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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Alexandra Ivy
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wenigstens schien sie noch zu leben, sagte sie sich selbst. Zwar war sie sich sicher, dass sie einige blaue Flecken abbekommen hatte, aber sie glaubte nicht, dass sie tatsächlich verletzt war oder ihr irgendetwas Lebensnotwendiges fehlte.
    Flach auf dem Rücken liegend, hörte sie das leise, wilde Knurren kaum, aber trotzdem reichte es, um ihr die Nackenhaare zu Berge stehen zu lassen. Lieber Gott, was jetzt noch?
    Mit einiger Anstrengung gelang es ihr aufzustehen. Sie ließ ihren Blick durch die mit Trümmern übersäte Eingangshalle schweifen. Erstaunlicherweise war sie leer. Kein wildes Tier. Kein Verrückter, der sich ihr näherte.
    Und kein Dante.
    Stirnrunzelnd ignorierte Abby ihre wackligen Knie und zwang sich, zur nahe gelegenen Treppe zu gehen. Wohin war Dante verschwunden? War er von der Explosion getroffen oder aus der Eingangshalle geschleudert worden? War er einfach in einer Rauchwolke verschwunden?
    Nein, nein, natürlich nicht. Sie presste eine Hand gegen ihren schmerzenden Kopf. Ihre Gedanken spielten verrückt. Sie war wohl für einen Moment ohnmächtig geworden. Das war die Erklärung dafür. Zweifellos hatte er sich auf den Weg gemacht, um sich die Schäden anzusehen. Oder um Hilfe zu rufen.
    Ihre Aufgabe war es dagegen sicherzustellen, dass Se-lena nicht verletzt war.
    Abby konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen, was eine erschreckend schwierige Aufgabe war. Dennoch gelang es ihr, die geschwungene Marmortreppe zu erklimmen und ungeschickt den Flur zu durchqueren. Am Ende des langen Ostflügels stand die Tür zu Selenas Räumlichkeiten bereits offen. Abby trat über die Schwelle.
    Weiter kam sie nicht.
    Ein Keuchen entrang sich ihrer Kehle, als ihr Blick aus weit aufgerissenen Augen durch den zerstörten Raum glitt. Wie unten waren auch hier die Bilder und diverse Gegenstände auf den Boden gefallen. Die meisten von ihnen waren so zerstört, dass sie nicht mehr zu erkennen waren. Aber hier waren zudem die Wände geschwärzt und stellenweise zu Staub zerfallen. Selbst die Fenster waren aus ihren Rahmen gesprengt worden.
    Abbys Blick glitt zu dem großen Bett, das auf die Seite gestürzt war, und schließlich zur Mitte des Zimmers, wo Dante neben einer schlaff daliegenden, böse zugerichteten Gestalt kniete.
    »O mein Gott.« Abby schlug sich die Hände vor den Mund und stolperte mit einem Kloß im Hals vorwärts. »Selena.«
    Dante, der ihre Anwesenheit jetzt erst bemerkte, riss den Kopf hoch, um sie mit einem Stirnrunzeln anzusehen. Fast geistesabwesend bemerkte Abby die nun noch stärkere Blässe seiner Haut und das seltsame hektische Glitzern in seinen silbernen Augen.
    Offenbar war er genauso erschüttert wie sie selbst.
    »Raus hier«, knurrte er.
    Sie ignorierte seine Aufforderung und fiel neben dem verbrannten Körper auf die Knie. Wie groß ihre geheime Abneigung gegen die wunderschöne, kaltherzige Frau auch immer gewesen sein mochte, sie war nun vergessen, als Abby Tränen über die Wangen liefen.
    »Ist sie... tot?«, krächzte sie.
    »Abby, ich sagte, Sie sollen gehen. Jetzt. Verschwinden Sie aus diesem Raum. Aus diesem Haus...«
    Es folgten weitere grimmige, wütende Worte, aber Abby hörte nicht länger zu. Stattdessen beobachtete sie mit fasziniertem Entsetzen, wie eine der verkohlten Hände auf dem Teppich zuckte. Konnte die arme Frau tatsächlich noch am Leben sein? Oder war das irgendein schrecklicher Trick ihrer Fantasie?
    Wie erstarrt vor Schreck schaute Abby auf die Finger, die weiterhin zuckten und sich verkrampften, während sie immer näher kamen. Es wirkte wie etwas aus einem Albtraum. Ein Gefühl, das sich noch vertiefte, als die Hand nach oben schnellte und ihr Handgelenk mit schmerzhaftem Griff umklammerte.
    Abby öffnete den Mund, um zu schreien, und bemerkte, dass ihr die Luft längst aus den Lungen getrieben war. Aus den Fingern, die sich in ihr Fleisch gruben, strömte eine Kälte und breitete sich aus. Eine Kälte, die mit einem brennenden, unbarmherzigen Schmerz durch ihr Blut kroch. Mit einem Stöhnen versuchte Abby verzweifelt, sich aus dem brutalen Griff zu befreien.
    Sie würde sterben, erkannte sie fassungslos. Der Schmerz schlug seine Krallen in ihr Herz und verlangsamte dessen Schlag, bis es zum Stillstand verdammt war. Sie würde sterben, und dabei hatte sie doch noch nicht einmal begonnen zu leben.
    Was für eine Idiotin sie doch war.
    Sie hob den Kopf und begegnete Dantes schimmerndem, metallischem Blick. Seine schönen,
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