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Der Sauerteig - das unbekannte Wesen

Der Sauerteig - das unbekannte Wesen

Titel: Der Sauerteig - das unbekannte Wesen
Autoren: Martin Pöt Stoldt
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Dynastie (ca. 2800 Jahre vor der Zeitenwende) konnten nicht sicher belegen, dass es sich wirklich um gesäuertes Brot handelte. Genauso gut könnte es sich auch nur um Getreidebrei gehandelt haben, der nach der langen Zeit gesäuert wie Brot zusammengetrocknet ist.
     
    Erwähnt wurde Sauerteigbrot aber bereits in der Bibel zum Auszug der Israeliten aus Ägypten in der Zeit 1400 bis 1200 vor der Zeitenwende (2. Buch Mose 12, 8: « ...das Fleisch aber sollen sie in der selben Nacht noch essen; am Feuer gebraten sollen sie es essen, und ungesäuertes Brot mit herben und bitteren Kräutern dazu… »).
     
    Das hier erwähnte «ungesäuerte» Brot ist das traditionelle Fladenbrot, aus dem dann das jüdische Matze (auch: «Matzen» oder «Mazze») entstand, das nicht aus Sauerteig oder mit Hefe hergestellt und gebacken wird, sondern das in einem nur wenige Minuten dauernden Prozess entstehen muss.
     
    Die Form der Brotsäuerung und Teiglockerung mittels Sauerteig blieb viele Jahrhunderte nahezu unverändert. Dazu kamen dann verschiedene Sonderformen, die die Hefe des Sauerteiges stärkten oder andere Hefen (Bierhefe, Weinhefe oder ähnliche) nutzten.
     
    Wissenschaftlich nachgewiesen wurde das Vorhandensein von Hefen und Bakterien im 19. Jahrhundert durch den Berliner Arzt Rudolf Virchow. Dies war die Zeit, als man begann, den Sauerteig ausschließlich zur Lockerung von Roggenteigen zu benutzen und bei Weizen- und Dinkelteigen oft auf eine reine Hefenutzung aus der Bierherstellung umstieg.
     
    Industriell wurde die Bäckerhefe anfänglich auf Getreidebasis produziert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wechselte man dann jedoch auf Melasse, da das Getreide als Volksnahrungsmittel zu kostbar erschien, um für die Hefeherstellung verschwendet zu werden.
     
    Aber auch noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts verwendeten Bäcker vereinzelt den selbstgezogenen Sauerteig auch für Weizengebäck, da er günstig verfügbar war, sein Geschmack von der Kundschaft verlangt wurde und im Bäckerhandwerk noch ein gewisser Ehrenkodex als Handwerker und nicht als verlängerter Arm der Industrie herrschte.
     
    Leider gelang es dann letztendlich der chemischen Industrie, den Bäckern den Umstieg auf Kunstsauer, bzw. so genannte Reinzuchtsauer für die Roggenbäckerei nahezubringen. Obwohl die ersten Versuche, den «ungeliebten Sohn» Sauerteig abzulösen, noch von Pannen und geschmacklichen Verirrungen geprägt waren, so war doch der wirtschaftliche und arbeitstechnische Vorteil letztendlich nicht von der Hand zu weisen. Die Bequemlichkeit tat ihr Übriges dazu. Wer hatte schon Lust, sich auch noch in der Freizeit tagsüber um den Sauerteig zu kümmern, wenn man bereits frühmorgens in der Backstube stehen musste? Sauerteig wurde altmodisch. Man wollte aber modern sein und so fiel der Sauerteig in einen langen, mehrere Jahrzehnte dauernden Schlaf. Wach geküsst wurde er erst wieder, als man Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts begann, sich auf eine gesunde Ernährung zurückzubesinnen.
     
    Bis dahin allerdings hatte bereits eine ganze Generation von Bäckern es verlernt, mit echtem Sauerteig zu backen. Die einst so stolze Bäckergilde hatte sich in eine Gruppe von «Tütenaufreissern» und «Fertigmischungen-Anrührern» verwandelt.
     
    Der Verbraucher ist aber auch nicht unschuldig, da er von seinem Bäcker jederzeit bis Ladenschluss mehrere Dutzend Arten frischer Brote und Brötchen erwartet, andererseits nicht bereit ist, diese Leistung auch finanziell zu honorieren und sich notfalls eher tiefgefrorene Fabrikteiglinge aus Osteuropa an der Tankstelle oder im Supermarkt aufwärmen lässt.
     
    In den letzten Jahren zeichnet sich aber wieder ein Trend zu natürlichen Sauerteigen ab. Immer mehr Bäcker kehren zum echten Sauerteig zurück, auch weil die Kunden wacher geworden sind und vermehrt nach echtem und ursprünglichem Brot fragen. Ein Hoffnungsschimmer!

Was ist Sauerteig?
     
    Seit der Ruf nach natürlichen Lebensmitteln ohne Chemieeinsatz immer lauter wird, werden auf einmal Ernährungsformen wieder modern, die es seit den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts nicht mehr gab. Dazu gehört das Selbstbacken und eben auch der Sauerteig.
     
    Dem Laien allerdings erscheint Sauerteig erst einmal als ein unbekanntes Wesen aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Etwas, das schwerfällig ist, das nicht mehr in unsere schnelllebige Zeit passt. Umständlich, unverständlich und kompliziert in der Handhabung macht er
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