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Der mysterioese Zylinder

Der mysterioese Zylinder

Titel: Der mysterioese Zylinder
Autoren: Ellery Queen
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mütterlicher Seite finanziell unabhängig. Vance’ bisweilen etwas prahlerisch oder aufgetragen wirkendes Prunken mit fundierten Kenntnissen auf den exotischsten Wissensgebieten ist bei Ellery zu einem Anflug von ›Bookishness‹ und zu einer Neigung zum leicht pedantischen Dozieren geworden; und war Vance so genial, daß sein Freund, der New Yorker Staatsanwalt Markham, ihn einfach bei jedem schwierigeren Fall zuziehen mußte, so ergibt sich das bei Ellery natürlicher daraus, daß er Sohn eines wegen seiner Gründlichkeit und unschlagbaren Erfahrung berühmten beamteten Kriminalisten ist. Aus dieser Tatsache resultiert ganz von selbst eine perfekte Zusammenarbeit zwischen dem routinierten Apparat der besten Kriminalpolizei der Welt und dem genialen Beobachter und Kombinierer, wie sie im Verhältnis zwischen Lord Peter und seinem Schwager und Vance und seinem Freund vorgebildet war.
    Auch im Technischen übernahmen Dannay und Lee einige Anregungen von Wright: Dessen gegenüber der Öffentlichkeit allein in Erscheinung tretender Autor S. S. van Dine ist ja gleichzeitig, wie Ellery, eine Person der Handlung selbst, Vance’ Adlatus, Rechtsanwalt und Vermögensverwalter, der als ›Watson‹ in Romanform die Fälle veröffentlicht. Auch der Einsatz des Titels als Markenzeichen ist von Wright übernommen: Hatte der ausnahmslos in allen seinen Romanen jeweils »Murder Case« mit einem Namen oder einem zentralen Motiv des Falles verbunden, so bleiben Dannay und Lee durch neun Romane hindurch der Titelstruktur des ersten treu; »The Roman Hat Mystery« hatte das Muster vorgegeben, dem sie bis 1935 folgten: ›Mystery‹ wurde neunmal mit einem wechselnden Substantiv und einem der Geographie entnommenen Adjektiv verbunden.
    Daß dem so sein würde, daß man achtmal an den Erfolg des Erstlings direkt würde anknüpfen können, scheinen die Vettern aber nicht geahnt zu haben, sonst hätten sie eine andere Erzählfiktion gewählt und die fiktive Entstehung ihres Erstlings nicht nach Inspektor Queens Pensionierung und dem gemeinsamen Rückzug der Familie nach Italien angesetzt. Dannay und Lee haben damit den gleichen Fehler begangen wie Agatha Christie und George Simenon, die, ebenfalls den Dauererfolg nicht voraussehend, die Laufbahn ihrer Helden in viel zu hohem Alter beginnen ließen. Bei Simenon führt dies zu einer auf ewig nicht zu entwirrenden unmöglichen Chronologie der Fälle, bei Christie zu der Eigentümlichkeit, daß Poirot von 1920 bis 1975 als unverändert pensionierter älterer Herr recht munter Fälle löst, bis endlich nach einem erfüllten Leben von etwa 120 Jahren der ›Vorhang fällt‹.
    Ellery Queen hat diesen Fehler, der offensichtlich auf einem Versehen oder einer Mystifikation von J. J. McC. beruht, der als Agent für die frühen Queens tätig wurde, unauffällig korrigiert: In späteren Bänden ist Ellery wieder entheiratet, Richard Queen wieder im Dienst, beide leben mit ihrem eigentümlichen Diener wieder in der alten Wohnung in New York und werden einfach nicht mehr älter. Genau darin liegt der ungebrochene Erfolg der Romane um Ellery begründet: Es gelang Dannay und Lee zunehmend, sie dem wechselnden Publikumsgeschmack anzupassen und ihrem Helden die Phase des Fast-Vergessenseins zu ersparen, die sein Vorbild Philo Vance trotz seines spektakulären Erfolges und seines legendären Ruhms zwischen dem Tod seines Schöpfers 1939 und der allgemeinen Wiederentdeckung der schönen Kunst des Mordens in unseren Tagen durchleben mußte. Immer wieder gelang es Dannay und Lee, unter dem gemeinsamen Firmennamen »Ellery Queen« Romane zu schreiben, die aktuelle Themen aufgriffen, klar lokalisierte Schauplätze und einwandfrei datierbare Handlungen hatten und generell mit der gesellschaftlichen Entwicklung Amerikas von den dreißiger bis zu den siebziger Jahren Schritt hielten. Auf diese Weise bildet ihr Gesamtwerk in seiner Entwicklung durch fast ein halbes Jahrhundert hindurch eine graduelle Vermittlung zwischen der forcierten Zeit-und Ortlosigkeit des klassischen Detektivromans, der das für ihn spezifisch Kunstvolle gerade in seiner bewußten Künstlichkeit zeigt, und dem angeblichen Realismus der Amerikanischen Schule Hammetts und Chandlers. In der letzten Phase durften sie sogar noch den Triumph erleben, daß kunstvolle Morde outriertester Art wieder ihre Leser fanden und die meist bizarre Szenerie ihres Frühwerks, noch durch Serienmorde oder -taten nach Darwins Evolutionsstufen oder den zehn
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