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Der Schachspieler

Der Schachspieler

Titel: Der Schachspieler
Autoren: Jeffrey B. Burton
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Kaffeetasse aus der Hand, und er rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her. Im Fahrstuhl drückte er hastig die Taste für das Erdgeschoss, rief mit seinem Handy den 911-Notruf und flüchtete sich in die Wachzentrale im Erdgeschoss.
    Cady war wenige Stunden später am Tatort eingetroffen. Seine Anwesenheit hatte zwei Gründe: Einerseits sollte er die örtliche Polizei unterstützen, andererseits den Einsatz des FBI-Kriminallabors zur Spurensicherung ermöglichen. Vor allem aber sollte er Assistant Director Jund jederzeit über den Fall auf dem Laufenden halten. Cady vermutete, dass bereits jetzt eine ganze Schar von Politikern dem Assistant Director im Nacken saß.
    »Ich dachte, Barrys Mörder ist noch im Büro«, berichtete Stephen Fine beim ersten Gespräch, das Cady mit ihm geführt hatte. Als er jetzt die Tatortfotos von K. Barrett Sanfield vor sich sah, fragte sich Cady, ob Fine wohl immer noch jeden Morgen als Erster im Büro erschien.
    Das MPD kam zu dem Schluss – und Cady sah es genauso  –, dass sich das Ganze folgendermaßen zugetragen haben musste: Sanfield war von seinem Sessel aufgestanden, wahrscheinlich um sich gegen den oder die Angreifer zur Wehr zu setzen. Es war ein kurzer Kampf gewesen, Stanfield wies keine Schnittwunden an den Händen auf, das Messer war unterhalb des Solarplexus eingedrungen und hatte den Herzbeutel und den rechten Vorhof durchstoßen. Der Tod musste fast augenblicklich eingetreten sein. Die Polizei vermutete, dass sich Sanfield zunächst nicht bedroht gefühlt hatte, vielleicht weil ihm der Täter nicht unbekannt war.
    Die Eintrittswunde deutete darauf hin, dass der Mörder Rechtshänder war. Bei der Stichwaffe handelte es sich wahrscheinlich um ein Springmesser, wie sie seit den späten Fünfzigerjahren verboten waren. Der Täter war zwar leider nicht so freundlich gewesen, die Waffe am Tatort zurückzulassen, doch die Eintrittswunde und die inneren Verletzungen des Opfers verrieten, dass der Killer nach dem tödlichen Stoß die Wunde noch mit dem Messer vergrößert hatte. So bizarr das erscheinen mochte – das Vorgehen des Täters folgte doch einer gewissen Logik. Nachdem Sanfield in seinen Sessel zurückgesunken war, hatte der Täter die Schachfigur – eine gläserne Dame – mit der Krone voran in die Öffnung unterhalb des Solarplexus gedrückt. So etwas sah man nicht jeden Tag.
    Die Spurensicherer des Metropolitan Police Department sammelten überall in Sanfields Büro Fingerabdrücke: an den Türgriffen, dem alten Mahagonischreibtisch, der Ledercouch, dem Aeron-Bürosessel von Herman Miller, der Bar, den Scotchflaschen, überall. Das MPD verglich die Fingerabdrücke rasch und ohne großes Aufhebens mit denen von Klienten, Hauspersonal und Mitarbeitern. Die Betroffenen waren damit einverstanden, unter der Bedingung, dass ihre Abdrücke nicht in irgendeiner Datenbank landeten. Leider blieben nach dem Abgleich keine unbekannten Fingerabdrücke übrig.
    Die Sicherheitsfirmen im Haus konnte jeder Mieter nach eigener Wahl beauftragen. Sanfield & Fine ließ sich von der Firma Cadence Security ein simples, aber effektives Zugangskontrollsystem zu seinen Büros installieren. Der Zugang erfolgte mit Hilfe einer Ausweiskarte, die man nicht einmal aus der Brieftasche oder Handtasche holen musste, wenn man sie an den Kartenleser hielt. Den Rest erledigte der Chip der Einlasskarte. War man zum Eintritt befugt, so wurde die Tür entriegelt. Wenn nicht, hatte man Pech gehabt.
    Interessant wurde es, als man anhand der elektronischen Überwachung feststellte, dass Debbie Varner, eine neue Rechtsassistentin, an jenem Abend um 20.42 Uhr die Kanzlei betreten hatte. Die Messung der Körpertemperatur des Toten hatte ergeben, dass Sanfield etwa um diese Zeit gestorben war.
    Den Kripobeamten, die Ms. Varner sofort befragten, gestand die junge Frau unter Tränen, ihre Karte verlegt zu haben. Am Morgen nach dem Mord sei sie mit Peg Maynard hereingekommen, einer anderen jungen Rechtsassistentin. Sie habe jedenfalls vorgehabt, den Verlust zu melden, falls die Karte nach zwei, drei Tagen nicht wieder aufgetaucht wäre. Ihr Alibi für den Abend erwies sich als wasserdicht: Sie war zusammen mit ihrem Mitbewohner und Partner zwischen 19.30 Uhr und 21 Uhr in einer Hundeschule in der Stadt gewesen, in Gegenwart vieler Zeugen, nicht nur vierbeiniger.
    Cady hatte sich damals schon gedacht, dass diese beiden jungen Rechtsassistentinnen – egal, wie die Sache ausgehen würde – keine große
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