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Der Nachtelf - Himmel und Abgrund (German Edition)

Der Nachtelf - Himmel und Abgrund (German Edition)

Titel: Der Nachtelf - Himmel und Abgrund (German Edition)
Autoren: Markus Tillmanns
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Sklaven warf man den Ruptu in der Arena zum Fraß vor. Sie musste verdammt gut nachdenken. Doch ihr Herz hämmerte wie wahnsinnig und scheuchte ihre Gedanken aus den geordneten Bahnen.
    Sie durfte nicht erwischt werden. Überall waren Wächter. Der kürzeste Weg mochte der sinnvollste sein. Aber dort führte Aljani-Wer-schmeckt-die-Peitsche das Kommando, bekannt für seine Unnachgiebigkeit und Härte. Als Dadalore sich einmal auf einem Botengang für Irmhobib verlaufen hatte, war es Aljani, der sie auspeitschen ließ, bis ihr das Blut den Rücken hinabrann. Irmhobib hatte Protest eingelegt und auf Dadalores bis dahin tadelloses Verhalten verwiesen, doch als das Blut spritzte, fügte sich die Mentorin und wohnte der Folter mit starrem Gesicht bei. Dennoch gab es keine Wahl. Die anderen Ausgänge waren deutlich weiter entfernt und das Risiko, einer Nachtwache in die Arme zu laufen, war astronomisch. Bei Aljani wusste sie wenigstens, wo er Dienst tat. Aber wie an den Wachen vorbeikommen? Der Eingang wurde die ganze Nacht hindurch von Fackeln erhellt, auf jeder Seite ein Torhaus mit offenem Sichtfenster. Das Tor selbst verschlossen und nur auf Verlangen der Wächter zu öffnen. Es war aussichtslos. Und dennoch setzten sich ihre Füße in Bewegung.
    Irgendetwas musste ihr einfallen. Sie wartete doch nicht hier auf ihr Verderben! Vielleicht kam ihr die rettende Idee, sobald sie das Tor vor sich sah.
    Dadalore schlich durch den Schlafsaal. Habseligkeiten waren ihr ohnehin nicht gestattet. Freunde ließ sie keine zurück. Nur an Irmhobib durfte sie jetzt nicht denken. Wenn sie nur leise genug blieb, konnte es gelingen! Es war stockdunkel, aber sie wusste, wo die Betten standen, denen sie ausweichen musste. Nur kein Geräusch machen ...
    Es war der Mond, der sie verriet.
    Die Wolken rissen auf und gaben den Blick frei. Halbmond – jene furchtbare Zeit, in der Himmel und Abgrund gleich weit entfernt sind und uneins, wer von ihnen das Geschick der Welt bestimmen soll. In diesen Tagen geschahen die schlimmsten Dinge.
    Das Mondlicht fiel auf eine Gestalt.
    Wer bei allen Dämonen ...? Dadalore erstarrte. Zur Latrine ging es in die andere Richtung und sie wagte nicht, diese Ausrede noch zu benutzen. Und irgendetwas stimmte hier nicht. Das Licht reichte gerade, um zu erkennen, dass dort keines der Mädchen stand. Und auch kein Wächter. Das waren die Umrisse eines jungen Mannes, aber nicht angetan mit Rettarock und Säbel, sondern mit schwarzem Hemd und Gugel.
    Und dann hob er die Hand.
    Dadalore duckte sich wie in Erwartung eines Schlages. Doch der Fremde zog die Hand zu den Lippen und bedeutete ihr zu schweigen. Er zeigte auf den Ausgang und huschte hinüber.
    Wie im Traum folgte sie ihm.
    Im Gang war es so finster, dass sie seine Gegenwart mehr fühlte als sah. Wer sich hier ohne Lampe bewegte, hatte mindestens so viel zu verbergen wie sie.
    Sie versuchte, sein Gesicht in der Dunkelheit auszumachen. »Wer bist du?«
    »Waldini.« Er sagte das mit großer Selbstverständlichkeit. »Wir haben uns schon gesehen.«
    Um das zu beurteilen, müsste sie überhaupt etwas sehen können. »Ja«, erwiderte sie.
    »Aber ich kenne deinen Namen nicht.«
    »Dadalore.« Einen Augenblick zu spät fiel ihr ein, dass es vielleicht unklug war, sich zu verraten.
    »Gut, Dadalore.« Er schien den Namen abzuwiegen, wie man Fleisch abwog. »Was tust du hier mitten in der Nacht?«
    Dadalore versteifte sich. Konnte sie ihm trauen? Angeblich kannte sie ihn. Aber Kontakt zu Männern war ihnen nur selten gestattet. Wenn er sie verriet, war sie geliefert. »Ich wollte mir ein wenig die Beine vertreten.«
    Er lachte leise.
    Sie musste ihm zuvorkommen, bevor er noch auf die Idee kam nachzufragen. »Und was hast du im Dormitorium zu suchen?«
    Eine kurze Pause entstand. Dann sagte er: »Ich bin gern im Schlafsaal der Mädchen.«
    Was? Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie diese Äußerung beruhigte. »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Wer keine Antworten gibt, bekommt auch keine.«
    Er hatte also gemerkt, dass sie gelogen hatte. Aber was sollte sie tun? Ihm alles sagen? Er könnte die Wachen rufen. Das war ein zu hoher Preis für die Wahrheit. Sie versuchte, gleichmütig zu klingen, als sie sagte: »Und möchtest du nun weiter im Schlafsaal herumstehen?«
    »Nein«, erwiderte er sofort. »Jetzt habe ich ja, was ich brauche.«
    Dadalore wollte lieber nicht wissen, was das war. Irmhobib hatte ihr erzählt, dass es in den alten Tagen als Palastwachen nur
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