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Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller
Autoren: Arno Strobel
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notwendig war. In den meisten Fällen wusste sie überhaupt nicht, was sie unterschrieb, aber es interessierte sie auch nicht. Ihr Vater hatte Hubert als Geschäftsführer eingesetzt, er würde schon dafür sorgen, dass alles seinen Weg ging.
    Wiebking wehrte mit beiden Händen ab. »Nein, nein, in der Firma ist alles in Ordnung. Der Anruf war privater Natur, liebe Eva. Jörg kommt heute Abend zum Essen zu uns, und Christiane und ich, wir dachten, es wäre doch nett, wenn du uns auch besuchen würdest.«
    »Ah«, machte sie und sah auf ihre Hände. Wiebkings Sohn war zwei Jahre jünger als sie selbst und arbeitete als Ingenieur in ihrem Betrieb. Sie konnte nicht recht einschätzen, wie sie dazu stand, so, wie sie die meisten Dinge nicht einschätzen oder abwägen konnte. Sie war noch nie sehr gut darin gewesen, Entscheidungen zu treffen, aber nachdem ihr Vater zwei Jahre zuvor an einem Herzinfarkt gestorben war …
    »Wenn es dir allerdings noch nicht wirklich gutgeht«, wurde sie von Wiebking aus ihren Gedanken gerissen, »kann ich natürlich verstehen, wenn du lieber zu Hause bleiben möchtest. Schade wäre es zwar, aber dafür wird auch Jörg sicher Verständnis haben.«
    Eva horchte in sich hinein und versuchte herauszufinden, was sie bei dem Gedanken empfand, Jörg Wiebking an diesem Abend zu treffen. Es fühlte sich nicht gut an. »Es tut mir leid, Hubert, mir geht es zwar wieder besser, aber ich fühle mich nicht danach, heute Abend noch etwas zu unternehmen. Sei mir bitte nicht böse, ein anderes Mal gerne.«
    Wiebking hob die Hände. »Schon in Ordnung. Wenn es dir nicht gutgeht …« Sein Lächeln wirkte aufgesetzt. »Dann mache ich mich jetzt mal wieder auf den Weg, damit du deine Ruhe hast. Kann ich noch etwas für dich tun?«
    »Nein, danke, ich habe alles, was ich brauche.«
    Als Eva die Haustür hinter ihm geschlossen hatte, drehte sie sich um und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Das Gefühl der Angst war wieder da. Nicht mehr so dumpf wie zuvor, aber immer noch wahrnehmbar. Sie würde keine Erklärung für die vergangene Nacht finden, das ahnte sie. Sie hatte noch nie eine Erklärung gefunden, wenn ihre Erinnerung lückenhaft war oder sie nicht wusste, wie sie an einen bestimmten Ort gekommen war. Jedenfalls keine, die einer genaueren Betrachtung standgehalten hätte.
    Aber vielleicht war das ja auch gut so. Vielleicht war es besser, wenn sie nicht wusste, was dieser Traum zu bedeuten hatte und wie die Verletzungen zustande gekommen waren.
    Sie drückte sich von der Tür ab und ging zurück ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch legte und die Knie anzog. Sie hatte Kopfschmerzen, und obwohl sie fast den ganzen Tag geschlafen hatte, fühlte sie sich unendlich müde. Wurde sie krank? Eine aufziehende Erkältung vielleicht?
    Oder waren das die Nachwirkungen der vergangenen Nacht? Vielleicht war sie geschlafwandelt und hatte dabei tatsächlich um sich geschlagen, als sie im Traum panisch versuchte, sich aus dem Sarg zu befreien? Vielleicht hatte sie sich dabei auch den Kopf irgendwo gestoßen? Andererseits … warum sollte sie schlafwandeln, während sie davon träumte, in einem Sarg eingeschlossen zu sein? Das ergab doch keinen Sinn!
    Ein kalter Schauer überzog Evas Körper. Sie richtete sich ein Stück weit auf und griff sich die braune Decke, die zusammengefaltet auf einem kleinen Tisch neben der Couch lag. Nachdem sie ihre Füße darin eingewickelt hatte, zog sie das andere Ende bis zum Hals hoch und drückte es mit eingezogenem Kopf gegen das Kinn. Der weiche Stoff umgab sie jetzt wie ein schützender Kokon und teilte die Welt in ein Drinnen und ein Draußen. Sie war müde, so schrecklich müde, und riss doch krampfhaft die Augen wieder auf, wenn sie ihr zufielen. Sie hatte Angst davor, einzuschlafen und wieder zu träumen.
    Sie hatte Angst vor dem Sarg.

5
    Es war kurz nach neunzehn Uhr. Zehn Männer und zwei Frauen saßen in dem großen Büro, das als Besprechungs- und Schulungsraum diente, und warteten auf den Leiter des KK 11 . Am vorderen Ende war ein junger Kollege mit dem aufgeklappten Laptop beschäftigt und justierte gerade per Fernsteuerung den Beamer, der an einer Halterung von der Decke hing und das Abbild des Computerbildschirms auf die weiße Stirnwand projizierte. Menkhoff hatte sich in die vorderste der aus jeweils fünf Stühlen bestehenden Reihen gleich neben Jutta Reithöfer gesetzt. Er mochte die Oberkommissarin, deren Äußeres schon so manchen ihrer
Kunden
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