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Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit
Autoren: Howard P. Lovecraft
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verzweifelten Versuche, die bruchstückhaften Traumgesichte in eine chronologische und räumliche Reihenfolge zu bringen.

    Die flüchtigen Visionen waren zunächst eher merkwürdig als schrecklich. Ich schien mich in einem riesigen, überwölbten Raum zu befinden, dessen hohe steinerne Gratbogen sich fast im Dunkel verloren. In welcher Zeit oder an welchem Ort die Szene auch spielen mochte, das Prinzip des Bogens schien ebensogut bekannt zu sein und ebensooft verwandt zu werden wie bei den Römern.

    Der Raum hatte kolossale, runde Fenster und hohe, überwölbte Türen, und in ihm standen Sockel oder Tische, von denen jeder so hoch war wie ein normales Zimmer. Lange Regale aus dunklem Holz zogen sich an den Wänden entlang und waren anscheinend mit Büchern von riesigem Format und mit seltsamen Hieroglyphen auf den Rücken gefüllt.

    Die freiliegenden Steinwände waren mit kuriosen, eingemeißelten Mustern aus mathematischen Kurven bedeckt, und außerdem gab es Inschriften in denselben Hieroglyphen, die sich auf den Büchern fanden. Das dunkle, granitene Mauerwerk war von monströser, megalithischer Art und so gebaut, daß die konvexen Oberseiten der einzelnen Blöcke genau in die konkaven Unterseiten der darüberliegenden Schicht von Steinen paßten. Es gab keine Stühle, aber die Oberseiten der riesigen Sockel waren mit Büchern, Papier und mit Gegenständen bedeckt, die offensichtlich Schreibgeräte waren kurios geformte Fäßchen aus einem leicht purpurnen Metall und Stäbe mit verschmierten Spitzen. So hoch diese Sockel waren, schien ich doch manchmal imstande, sie von oben zu sehen. Auf manchen von ihnen standen große Kugeln aus leuchtendem Kristall, die als Lampen dienten, sowie undefinierbare Maschinen mit Glasröhren und Metallstangen.

    Die Fenster waren verglast und mit groben Stäben vergittert. Obwohl ich es nicht wagte, an eines heranzutreten und hinauszuschauen, sah ich die wehenden Wipfel einzigartiger Farngewächse. Der Boden bestand aus massiven, achteckigen Fliesen, während Teppiche und Vorhänge völlig fehlten.

    Später träumte ich, daß ich durch zyklopische Korridore aus Stein schwebte und mich auf gigantischen Rampen derselben monströsen Bauart auf und ab bewegte. Nirgends gab es Treppen, und keiner der Gänge war weniger als dreißig Fuß breit. Manche der Gebäude, durch die ich schwebte, mußten sich mehrere tausend Fuß in den Himmel erheben.

    Weiter unten waren zahlreiche Stockwerke mit dunklen Gewölben sowie nie geöffneten Falltüren, die mit Metallbändern verschlossen waren und undeutlich von einer bestimmten Gefahr umgeben schienen.

    Ich war anscheinend ein Gefangener, und düsteres Grauen hing über allem, was ich sah. Ich
    spürte, daß die irritierenden, krummlinigen Hieroglyphen an den Wänden mit ihrer Botschaft meine Seele verbrennen würden, wenn mich nicht barmherzige Unwissenheit davor bewahrt hätte, sie zu verstehen.

    In noch späteren Träumen blickte ich aus den großen runden Fenstern und von dem gigantischen flachen Dach mit seinen wunderlichen Gärten, seinem großen dürren Gebiet und seiner hohen, geschwungenen Brustwehr aus Stein, zu dem die oberste Rampe führte.

    Es gab fast endlose Ansammlungen riesiger Gebäude, aufgereiht an Straßen von vollen hundert Fuß Breite, jedes mit einem eigenen Garten. Sie unterschieden sich im Aussehen beträchtlich, aber nur wenige waren kleiner als fünfhundert Fuß im Quadrat oder niedriger als tausend Fuß. Viele schienen so endlos, daß ihre Front mehrere tausend Fuß lang sein mußte, während manche zu gewaltigen Höhen in den grauen, dunstigen Himmel emporragten.

    Sie schienen vorwiegend aus Stein oder Beton erbaut, und bei den meisten war die seltsame Bauweise angewendet worden, die ich an dem Gebäude bemerkt hatte, in dem ich mich befand. Die Dächer waren flach und mit Gärten bedeckt und hatten meistens geschwungene Brüstungen. Manchmal waren inmitten der Gärten Terrassen und erhöhte Plateaus sowie weite, offene Flächen. Die großen Straßen schienen von Bewegung erfüllt, aber in den anfänglichen Träumen konnte ich diese Eindrücke nicht in erkennbare Einzelheiten auflösen.

    An bestimmten Stellen sah ich riesige, dunkle, zylindrische Türme, die alle anderen Bauwerke weit überragten. Sie waren absolut einzigartig und wiesen Anzeichen von unermeßlichem Alter und beginnendem Verfall auf.

    Sie waren aus bizarren Basaltquadern erbaut und verjüngten sich gegen ihre abgerundeten Spitzen. An keinem
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