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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Rachel Caine
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hätte.
    Zum Beispiel Monica Morrell. Die Tochter des Bürgermeisters hatte ihr Marie-Antoinette-Kostüm abgelegt und war wieder die aufreizend hübsche, widerliche Blondine, die Claire kannte und verabscheute.
    »Oh, mein Gott«, stieß Claire zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Hat sie da etwa meine Bluse an?« Es war ihre einzige gute Bluse. Seide. Sie hatte sie erst letzte Woche gekauft. Nun würde sie sie nie wieder anziehen können. »Erinnere mich daran, dass ich sie später verbrenne.« Monica sah, wie sie zu ihr hinüberstarrte, fingerte am Kragen der Bluse herum und bedachte sie mit einem fiesen Lächeln. Ihre Lippen formten ein Dankeschön. »Erinnere mich daran, sie zweimal zu verbrennen.
    Und auf der Asche herumzutrampeln.«
    Eve packte Claire am Arm und zog sie in eine leere Zimmerecke, wo sie die Decke ausschüttelte und auf Armlänge hochhielt, um einen provisorischen Sichtschutz herzustellen.
    Claire schälte sich aus ihrem schweißnassen Harlekin-Kostüm und seufzte erleichtert auf. Sie schauderte, als die kühle Luft auf ihre erhitzte Haut traf. Sie hatte nur noch ihre Unterwäsche an und fühlte sich unbehaglich und beklommen bei dem Gedanken, dass sie nur eine Decke von einem Dutzend Fremder trennte, von denen einige sie wahrscheinlich fressen wollten. Shanes Kopf erschien mit einem Mal über dem oberen Rand der Decke. »Fertig?«
    Sie quietschte auf und warf das zerknüllte Kostüm nach ihm. Er fing es auf und ließ seine Augenbrauen auf und ab tanzen, als er sie anschaute. Sie schlüpfte in ihre Jeans und knöpfte sich rasch die Bluse zu.
    »Fertig!«. rief sie.
    Eve ließ die Decke sinken und schenkte Shane ein giftig-süßes Lächeln.
    »Du bist dran, Lederboy«, sagte sie. »Mach dir keine Sorgen.
    Ich werde dich schon nicht aus Versehen in Verlegenheit bringen.«
    Nein, sie würde ihn vollkommen absichtlich in Verlegenheit bringen, und das wusste Shane, dem Blick nach zu urteilen, den er ihr zuwarf. Er verschwand hinter der Decke. Claire war nicht groß genug, um ihn über die Decke hinweg beobachten zu können - nicht dass es nicht verlockend gewesen wäre -, aber als Eve die Decke Zentimeter um Zentimeter sinken ließ, schnappte sich Claire eine Ecke und zog sie wieder hoch.
    »Du hast keinen Sinn für Humor«, sagte Eve.
    »Spiel keine Spielchen mit ihm. Nicht jetzt. Er muss gleich völlig allein da raus.«
    Eves Miene wurde ganz starr und angespannt und da erst bemerkte Claire, dass der Schimmer in ihren Augen nichts mit Humor zu tun hatte. Vielmehr war es eine Art Panik, die sie streng unter Kontrolle hielt. »Ja«,sagte sie. »Ich weiß. Es ist nur - wir trennen uns alle, Claire. Ich wünschte, das müssten wir nicht tun.«
    Aus einem Impuls heraus umarmte Claire sie. Eve duftete nach Puder und irgendeinem schweren blumigen Parfüm, mit einer leicht verschwitzten Note.
    »Hey!« Shanes beleidigter Ausruf brachte sie beide zum Kichern. Die Decke hing so tief, dass man ihm dabei zusehen konnte, wie er den Reißverschluss seiner Hose zumachte. Das tat er ziemlich schnell. »Im Ernst, Mädels, das ist so was von uncool. Typen wie ich können ziemlichen Schaden anrichten.«
    Jetzt sah er wieder eher wie Shane aus. In der Lederhose hatte er unglaublich sexy, fast wie ein Model ausgesehen. In Jeans und seinem alten, verwaschenen Marilyn-Manson-T-Shirt war er bodenständiger, wie jemand, von dem sich Claire vorstellen konnte, dass sie ihn küssen könnte.
    Und genau das stellte sie sich jetzt vor. Wie immer bekam sie Herzklopfen, weil es so himmlisch war.
    »Michael geht auch raus«, sagte Eve und dabei ließ die Spannung, die sie bisher verborgen hatte, ihre Stimme zittern. »Ich muss ihm sagen...«
    »Na, los doch«, sagte Claire. »Wir bleiben direkt hinter dir.«
    Eve ließ die Decke fallen und drängte sich durch die Menschenmenge hindurch zu ihrem Freund, dem inoffiziellen Anführer ihrer merkwürdigen und verkorksten Gemeinschaft.
    Michael war in jeder Gruppe leicht zu entdecken - er war groß und blond und hatte ein engelhaftes Gesicht. Als er sah, dass Eve auf ihn zusteuerte, lächelte er, und Claire fand, dass dies vermutlich das komplizierteste Lächeln war, das sie je gesehen hatte - es drückte Erleichterung, Freude, Liebe und Sorge gleichzeitig aus.
    Eve stürzte sich direkt auf ihn, so heftig, dass sie ihn beinahe umwarf. Sie schlangen die Arme umeinander.
    Shane berührte Claire an der Schulter, um sie zurückzuhalten. »Gib ihnen einen Moment Zeit«, sagte er. »Sie
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