Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit
Autoren: Howard P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Kanäle gehört, die zu schauerlich und furchterregend waren, als daß ich mich näher mit ihnen hätte befassen wollen. In drei Fällen wurde ausdrücklich eine solche unbekannte Maschine erwähnt, wie ich sie vor meiner zweiten Verwandlung in meinem Haus gehabt hatte.

    Was mich während meiner Nachforschungen ebenfalls beunruhigte, war die etwas größere Häufigkeit von Fällen, in denen sich ein flüchtiger Blick auf die typischen Traumbilder auch solchen Personen eröffnet hatte, die nicht unter einer Amnesie im strengsten Sinne gelitten hatten.

    Diese Personen waren größtenteils nur mit durchschnittlichen oder noch geringeren Verstandeskräften begabt; einige waren so primitiv, daß sie kaum als Träger abnormer Gelehrsamkeit und übernatürlicher geistiger Leistungen angesehen werden konnten. Für eine Sekunde wurden sie von einer fremden Kraft beflügelt, dann sanken sie zurück und behielten nur eine schwache, schnell verblassende Erinnerung an unmenschliche Schrecken.

    Solche Fälle hatte es während des letzten halben Jahrhunderts drei gegeben einer hatte sich vor nur fünfzehn Jahren ereignet. War irgend etwas aus einem ungeahnten Abgrund der Natur blind in der Zeit herumgetappt? Waren diese Fälle monströse, düstere Experimente, deren Art und Urheber für einen normalen Menschenverstand unvorstellbar waren?

    Das waren einige der ziellosen Grübeleien meiner schwächeren Stunden
    Phantasievorstellungen, denen die bei meinen Studien entdeckten Mythen Vorschub leisteten. Denn es gab keinen Zweifel, daß gewisse Legenden aus undenklicher Zeit, die offenbar den Opfern neuerer Fälle von Amnesie und deren Ärzten unbekannt waren, beklemmend zutreffende Schilderungen von Gedächtnisverlusten, wie ich einen erlitten hatte, darstellten.

    Die Art der Träume und Vorstellungen, die immer aufdringlicher wurden, wage ich auch jetzt noch kaum zu beschreiben. Sie hatten einen Beigeschmack des Wahnsinns, und manchmal glaubte ich, ich würde tatsächlich den Verstand verlieren. Gab es eine besondere Art von Wahnvorstellungen bei Menschen, die einen Gedächtnisverlust erlitten hatten? Denkbar war, daß das Unterbewußtsein eine störende Lücke mit Pseudo-Erinnerungen zu füllen versuchte und dadurch die seltsamen Phantastereien auslöste.

    Das war tatsächlich obwohl mir selbst eine andere, der Volkskunde entstammende Theorie plausibler erschien die Meinung vieler Psychiater, die mir bei der Suche nach Parallelfällen halfen und meine Verwunderung über die bisweilen genau übereinstimmenden Merkmale teilten.

    Sie nannten diesen Zustand nicht schlankweg Wahnsinn, sondern rechneten ihn zu den neurotischen Störungen. Meine Bemühungen, seine Hintergründe aufzuspüren und ihn zu analysieren, anstatt vergeblich zu versuchen, ihn auf die leichte Schulter zu nehmen und zu vergessen, hießen sie nachdrücklich gut, weil sie den besten psychologischen Grundsätzen entsprächen. Besonders hoch schätzte ich den Rat derjenigen Ärzte, die mich beobachtet hatten, als jenes andere Wesen von mir Besitz ergriffen hatte.

    Meine ersten beunruhigenden Eindrücke waren keineswegs visuell, sondern betrafen mehr die abstrakten Dinge, die ich erwähnt habe. Außerdem hatte ich ein Gefühl tiefen und unerklärlichen Abscheus vor mir selbst. Allmählich fürchtete ich mich davor, meine eigene Gestalt zu sehen, so als ob meine Augen etwas völlig Fremdes und unsagbar Abstoßendes wahrnehmen könnten. Wenn ich an mir hinabschaute und die vertraute menschliche Gestalt in ruhiger grauer oder blauer Kleidung sah, fühlte ich mich immer sehr erleichtert, obwohl ich eine unendliche Furcht überwinden mußte, um zu dieser Erleichterung zu gelangen. Ich vermied es so oft ich konnte, in den Spiegel zu schauen, und ließ mich immer beim Friseur rasieren.
    Lange Zeit verging, bevor ich irgendeines dieser enttäuschten Gefühle mit den flüchtigen visuellen Eindrücken in Verbindung brachte, die sich nach und nach einstellten. Am Anfang hatte diese Verbindung etwas mit dem merkwürdigen Gefühl einer von außen kommenden, künstlichen Behinderung meines Gedächtnisses zu tun.

    Ich glaubte zu spüren, daß die kurzen Visionen, die ich erlebte, eine tiefe und schreckliche Bedeutung hatten und in einem fürchterlichen Zusammenhang mit mir selbst standen, daß aber irgendein willkürlicher Einfluß mich daran hinderte, diese Bedeutung und diesen Zusammenhang zu erfassen. Dann kam die seltsame Störung meines Zeitgefühls, und mit ihr die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher