zweiter Assi, ein untersetzter, eher behäbiger Sergeant namens Nehemiah Baregu, der seinem Kollegen Fundikira stets nur ungern zur Hand geht, empört sich. Baregus Brauen über den glupschigen Augen und der breiten Nase zucken böse. „Krieg ich jetzt Aids? Chef, Sup, Sie müssen uns doch schützen!“ Unbeeindruckt aber befielt sein Vorgesetzter: „Weitermachen!“
    Makaïdi selbst rührt sich nicht von der Stelle. An den Hotelchef gewandt, der die Traube neugieriger Angestellter auf dem Flur anführt, verlangt er nach einem Stuhl. Die beiden kennen sich schon ewig, doch sie
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