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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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Kapitel noch einmal lesen, dann komme ich.«
    »Das mit dem Hund war falsch«, wiederholt Agnes, den Blick auf den Fußboden gerichtet.
    Anders geht in die Küche, holt den Teller mit dem Essen aus dem Kühlschrank und stellt ihn neben der Mikrowelle auf die Arbeitsfläche.
    Langsam zieht er den Brief aus der Gesäßtasche seiner Jeans und erinnert sich, dass Jurek Walter mehrfach wiederholt hat, er sei ein Mensch.
    In einer kleinen, schrägen Handschrift hat er einige wenige, fast nichtssagende Sätze auf das dünne Papier geschrieben. Der Brief ist an eine Anwaltskanzlei in Tensta adressiert und enthält lediglich eine offizielle Anfrage. Jurek Walter bittet um juristischen Beistand, um die Begründung für seine Verurteilung zur Sicherheitsverwahrung zu verstehen. Er hat das Bedürfnis, sich seine Rechte erklären zu lassen und sich über die Möglichkeit zu informieren, in der Zukunft gegen das Urteil Beschwerde einzulegen.
    Anders Rönn weiß nicht, woher sein plötzliches Unbehagen rührt, aber irgendetwas am Ton des Briefs, an der korrekten Wortwahl in Kombination mit der fast legasthenischen Schreibweise erscheint ihm seltsam.
    Als er ins Arbeitszimmer geht und einen Briefumschlag heraussucht, gehen ihm Jurek Walters Worte nicht aus dem Kopf. Er schreibt die Adresse ab, legt den Brief in den Umschlag und frankiert ihn.
    Anschließend verlässt er das Haus, überquert in der kühlen Dunkelheit eine Brachfläche und geht zu dem Kiosk am Kreisverkehr hinauf. Nachdem er den Brief eingeworfen hat, bleibt er eine ganze Weile stehen und betrachtet den Sandavägen und die vorbeifahrenden Autos, ehe er wieder heimkehrt.
    Der Wind lässt das gefrorene Gras wogen wie Wasser. Ein Hase wird aufgeschreckt und rennt in Richtung der alten Gärten davon.
    Er öffnet das Gartentor und schaut zum Küchenfenster hinein. Das Gebäude wirkt wie ein Puppenhaus. Alles ist hell erleuchtet und gut einsehbar. Er blickt geradewegs in den Flur und sieht das blaue Bild, das dort schon immer gehangen hat.
    Die Tür zu ihrem Schlafzimmer steht offen. Mitten im Raum steht der Staubsauger. Er ist noch eingesteckt.
    Plötzlich nimmt Anders eine Bewegung wahr und zuckt vor Überraschung zusammen. Im Schlafzimmer, neben ihrem Bett, steht jemand.
    Anders will schon hineinrennen, als ihm klar wird, dass die Gestalt sich in Wahrheit im Garten auf der Rückseite des Hauses befindet.
    Er kann sie nur durch das Schlafzimmerfenster sehen.
    Anders läuft auf dem Plattenweg an der Sonnenuhr vorbei und um die Hausecke herum.
    Der Eindringling muss ihn gehört haben, denn er ist schon auf der Flucht. Anders hört, wie sich jemand durch die Fliederhecke presst. Er läuft hinterher, schiebt die Äste zur Seite und versucht, etwas zu sehen, aber es ist zu dunkel.

7
    Als der Sandmann seinen fürchterlichen Staub in den Raum bläst, steht Mikael in der Dunkelheit auf. Er hat gelernt, dass es sinnlos ist, die Luft anzuhalten. Denn wenn der Sandmann will, dass die Kinder schlafen, dann schlummern sie ein.
    Er weiß nur zu gut, dass seine Augen bald schwer werden, so schwer, dass er sie nicht mehr aufhalten kann. Er weiß, dass er sich auf die Matratze legen und zu einem Teil der Dunkelheit werden muss.
    Seine Mutter erzählte ihm früher oft von der Tochter des Sandmanns, dem mechanischen Mädchen Olimpia. Sie schleicht sich zu den Kindern hinein, sobald sie eingeschlafen sind, und zieht die Decke über ihre Schultern, damit sie nicht frieren.
    Mikael lehnt sich an die Wand, spürt die Furchen im Beton.
    Der dünne Sand schwebt wie Nebel in der Dunkelheit. Das Atmen fällt einem schwer. Die Lunge kämpft, um das Blut mit Sauerstoff zu versorgen.
    Er hustet und leckt sich die Lippen. Sie sind trocken und schon taub.
    Seine Lider werden immer schwerer.
    Jetzt schaukelt die ganze Familie auf der Hollywoodschaukel. Zwischen den Blättern in der Fliederlaube glitzert sommerliches Licht. Die rostigen Schrauben knirschen.
    Mikael lächelt breit.
    Wir schaukeln hoch, und Mama versucht zu bremsen, aber Papa gibt der Schaukel noch mehr Schwung. Der Tisch vor uns wird getroffen, so dass der Erdbeersaft in den Gläsern hochschwappt.
    Die Schaukel schwingt nach hinten, und Papa lacht und hebt die Hände, wie man es tut, wenn man Achterbahn fährt.
    Mikaels Kopf fällt herab, und er reißt ihn wieder hoch und öffnet die Augen in der Dunkelheit, taumelt zur Seite und stützt sich mit der Hand an der kühlen Wand ab. Er wendet sich der Matratze zu und denkt, dass er sich
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