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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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hinlegen muss, bevor er ohnmächtig wird, als seine Knie plötzlich einfach nachgeben.
    Er fällt, schlägt auf den Boden, begräbt einen Arm unter sich und spürt den Schmerz in Handgelenk und Schulter bis in den bereits einsetzenden Schlaf ausstrahlen.
    Schwer wälzt er sich auf den Bauch und versucht zu kriechen, aber seine Kräfte versiegen. Keuchend liegt er mit der Wange auf dem Betonboden und versucht, etwas zu sagen, hat aber keine Stimme mehr.
    Obwohl er bis zuletzt dagegen ankämpft, fallen seine Augen zu.
    Als er in die Finsternis entgleitet, hört er im selben Moment, dass der Sandmann in den Raum tapst und mit seinen mehligen Füßen die Wand bis zur Decke hochschleicht. Er bleibt stehen, streckt seine Arme zu ihm herunter und versucht, ihn mit Fingerspitzen aus Porzellan zu erreichen.
    Alles ist schwarz.
    Als Mikael erwacht, ist sein Mund wie ausgedörrt, und er hat Kopfschmerzen. Seine Augen sind verklebt von altem Sand. Er ist so müde, dass sein Gehirn versucht, wieder einzuschlafen, aber ein kleiner Funke in seinem Bewusstsein registriert, dass es etwas gibt, was sich grundlegend verändert hat.
    Das Adrenalin kommt wie ein heißer Stoß.
    Er setzt sich in der Dunkelheit auf und hört an der Akustik, dass er sich in einem anderen, einem größeren Raum befindet.
    Er ist nicht mehr in der Kapsel.
    Die Einsamkeit lässt ihn eiskalt werden.
    Vorsichtig kriecht er über den Boden und erreicht eine Wand. Seine Gedanken drehen sich im Kreis. Er kann sich nicht mehr erinnern, wann er jeden Gedanken an einen Ausbruch aus der Kapsel aufgab.
    Sein Körper ist nach dem langen Schlaf noch träge. Er richtet sich auf zitternden Beinen auf, folgt der Wand bis zu einer Ecke, tastet sich weiter vor und erreicht eine Platte aus Metall. Schnell fährt er über ihre Ränder und begreift, dass es sich um eine Tür handelt, er streicht mit den Händen über die Fläche und findet die Klinke.
    Seine Hände zittern.
    Es ist vollkommen still im Raum.
    Vorsichtig drückt er die Klinke herunter und ist so darauf eingestellt, dass er Widerstand spürt, dass er beinahe stürzt, als die Tür einfach nachgibt und sich öffnet.
    Er macht einen großen Schritt, steht in einem helleren Raum und muss für einen Moment die Augen schließen.
    Das Ganze kommt ihm wie ein Traum vor.
    Lass mich hier rauskommen, denkt er.
    Er hat pochende Kopfschmerzen.
    Er blinzelt, sieht, dass er sich in einem Korridor befindet, und geht ihn auf schwachen Beinen hinab. Sein Herz rast so sehr, dass es ihm fast den Atem verschlägt.
    Er versucht, leise zu sein, wimmert aber trotzdem vor Angst.
    Der Sandmann wird bald zurückkommen – er vergisst seine Kinder nicht.
    Mikael kann die Augen nicht richtig öffnen, geht aber dennoch auf das verschwommene Licht vor ihm zu.
    Ist das eine Falle, fragt er sich. Vielleicht wird er ja wie ein Insekt von einer brennenden Kerze angelockt.
    Trotzdem geht er weiter und stützt sich mit der Hand an der Wand ab.
    Er stößt gegen große Ballen Isolierwolle, stöhnt vor Angst, taumelt zur Seite, schlägt mit der Schulter gegen die andere Wand, schafft es aber, sich auf den Beinen zu halten.
    Er bleibt stehen und hustet so leise, wie er nur kann.
    Das Licht vor ihm kommt von einer Glasscheibe in einer Tür.
    Er stolpert weiter und drückt die Klinke herunter, aber die Tür ist abgeschlossen.
    Nein, nein, nein.
    Er zerrt an der Klinke, stemmt sich gegen die Tür, zerrt erneut. Die Tür ist abgeschlossen. Am liebsten würde er sich einfach auf den Boden sinken lassen, so verzweifelt ist er. Plötzlich hört er hinter sich ganz sanfte Schritte, wagt es aber nicht, sich umzudrehen.

8
    Der Schriftsteller Reidar Frost leert sein Weinglas, stellt es auf den Esstisch und schließt für einen Moment die Augen, um sich wieder zu beruhigen. Einer seiner Gäste klatscht in die Hände. Veronica in ihrem blauen Kleid hat sich der Zimmerecke zugewandt, hält sich die Hände vors Gesicht und beginnt zu zählen.
    Die Gäste laufen in verschiedene Richtungen auseinander, ihre Schritte und ihr Gelächter verteilen sich auf die vielen Zimmer des Gutshofs.
    Sie haben abgemacht, dass man sich nur im Erdgeschoss verstecken darf, aber Reidar steht langsam auf, geht zu einer schmalen Geheimtür und schiebt sich in den Serviergang. Vorsichtig steigt er die enge Bedienstetentreppe hoch, öffnet die Geheimtür im Wandbehang und geht zu seinen Privaträumen.
    Er weiß, dass er sich hier lieber nicht alleine aufhalten sollte, trotzdem durchquert er
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