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Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath

Titel: Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
Autoren: Stephen Booth
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Leiche vielleicht nicht auf dem Wohnzimmerboden liegen, und das Blut würde womöglich wie von Zauberhand vom Teppich verschwinden wie in einem Werbespot für ein Wunder-Reinigungsmittel. Sie würde vielleicht aufstehen, lachen und ihm erklären, warum sie sich tot gestellt hatte. Und das Leben wäre wieder wie früher.
    Doch Quinn hatte sie sterben hören. Das Geräusch ihres letzten Atemzugs hatte ihn überzeugt, nicht der Anblick des Blutes oder ihre schlaffen Gelenke. Und er wusste, dass er seinen Fehler schon viel früher begangen hatte – vor Jahren, als er sie kennen gelernt und die ganze Sache angefangen hatte. Jetzt würde sein Leben nie wieder normal sein.
    In einem Moment der Stille wurde Quinn sich seiner eigenen Atmung bewusst. Ihr Klang schien das Zimmer auszufüllen, rau und hastig wie das Keuchen eines gehetzten Tiers, eines Hasen in den Fängen eines Hundes. Er hatte noch nie seiner Atmung gelauscht. Er hatte noch nie gespürt, wie seine Lunge nach Luft rang, oder das flache Keuchen gehört, das
über seinen Gaumen huschte wie ein eisiger Wind, der durch seinen Kopf wehte. Das Geräusch gefiel ihm nicht, und er war froh, als wieder Musik die Stille im Haus füllte.
    Was war das für Musik? Warum spielte sie? Quinn nickte jemandem zu, obwohl sich außer ihm niemand im Zimmer befand. Er erinnerte sich, dass er noch nicht gefunden hatte, wonach er suchte. I still haven’t found what I’m looking for – diese Worte ersetzten die anderen in seinem Kopf. Aber er hatte nicht nach dem lindgrünen Pullover gesucht. Der hätte nämlich überhaupt nicht hier sein sollen.
    Dann bemerkte er, dass an seinen Knien Feuchtigkeit durch seine Jeans drang. Er stand auf und starrte die dunkelroten Flecken auf dem Stoff und das Blut an, das sich unter den Sohlen seiner Stiefel ausbreitete. Es war so viel, dass es aus dem Teppich hervorquoll, wenn er die Füße bewegte.
    Er ging unsicher um den Leichnam und betete, er möge aus einer anderen Perspektive anders aussehen. Doch alles, was er jetzt sah, waren seine Fußabdrücke im Blut. Der Teppich hatte einst ein goldfarbenes Muster gehabt – er hatte zu den ersten Dingen gehört, die Rebecca und er beim Einrichten des Hauses ausgesucht hatten. Sie würde wütend sein, dass der Teppich ruiniert war.
    Quinn betrachtete abermals seine Hände, und das Blut erinnerte ihn daran, was er zu tun hatte. Das Telefon stand auf einem Tisch neben der Tür. Er wählte die Nummer des Notrufs und schaffte es sogar, sich an seine Adresse zu erinnern.
    »Ja, Pindale Road 82. Einen Krankenwagen, bitte.«
    Er bemühte sich, der Stimme in der Telefonzentrale zu lauschen, obwohl ihn der metallische Geruch des Blutes an seiner Hand und das Gefühl des rutschigen Hörers in seinen Fingern ablenkten.
    »Polizei? Ja, wahrscheinlich.«
    Nachdem das erledigt war, hatte er das Gefühl, dass ihn seine Beine nicht mehr trugen. Er bahnte sich den Weg zurück
über den Teppich und ließ sich in einen Sessel fallen. Sein Blick wurde auf die Uhr an der Wand über dem Kaminsims gelenkt. Er wusste, dass die Uhr aus irgendeinem Grund wichtig war. Er lauschte ihrem Ticken und wartete darauf, dass es den Nebel durchdrang, der sich über seine Gedanken gelegt hatte, und ihm sagte, was sonst noch zu tun war.
    Schließlich fiel Quinn die wichtigste Sache von allen ein. Die Kinder. Und er hätte das Messer verstecken sollen. Das Messer war gefährlich.
    Doch die Erschöpfung überwältigte ihn, und sein Kopf sank nach hinten gegen die Sessellehne. Als die ersten Polizisten im Haus eintrafen, fanden sie Mansell Quinn schlafend vor. Er träumte, dass die ganze Welt ihn atmen hören konnte.

1
    Montag, 12. Juli 2004
     
     
    Heute war der Tag, an dem Detective Constable Ben Cooper sterben sollte. Der Einfachheit halber war er bereits tot. Seine Füße und Hände fühlten sich eiskalt an, als würde der Tod langsam an ihm nach oben kriechen und seinen Körper Zentimeter um Zentimeter einfordern.
    Bereits seit einer halben Stunde war Cooper nicht mehr in der Lage, Arme und Beine zu bewegen, nicht einmal den Kopf. Schlammverschmierte Felsen füllten sein Blickfeld, und jede Spalte und jeder Vorsprung glitzerte feucht in den Lichtstrahlen, die in dem Gang hin und her schwenkten. Er konnte den Schlamm und Schweiß um sich riechen und das Plätschern von Wasser hören, das in dem beengten Raum widerhallte. Der Fels war so nah an seinem Gesicht, dass sein Atem darauf kondensierte und als Sprühnebel wieder auf ihn
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