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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
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Geschichte. Auch Júlio. Und das beunruhigte ihn umso mehr.
    »Wirst du Amarelo tatsächlich töten, Onkel?«, fragte der Junge atemlos und stand aus seiner Hängematte auf.
    »Setz dich wieder, Júlio, wieso regst du dich auf?«
    »Wieso ich mich aufrege? Bist du wahnsinnig? Anders kann ich es mir nicht erklären. Du willst Amarelo umbringen und sagst, ich soll mich nicht aufregen?«, fuhr Júlio fort und ging in dem kleinen Raum auf und ab.
    »Sprich nicht so laut, Junge. Willst du, dass deine Mutter uns hört?«
    »Mutter ist unten am Fluss und nimmt den Hirsch aus. Sie kann uns nicht hören.«
    »Wenn du weiter so laut sprichst, wird sie es hören. Setz dich wieder und beruhige dich. Ich werde Amarelo nicht töten. Ich bin viel zu schwach, um aufzustehen, und erst recht, um diesen Kerl zu töten.«
    »Ein Glück«, sagte Júlio.
    Er hatte sich eben wieder in die schaukelnde Matte gelegt, als Cícero jenen Satz sagte, der in seinem Kopf fast explodierte.
    »Du wirst Amarelo töten.«
    Júlio verschlug es die Sprache. Sein Herz krampfte sich zusammen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Er weiß noch, dass sein Onkel immer weiter redete, doch die Worte drangen nicht in sein Ohr. Er lenkte seinen Blick auf die Hintertür, durch die der Urwald in der Sonne funkelte. Seine auf langen Jagdzügen geschärften Augen erkannten ein Faultier in einem Baum. Das graue Fell des Tieres stach deutlich aus der grünen Vegetation hervor. Er wurde fast neidisch auf das ruhige Leben, das dieses Tier führte. Mit dem rechten Fuß stieß er sich am Holzfußboden ab und schaukelte in der Hängematte hin und her, konzentrierte sich auf ihr Knarzen, die Augen immer noch fest auf das Tier gerichtet. Er versuchte, sich vorzustellen, wie schön es wäre, wie ein wildes Tier zu leben, als Cícero ihn plötzlich mit der rechten Hand packte.
    »Hörst du mir überhaupt zu, Júlio?«
    »Ich will gar nichts hören«, antwortete Júlio und wollte aufstehen.
    Cícero hielt ihn weiter am Arm fest. Er verstehe seine Reaktion, sagte er. Ein guter Junge wie er könne auch nicht einfach so auf den Gedanken kommen, einen Menschen zu töten. Er sei sogar stolz darauf, dass dies so sei, doch die Situation sei komplizierter, als Júlio sich vorstellte. Cícero hatte den Auftrag, Amarelo zu töten, angenommen. Er hatte auch schon siebenhundert Cruzeiros als Anzahlung bekommen. Dazu würde er dreißig Kilogramm Reis, zwanzig Kilo Bohnen, zehn Kilo Kaffee, zehn Kilo Zucker, fünf Kilo Käse, zehn Dosen Speiseöl und zwölf Flaschen Cachaça bekommen. So war es zwischen Cícero und dem Mann, der ihn engagiert hatte, vereinbart. Der Mann hieß Marcos Lima, war sechsunddreißig Jahre alt; auch ihn kannte Júlio. Marcos Lima fuhr mit einem Boot die Dörfer am Flussufer ab und verkaufte den Bewohnern dieser abgeschnittenen Region Produkte, die sie nicht selbst herstellten. Bis heute ist diese Tätigkeit sehr wichtig für die Menschen am Fluss. Da Marcos Lima die eintausend Cruzeiros, die Cícero verlangte, nicht hatte, sollte ein Teil der Bezahlung in Naturalien geleistet werden.
    »Und alles Essen wird hier zu euch nach Hause kommen«, sagte Cícero. »Ich behalte nur den Cachaça und den Käse.«
    »Onkel, ich will nichts davon wissen. Ich werde niemanden töten. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du mich um so etwas bittest. Willst du, dass ich zum Mörder werde, wie du? Gott bewahre!«
    »Du wirst nicht zum Mörder«, sagte Cícero, und berührte Júlio freundlich am Arm. »Du wirst nur diesen Auftrag für mich erledigen, und dann hast du mit all dem nichts mehr zu tun.«
    »Ich will das nicht machen, Onkel, ich will nicht.«
    »Ich weiß, und das finde ich gut. Aber wenn du den Auftrag nicht erledigst, werde ich sterben.«
    »Wieso das denn?«
    »Weil Lima mich schon bezahlt hat, Julão. So ist das Geschäft. Wenn man das Geld bekommen hat, muss man die Arbeit machen. Sonst wird der Pistoleiro selbst umgebracht. Willst du, dass ich umgebracht werde?«
    »Natürlich nicht, Onkel!«
    »Dann tu bitte, um was ich dich gebeten habe.«
    »Müsste ich einen Fremden töten, könnte ich mir das sogar vorstellen, Onkel, aber Amarelo ist ein Fischer hier aus der Gegend. Er ist unsympathisch und sucht ständig Streit. Aber man kann doch einen Menschen nicht töten, nur weil er unsympathisch ist. Was hat er denn getan, dass Lima ihn umbringen lassen will?«
    »Julão, Amarelo hat etwas sehr Schlimmes getan. Viel schlimmer, als du dir vorstellen kannst.«
    »Was
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