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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
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barsch.
    Um der drückenden Hitze zu entfliehen, unternahmen Cícero und Júlio nach dem Abendessen noch einen Ausflug in Cíceros Motorboot. Es war kurz nach sieben. Sie fuhren in einen Seitenarm des Rio Tocantins, und machten zwanzig Minuten später an einem etwa einhundert Meter breiten Strand mitten im Urwald fest. Dort stiegen sie in das lauwarme Wasser. All die Geräusche des Urwalds waren zu hören, die Tukane und Aras, sogar ein Jaguar. Als erfahrene Amazonas-Bewohner wussten sie, dass sie sich vor dem Tier nicht zu fürchten brauchten. Ein Jaguar würde niemals ins Wasser steigen, um einen Menschen anzugreifen. Erst recht nicht im Regenwald, wo eine Raubkatze keinerlei Schwierigkeit hätte, auf Beute zu stoßen.
    Cícero griff nach der Cachaça-Flasche, die er mitgebracht hatte, und reichte sie Júlio. »Trink nicht zu viel. Ich will nicht, dass deine Mutter mich schon wieder schimpft«, sagte er. Aber Júlio mochte Cachaça. Von klein auf hatte er sich daran gewöhnt, mit dem Onkel Zuckerrohrschnaps zu trinken. Bier dagegen schmeckte ihm nicht. Länger als eine Stunde blieben sie im Wasser und redeten, über Fußball, die Jagd, Frauen. Cícero war der einzige in der Familie, dem Júlio von seiner Liebschaft mit Ritinha erzählt hatte, einem vierzehnjährigen Mädchen mit brauner Haut, großen Augen und vollen Lippen, die in einem Dorf eine Bootsstunde entfernt von Júlios Zuhause wohnte. Die jugendliche Romanze hatte vor zwei Monaten begonnen.
    »Sie ist wunderschön«, sagte Júlio.
    »Und ist sie auch gut gebaut?«
    »Aber hallo! Ritinha hat Beine und einen Hintern zum verrückt werden.«
    »Und, habt ihr es schon getan?«
    »Was denn getan, Onkel?«
    »Du weißt schon, Julão«, sagte Cícero und redete Júlio mit dem Spitznamen an, den er ihm wegen seiner Größe von fast einem Meter achtzig gegeben hatte. Niemand sonst nannte ihn so.
    »Nein, Onkel, wir haben es noch nicht getan«, antwortete der Junge und lächelte gequält. »Aber nur, weil sie mich nicht gelassen hat. Ich habe es schon zweimal versucht. Ich darf sie an der Brust berühren, am Hintern. Aber dann schiebt Ritinha meine Hand weg und sagt, es ist noch zu früh.«
    »Gut so. Versuche es weiter. Irgendwann macht sie schon die Beine breit.«
    Júlio erinnert sich, dass es ihn störte, wie Cícero über das Mädchen redete. Er hatte trotzdem gelacht und war sich sicher gewesen, dass er früher oder später seine Jungfräulichkeit mit Ritinha verlieren würde. Sie waren noch immer im Wasser, als Cícero sagte, dass ihm kalt sei.
    »Bist du krank, Onkel? Bei der Hitze frierst du?«, fragte der Junge.
    »Ich glaube, wir sind schon zu lange im Wasser, Julão. Lass uns zurückgehen ans Ufer.«
    Sie stiegen aus dem Wasser. Cícero fror immer noch, als er sich bereits mit dem eigenen Hemd abgetrocknet hatte. Er habe auch Kopfschmerzen, sagte er. »Ich glaube, es war nicht gut, ins Wasser zu gehen. Lass uns nach Hause fahren.« Als sie ankamen, legte sich Cícero sofort in seine Hängematte. Seu Jorge und Júlios zwei Brüder schliefen bereits. Dona Marina, die neben ihrem Mann in einer Hängematte lag, stand auf. Als erstes ließ sie sich von Júlio anhauchen, konnte den Schnaps aber nicht riechen. Doch sie wusste, dass Júlio und Cícero getrunken hatten, weil sie Ingwer gekaut hatten, um den Alkoholgeruch zu vertreiben. Und Dona Marina wusste, dass dies nur einen einzigen Sinn haben konnte.
    »Es waren nur zwei Schlucke, Mutter«, sagte Júlio. Er achtete seine Eltern sehr.
    »Aber dein Onkel scheint den Rest der Flasche getrunken zu haben. Er kann sich nicht einmal mehr auf den Beinen halten.«
    »Das ist es nicht, Mutter. Es geht ihm nicht gut. Er sagt, dass er Kopfschmerzen hat, und dass ihm kalt ist.«
    Dona Marina ging auf ihren Schwager zu, der wimmerte und über Schmerzen im ganzen Körper klagte. Sie legte ihm ihre Hand auf die Stirn. Gewiss hatte er hohes Fieber.
    »Wo tut es denn weh, Cícero?«, fragte Dona Marina.
    »Überall, im ganzen Körper«, antwortete Cícero.
    Dona Marina deckte ihren Schwager mit zwei Leintüchern zu – ihrem und Júlios – legte ihm ein mit Cachaça getränktes Tuch auf die Stirn und erklärte: »Du hast Malaria.« Cícero erschrak, war aber zu schwach, etwas zu sagen. Dona Marina kehrte in ihre Hängematte zurück und überließ es Júlio, nach seinem Onkel zu sehen. »Falls es ihm schlechter geht, sag mir Bescheid«, sagte sie. Den Rest der Nacht blieb der Junge bei seinem Onkel, der nicht aufhörte zu
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