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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod
Autoren: Charlaine Harris
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in einer Besprechung über die Umsetzung der neuesten Umweltschutzrichtlinien.“ Mein Mann, der zweifellos Piratengene in sich trug, fühlte sich von seinen zahlreichen Aufgaben als Vizepräsident von Pan-Am Agra oft frustriert. Bei Pan-Am Agra wurden Agrarprodukte hergestellt und vertrieben, wobei Martin für den Bereich Herstellung zuständig war. Allerdings hatte er beileibe nicht sein ganzes Erwerbsleben mit derart legaler und ungefährlicher Arbeit zugebracht.
    „Tut mir leid, Schatz.“ Ich tätschelte ihm mitleidig die Schultern, während wir zum Geräteschuppen schlenderten, um Handschuhe und Schubkarre zurückzubringen. Der Pick-up von Darius und auch sein Anhänger standen immer noch so, dass sie meinen Wagen blockierten; halb auf dem Kies der Einfahrt, halb auf dem Rasen, was ich nur erlaubt hatte, weil ich davon ausgegangen war, dass Darius nicht lange bleiben würde. Noch war der Boden trocken und es bestand keine Gefahr, dass die Reifen der Fahrzeuge einsacken würden, aber ich hatte mich kaum umgedreht, um ins Haus zu gehen, als auch schon die ersten dicken Regentropfen fielen. Martin und ich dachten beide gleichzeitig an die Gefahren, die die Reifen für unseren Rasen darstellten, und eilten zum Pick-up, um einen Blick in die Fahrerkabine zu werfen.
    Martin sagte mit einigem Nachdruck ein obszönes Wort: kein Schlüssel im Zündschloss.
    Ich warf noch rasch einen Blick auf die Beifahrerseite. Vielleicht hatte Darius den Schlüssel abgezogen und einfach auf den Nebensitz geworfen, um das Warnsignal zum Schweigen zu bringen, das an den im Zündschloss vergessenen Schlüssel erinnerte. Das machte ich von Zeit zu Zeit so, wenn ich nur kurz noch mal schnell ins Haus wollte, weil ich irgendetwas vergessen hatte.
    „Martin?“ Ich deutete auf den Beifahrersitz, auf dem allerdings kein Schlüsselbund lag.
    Martin steckte den Kopf durch die Tür.
    Er sah, was auch ich gesehen hatte; ein Fläschchen mit Pillen: Paracetamol, ein Schmerzmittel.
    „Also?“ Mein Mann zog die Brauen hoch.
    „Er hat sich so schnell verändert, ist so abrupt seltsam geworden, ich dachte zuerst, er hätte Drogen genommen. Aber das macht Darius nicht. Ich glaube, er würde noch nicht einmal im Traum daran denken, so etwas Gefährliches zu tun.“
    „Dann sollten wir wohl lieber noch einmal im Büro des Sheriffs anrufen.“
    So mussten Levon und Jimmy die Meile zu unserem Haus erneut zurücklegen. Jimmy streifte sich Einweghandschuhe über, ehe er das Pillendöschen anfasste und sich den Inhalt in eine Hand schüttete. Da uns niemand zum Gehen aufgefordert hatte, sahen wir ihm zu.
    Martin entdeckte es zuerst und zeigte mit dem Finger darauf.
    Levon beugte sich über Jimmys Handfläche.
    „Verdammt!“, sagte er mit seiner tiefen, sonoren Stimme.
    Eine der Pillen war einen Tick kleiner als die anderen, nicht ganz so makellos weiß und ohne die Initialen des Herstellers, die die anderen Tabletten zierten. Wenn man danach Ausschau hielt, fiel der Unterscheid sofort ins Auge. Aber wer sieht sich die Pillen in einem Fläschchen schon ohne guten Grund genauer an?
    „Dann haben wir also noch einen“, schlussfolgerte Levon mit Blick auf Jimmy.
    „Es ist noch jemand ohne sein Wissen unter Drogen gesetzt worden?“ Ich bemühte mich um einen beiläufigen Ton.
    „Ja, Ma’am“, antwortete Jimmy, dem Levons warnender Blick wohl entgangen war. „Letzte Woche ließ eine Dame im Supermarkt ihren Einkaufswagen, in dem sich auch ihre Handtasche befand, in der Lebensmittelabteilung stehen, weil sie kurz zu den Gefrierschränken wollte, um sich eine Packung Tiefkühlröstis zu holen. Auf dem Nachhauseweg schluckte sie eine der Tabletten aus der kleinen Seitentasche ihrer Handtasche, in der sie ihre ... in der sie ein ihr vorschriftsmäßig verordnetes Medikament mit sich führte. Statt daraufhin ruhiger zu werden, drehte sie durch.“
    „Wie sah das denn genau aus?“ Ich fand die Geschichte sehr spannend.
    „Na, ja ...“ Jimmy beschenkte mich mit einem vielversprechenden Lächeln.
    „Wir müssen zurück!“, mahnte ihn Levon nachdrücklich.
    „Wie? Ach so, ja.“ Jimmys Gesicht stand bis zu den rötlichen Haarwurzeln in hellen Flammen, als ihm klar wurde, wie haarscharf er an einer Indiskretion vorbeigeschlittert war. „Wenn eines von Darius’ Kindern auftaucht, sagen wir, dass Sie sich sehr freuen würden, wenn jemand den Pick-up abholen käme. Die Schlüssel steckten in Darius’ Hose, ich hätte sie mitbringen können, wenn Sie das
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