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Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Titel: Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night
Autoren: Richard Laymon
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Bakersfield, bis ein Dach unter mir eingebrochen ist.« Er schlug mit der flachen Hand gegen sein rechtes Bein. Es klang nicht nach Haut und Muskeln. »So was ist kein schöner Anblick. Das ist eine Seite des Jobs, die ich ganz bestimmt nicht vermisse.«
    Hanson, dem der Mann auf Anhieb sympathisch gewesen war, empfand ihm gegenüber nun so etwas wie neidische Bewunderung. »Für kein Geld der Welt würde ich zur Feuerwehr gehen«, sagte er.
    Toby nickte, ohne den Blick vom Torpfosten zu nehmen. »Glauben Sie, es waren Jugendliche?«
    »Keine Ahnung. Schon möglich.«
    »Den Ku-Klux-Klan gibt’s hier nicht, soweit ich weiß.«
    »Nein.«
    »Obwohl das genau die Handschrift des Klans ist. Das wirft ein schlechtes Licht auf unsere Stadt.«
    »Kannten Sie den Jungen?«, fragte Hanson.
    »Ich hab ihn ab und an in der Schule gesehen.« Toby wandte sich ihm wieder zu und runzelte die Stirn. »Wir haben nur eine Handvoll farbige Schüler, wissen Sie. Dieser Chidi – er war überhaupt nicht wie die anderen. Ein großer Kerl, ziemlich gut aussehend und mit ’ner komischen Art zu reden. Ich
glaube, er kam von einer dieser Inseln. Jamaika, Haiti, irgendwo in der Gegend. Er hatte nicht diesen ›Hey, Bruder, Motherfucker‹-Jargon drauf. Er redete, als hätte er ’ne gute Erziehung genossen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Wie ist er mit den anderen Schülern ausgekommen?«
    »Soweit ich das mitbekommen hab, hatte er nicht viel mit den anderen farbigen Kids zu tun. Die hängen nämlich immer zusammen rum. Ich schätze, das ist nur natürlich. Aber Chidi hab ich, glaube ich, nie bei ihnen gesehen. Wenn ich ihn gesehen habe, dann immer nur mit weißen Kids. Mit weißen Mädchen meistens. Anscheinend standen die Mädels auf ihn.«
    Hanson fühlte, wie sein Herz schneller schlug. »Jemand Bestimmtes?«
    »Ja, ich denke schon. Ich weiß nicht, wie das Mädchen heißt, aber ich könnte es für Sie rausfinden. In den letzten paar Wochen waren die beiden ständig zusammen. Würde mich nicht wundern, wenn sie’s miteinander getrieben haben. «
    »Nun, äh …«, murmelte Hanson.
    »Tja, da kann ich durchaus verstehen, dass manchen Leute so was nicht gefällt.«
    »Das ist …«
    Der Himmel schien zu explodieren. Sie zuckten beide zusammen und warfen die Köpfe in den Nacken. Einen Augenblick lang glaubte Hanson, über dem Stadion seien zwei Flugzeuge zusammengestoßen. Doch was er sah, war ein gleißend heller, sich wie ein gigantischer Baum verästelnder Blitz, der durch die dunklen, sich auftürmenden Wolken zuckte.

    Der Donner verhallte rollend in der Ferne. Ihm dröhnten die Ohren.
    »Gütiger Himmel«, ächzte Toby.
    Dann öffnete der Himmel seine Schleusen.
    Der Regen fiel in so dichten Schleiern, dass der Schein der Flutlichter nur noch als fahler, gelber Schimmer zu erkennen war.
    Einen Sekundenbruchteil nachdem sich die Lichter verdunkelten, prasselte der Platzregen auf Hanson herab. Große, warme Tropfen klatschten auf sein Gesicht und seine Schultern. Sie prickelten auf seiner Haut, schienen in ihn einzudringen. Sie wärmten ihn. Plötzlich fühlte er eine seltsame, wilde Erregung in sich aufsteigen.
    »Heilige Scheiße«, sagte Toby.
    Hanson und Toby sahen sich durch das leicht gelbliche Licht an. Dunst waberte im dämmrigen Halbdunkel des Wolkenbruchs – wahrscheinlich von dem warmen Regen verursacht, der durch die kalte Novemberluft niederprasselte.
    Toby sah aus, als hätte ihm jemand einen Eimer Tinte über den Kopf gegossen. Nur seine Augen und Zähne waren weiß. Als sich seine Lippen zu einem Grinsen verzogen, waren noch mehr Zähne zu sehen.
    Hanson löste den Riemen der Holstersicherung und zog seinen Revolver, als Toby sich auf ihn stürzte. Die Finger des Mannes krallten sich um Hansons Hals. Die Daumen drückten gegen seine Kehle. Er rammte den Lauf seiner .38er in Tobys Bauch und drückte den Abzug dreimal durch; das Krachen der Schüsse war ohrenbetäubend.
    Toby taumelte rückwärts und klappte zusammen.
    Die vierte Kugel durchschlug seinen kahlen, schwarzen
Schädel. Er fiel hart auf sein Hinterteil, rutschte ein Stück über das nasse Gras und verharrte einen Augenblick in aufrecht sitzender Position. Dann kippte sein Oberkörper langsam über seine ausgestreckten Beine nach vorn.
    Hanson nahm einen kurzen Anlauf und versetzte Tobys Kopf einen Fußtritt, als wollte er ihn wie einen Football in hohem Bogen zwischen den Torstangen hindurchschießen. Trotz der Wucht, die in dem Tritt lag, bewirkte
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