Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser
Autoren: Herbie Brennan
Vom Netzwerk:
und zu einem kleinen Toupet knüpfen lassen, das Eure Majestät tragen können, wenn Ihr gerade nicht von Staatsangelegenheiten in Anspruch genommen seid.«
    »Ja«, sagte Pyrgus rasch. »Ja, tun Sie das.«
    »Und die Wahl Eurer Majestät? Die Betäubungsmittel, der Zauberkegel…?«
    »Wie hat mein Vater sich entschieden?«, fragte Pyrgus.
    Zum ersten Mal glätteten sich Buff-Arches’ Züge. »Euer Vater, Sire, hat sich für die traditionelle Vorgehensweise entschieden – ohne Betäubung, ohne Zauber. Meine Assistenten durften ihn nicht einmal festhalten.«
    Blue war auf einmal ganz angespannt. Es war erst wenige Wochen her, dass ihr Vater ermordet worden war – und zwar auf entsetzliche Weise, mit einer Waffe aus der Gegenwelt, die einen Großteil seines Gesichts weggerissen hatte. Pyrgus und ihr Vater waren selten einer Meinung gewesen. Einmal hatten sie sich so überworfen, dass Pyrgus das Haus verlassen und als Bürgerlicher in der Stadt gelebt hatte. Würde er nun dem Beispiel seines Vaters folgen?
    »Dann werde ich das auch so halten«, sagte Pyrgus feierlich. Er fing an, sich die Hose aufzuknöpfen.
    Blue zog sich diskret zurück. Sie war stolz auf ihren Bruder und froh über seine Entscheidung. Aber sie war nicht gerade darauf erpicht, dabei zu sein, wenn sie ihm die Gewebeprobe aus dem Po entnahmen.
     
    Vor der Krönung war noch tausenderlei zu besorgen und zu erledigen. Blattgold für die Kathedrale, Zauberkerzen für das Hauptschiff, Geschenke für die Priesterschaft, Musiker, die feierlichen Spiele, Kaninchen zum Verteilen unter dem Volk, die Ehrenwache, die behördlichen Bestechungsgelder, die Prunkbarke, die sieben Beschwörungstruppen, der Chor der Endolgs, der hochedle Gefährte – Pyrgus hatte Henry dafür vorgesehen und Blue wusste nicht einmal genau, ob Torhüter Fogarty ihn schon kontaktiert hatte –, die hochedle Gefährtin, die Blue selbst sein würde, nur dass sie immer noch nicht die Anprobe für das Gewand hinter sich hatte, das große Salut, die neue Statue im Großen Garten, der Speiseplan für den Empfang… Die Liste war endlos.
    Und alles blieb an ihr hängen, weil Pyrgus das Ganze einfach nicht ernst nehmen wollte.
    Sie eilte gerade ihren Gemächern und der gefürchteten Liste entgegen, als sie spontan beschloss, ihre Anprobe hinter sich zu bringen. Sie bog ab und folgte einer steilen schmalen Treppenflucht hinunter, die zum Gesindetrakt führte. In diesen Teil des Palasts kam sie normalerweise nicht – wenn die Kaiserliche Prinzessin etwas benötigte, kam das Gesinde zu ihr –, aber die Tradition wollte es, dass das Gewand der hochedlen Gefährtin aus der feinsten Spinnerseide gewebt wurde, und zwar ohne Verstärkungszauber.
    Albern, aber so war das eben. Jeder wusste, dass Spinnerseide das empfindlichste Garn der Welt war, solange sie sich noch nicht gesetzt hatte. Danach war sie natürlich unzerstörbar. Das Problem war, dass man das Kleidungsstück anprobieren musste, bevor der Stoff sich gesetzt hatte, wenn man diesen unfassbar hautnahen Sitz erhalten wollte, dessentwegen diese Kleider so begehrt waren. Man musste sehr vorsichtig dabei sein. Zumindest dann, wenn man keinen Starrezauber benutzen durfte. Wenn man Glück hatte, fiel das Teil nicht auseinander, und man besaß das allerschönste Gewand des Reichs. Wenn nicht, mussten die Seidenherrinnen ein neues anfertigen, und alles ging von vorn los.
    Die meisten Kundinnen, selbst wenn sie zum Hochadel gehörten, besuchten die Herrinnen in ihren Verkaufsräumen über den Spinnergruben. Allein für die Kaiserliche Prinzessin hatte man eine Ausnahme gemacht – ihr Gewand wurde direkt im Palast angefertigt. Blue hätte den Herrinnen bereitwillig einen Prunksaal zur Verfügung gestellt, aber sie hatten darauf bestanden, ihre Werkstatt im Gesindetrakt zu errichten. Den Grund dafür erfuhr Blue bei ihrem Eintreten.
    »Warum ist es denn so kalt hier?« Ihr Atem bildete kleine Wolken in der Luft.
    Eine der Seidenherrinnen sah von ihrer Werkbank auf. Falls sie von dem plötzlichen Erscheinen der Kaiserlichen Prinzessin überrascht war, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. »Bei höheren Temperaturen lässt sich der Stoff nicht verarbeiten«, sagte sie.
    Blue überlief ein Zittern und sie schlang die Arme um sich. »Ich bin zur Anprobe gekommen. Ist alles bereit?«
    Die Herrin stand auf und trat zu ihr. Die Oberin war groß gewachsen und elegant mit Haaren bis zur Taille. Sie trug selbst eines dieser göttlichen Gewänder.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher