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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition)
Autoren: Susanne Gerdom
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dem zweiten Koch hinaus in die Küche.
    »Die Vorspeise ist schon auf
dem Weg hinauf«, erklärte der ihr, während er schnellen Schrittes vorausging.
»Einer meiner Hilfsköche wird dir helfen, er richtet alles an und achtet auf
die korrekte Reihenfolge.«
    Sie liefen durch den
Küchengang in Richtung des Südflügels. Sallie war diesen Weg noch nie weiter
gegangen als bis zum Inneren Portal, das auf den großen Hof hinausführte. Jetzt
eilten sie an den mächtigen, aus tiefschwarzem Holz geschnitzten Türflügeln
vorbei und betraten einen breiten, mit smaragdgrün gemusterten Teppichen
ausgelegten Gang.
    Der zweite Koch runzelte die
Stirn. »So kommen wir zu spät«, murmelte er und hielt plötzlich an. »Komm,
Kleine. Ich schicke dich per Express nach oben.« Er klopfte kurz und kräftig
gegen die Wand, die an dieser Stelle eine auffällige purpurrote Markierung in
Form eines Wolfskopfes trug. Sallie hatte diese Markierungen schon an allen
möglichen Stellen des Hauses gesehen und sich gefragt, was das Zeichen für eine
Bedeutung haben mochte.
    Der Stein, der die Markierung
trug, begann rötlich zu leuchten. Der zweite Koch ergriff mit den Worten »Mach
lieber die Augen zu« ihren Arm. Dann beugte er sich vor und murmelte: »Zweiter
Koch Bajram. Erbitte einen schnellen Transport zu den Gemächern des Kammerherrn.«
    Der Stein leuchtete
schmerzhaft grell auf. Sallie keuchte und schlug die Hände vor die Augen. Der
Boden schwankte unter ihren Füßen und ein Luftzug ließ ihre Röcke rascheln. Als
ein weiterer Ruck sie durchschüttelte, griff sie nach dem Arm des zweiten Kochs
und klammerte sich fest, die Augen immer noch krampfhaft zusammengekniffen.
    »Du kannst mich loslassen«,
hörte sie Bajrams amüsierte Stimme. »Und mach die Augen wieder auf, sonst
fällst du noch über deine Füße.«
    Sallie blinzelte vorsichtig.
Obwohl sie eine deutliche Bewegung verspürt zu haben glaubte, standen sie immer
noch vor der Wand mit dem Wolfskopf Zeichen. »Ach?«, sagte sie enttäuscht. Dann
sah sie, dass die Wände mit Teppichen und Gemälden behangen waren und der Boden
aus hellem, glatt poliertem Stein bestand, auf dem kostbar gemusterte Teppiche
lagen. Schwere Leuchter mit dicken gelben Wachskerzen sorgten für warmes Licht
und sanften Honigduft.
    »Oh«, schickte sie ihrem
ersten Ausruf hinterher und sah sich mit großen Augen um.
    Bajram grinste und schob sie
an. »Komm, Mädchen. Dort entlang.«
    Wenige Schritte trennten sie
von einer angelehnten Tür, durch deren Spalt Stimmen und Gelächter klangen.
Bajram schob sie auf und winkte Sallie hindurch, die vor der Schwelle ein wenig
gezögert hatte.
    Sie betrat einen kleinen,
kostbar ausgestatteten Vorraum, in dem ein Hilfskoch Teller, Platten und
Schüsseln auf Tabletts anrichtete. Ein zweiter säbelte unbeirrt weiter
hauchdünne Scheiben mit einem riesigen Messer von einem ganze Schinken, während
Bajram ihm über die Schulter sah und ein paar Worte murmelte.
    Dann winkte Bajram sie wieder
zu sich und sagte: »Du servierst zuerst die Getränke.« Er deutete auf einen
kleinen Tisch, dessen Platte unter Karaffen und Flaschen in allen Größen,
Farben und Formen vollkommen verschwand. »Gläser findest du dort«, zeigte er
auf einen zweiten Tisch. »Frage jeden der Herren, was er zu trinken wünscht.
Endrit wird dir dann die richtigen Gläser dazu weisen.«
    Der Beikoch, der die Platten
anrichtete, hob den Kopf, als er seinen Namen hörte, und lächelte Sallie
flüchtig zu.
    »Wenn du mit den Getränken
fertig bist, kannst du die Vorspeise servieren«, erklärte Bajram weiter. »Achte
darauf, dass die Gläser immer gefüllt sind. Und frage jeden Gast, ob er noch
etwas von den Speisen möchte, ehe du den nächsten Gang aufträgst. Endrit und
Imer stehen dir zur Seite, also keine Angst.« Er klopfte Sallie aufmunternd auf
die Schulter, und sie lächelte zittrig zurück.
    Dann atmete sie tief ein,
schob die Schultern zurück und betrat den Salon.
    Niemand beachtete sie. Sie
blieb einen Moment lang an der Tür stehen und bestaunte mit halb offenem Mund
die Pracht, die sie umgab. Seit ihrer Geburt lebte sie im Haus des Herrn, und
dies hier war bei Weitem das schönste Zimmer, das sie je erblickt hatte. Die
Möbel glänzten dunkel und satt und waren reich mit Schnitzereien und Gold
verziert, die Wände waren bedeckt mit dicken Wandteppichen, die die Kälte der
Mauern abhielten. Ein großer Lüster mit vielen Kerzen hing über dem langen
Tisch, der die Mitte des Raumes
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