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Der Schatten aus der Zeit

Der Schatten aus der Zeit

Titel: Der Schatten aus der Zeit
Autoren: Howard P. Lovecraft
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15 beobachtete ein Polizist, daß alles dunkel war, aber das Auto des Fremden noch immer vor dem Haus stand. Um 4 Uhr war der Wagen mit Sicherheit nicht mehr da.

    Gegen 6 Uhr bat eine zögernde, ausländische Stimme Dr. Wilson am Telefon, mich in meinem Haus zu besuchen, weil ich eine merkwürdige Ohnmacht erlitten habe. Dieser Anruf ein Ferngespräch kam, wie später festgestellt wurde, aus einer öffentlichen Telefonzelle im Nordbahnhof von Boston, aber von dem mageren Ausländer fand man keine Spur.

    Als der Doktor in meinem Haus eintraf, fand er mich bewußtlos im Wohnzimmer in einem Sessel dicht vor einem Tisch. Auf der polierten Platte waren Kratzer, die darauf hindeuteten, daß ein schwerer Gegenstand darauf gestanden hatte. Die seltsame Maschine war verschwunden und wurde auch nie wieder gesehen. Ohne Zweifel hatte sie der dunkle, magere Ausländer fortgeschafft.

    Im Kamin der Bibliothek lag ein Haufen Asche, der offensichtlich von der Verbrennung aller Schriftstücke herrührte, die ich seit Beginn der Amnesie verfaßt hatte. Dr. Wilson fand meinen Atem sehr unregelmäßig, aber er normalisierte sich, nachdem er mir eine Spritze gegeben hatte.

    Um 11 Uhr 15 am 27. September schlug ich heftig um mich, und mein bisher maskenhaftes Gesicht begann einen Ausdruck zu zeigen. Dr. Wilson bemerkte hinterher, daß dieser Ausdruck nicht der meines zweiten Ichs gewesen sei, sondern eher meiner wirklichen Persönlichkeit entsprach.

    Gegen 11 Uhr 30 murmelte ich einige äußerst seltsame Silben Silben, die offenbar keine Beziehung zur menschlichen Sprache hatten. Auch schien es, als ob ich gegen irgend etwas ankämpfte. Dann, kurz nach Mittag -die Haushälterin und das Dienstmädchen waren inzwischen zurückgekehrt -, begann ich englische Worte zu stammeln.

    »unter den orthodoxen Nationalökonomen dieser Zeit Jevons die vorherrschende Tendenz zu wissenschaftlicher Korrelation symbolisiert. Sein Versuch, den wirtschaftlichen Zyklus von Konjunktur und Krise mit dem Zyklus der Sonnenflecken in Verbindung zu bringen, bildet vielleicht den Höhepunkt der -«

    Nathaniel Wingate Peaslee war zurückgekehrt ein Mensch, in dessen Zeitplan es immer noch Donnerstagmorgen im Jahre 1908 war, der immer noch vor seiner Volkswirtschaftsklasse saß, die zu seinem ramponierten Katheder aufschaute.

    Meine Wiedereingliederung in das normale Leben war ein schmerzhafter und schwieriger Prozeß. Eine Lücke von über fünf Jahren schafft mehr Komplikationen, als man sich vorstellen kann, und in meinem Fall mußten zahllose Dinge neu geregelt werden.

    Was ich über meine Tätigkeit seit 1908 erfuhr, erstaunte und verwirrte mich, aber ich bemühte mich, die Angelegenheit möglichst gleichmütig hinzunehmen. Unter der Obhut meines Sohnes Wingate ließ ich mich wieder in meinem Haus in der Crane Street nieder und bereitete mich darauf vor, meine Lehrtätigkeit wieder aufzunehmen das College hatte mir freundlicherweise meinen früheren Lehrstuhl wieder angeboten.Ich nahm meine Arbeit zu Beginn des Semesters, das im Februar 1914 begann, wieder auf, und blieb genau ein Jahr dabei. So lange hatte ich gebraucht, um einzusehen, wie schwer mein Erlebnis mich in Mitleidenschaft gezogen hatte. Obwohl bei klarem Verstand und so hoffte ich wenigstens wieder ganz ich selbst, hatte ich doch nicht mehr dieselben starken Nerven wie früher. Düstere Träume und abstruse Vorstellungen quälten mich ständig, und als der Ausbruch des Weltkriegs mein Augenmerk auf die Geschichte lenkte, fand ich mich bisweilen in die absonderlichsten Gedanken über geschichtliche Perioden und Ereignisse verstrickt.

    Mein Zeitgefühl die Fähigkeit, zwischen gleichzeitigen und aufeinanderfolgenden Vorgängen zu unterscheiden schien fast unmerklich gestört, denn ich hegte die phantastische Vorstellung, man könne in einem Zeitalter leben, mit seinem Verstand jedoch die ganze Ewigkeit umfassen und über Vergangenheit und Zukunft Bescheid wissen.

    Während des Krieges hatte ich manchmal das seltsame Gefühl, mich an seine späteren Folgen erinnern zu können als wüßte ich, wie er zu Ende gehen würde, und könnte im Licht zukünftigen Wissens auf ihn zurückblicken. Alle diese Schein-Erinnerungen waren von starkem Schmerz und von dem Gefühl begleitet, sie seien durch eine künstliche psychologische Sperre blockiert.

    Als ich den anderen gegenüber zaghafte Andeutungen über diese Wahnvorstellungen machte, stieß ich auf unterschiedliche Reaktionen. Manche musterten mich
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