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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel
Autoren: John Maddox Roberts
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Galliern und Germanen umzugehen hat.«
    »Er wußte auch, wie man mit Römer umzugehen hat«, bemerkte ich bitter. »In der Hauptsache dergestalt, daß man massakrierte.«
    »Nur Leute von Senatorenrang«, betonte der unausstehliche kleine Sekretär. »Aber ihr Meteller wart ja Sulla-Anhänger, oder nicht?«
    »Beachte ihn nicht«, sagte Rufus freundlich. »Er ist der Sohn eines Freigelassenen, und das Volk war bis zum letzten Mann marianisch. Aber mal im Ernst, wann wechselt das Prokonsulat für Gallien?«
    »Einer der beiden Konsuln des nächsten Jahres wird die Provinz über nehmen«, sagte ich, »was bedeutet, daß irgendein wohlmeinender Tölpel zur Stelle sein wird, wenn die Gallier sich eines Tages doch erheben und jeden römischen Bürger töten, den sie in die Finger kriegen.« Wenn ich gewußt hätte, was sich in jenem Jahr in Rom ereignete, wäre ich bei weitem besorgter gewesen. Uns stand etwas bevor, das weit schlimmer war als ein unbedeutendes militärisches Fiasko in Gallien. Aber ich lebte, wie ganz Rom, in seliger Unwissenheit.
    »Und was ist mit Ägypten?« wollte ich wissen. »Es muß doch irgendein Problem geben, sonst hätte der Senat Creticus nicht aus dem fernen Gallien hierher beordert.«
    »Die Lage ist wie üblich ein einziges Chaos«, erklärte Rufus mir. »Ptolemaios ist der letzte lebende männliche Erwachsene seiner Linie. Die Frage seiner Nachfolge wird immer dringender, weil er sich über kurz oder lang zu Tode trinken wird und wir einen Erben auftreiben müssen, den wir unterstützen können, wenn wir nicht einen ausgewachsenen Bürgerkrieg riskieren wollen, der uns etliche Jahre und Legionen kosten könnte.«
    »Wer sind die Bewerber?« fragte ich.
    »Es gibt nur einen, wenige Monate alt und kränklich dazu«, sagte der Sekretär.
    »Laß mich raten, sein Name ist Ptolemaios?« Der einzige andere Name, den sie verwendeten, war Alexander. »Wie bist du bloß darauf gekommen?« sagte Rufus. »Ja, ein weiterer kleiner Ptolemaios, und einer, der sich, wie es aussieht, auf eine lange Minderjährigkeit gefaßt machen muß.«
    »Und Prinzessinnen?« fragte ich. Die Frauen dieser Linie waren in aller Regel intelligenter und durchsetzungsfähiger als die Männer.
    »Drei«, sagte Rufus. »Berenike ist etwa zwanzig und die Favoritin des Königs. Dann gibt es noch die kleine Kleopatra, aber sie kann kaum älter als zehn sein, sowie Arsinoe, die ungefähr acht ist.«
    »Keine Selene in dieser Generation?« fragte ich. Das war der einzige weitere Name, den man ptolemäischen Töchtern gab.
    »Doch, aber sie ist gestorben«, sagte Rufus. »Wenn keine weiteren Mädchen geboren werden, wird der kleine Ptolemaios wahrscheinlich Kleopatra heiraten, wenn sie so lange leben sollte. Es gibt bereits eine Fraktion bei Hof, die sie unterstützt.«
    Die Ptolemäer hatten vor langer Zeit die seltsame ägyptische Sitte übernommen, ihre Schwestern zu heiraten.
    »Andererseits«, sagte der Sekretär, »sollte der König in absehbarer Zeit ins Gras beißen, würde Berenike wahrscheinlich den Säugling heiraten und als Regentin herrschen.«
    »Wäre das so übel?« fragte ich. »Im großen und ganzen haben sich die Berenikes und Kleopatras doch als ganz fähiger Haufen erwiesen, selbst wenn ihre Männer indiskutabel waren.«
    »Die hier ist ein Spatzenhirn«, sagte Rufus. »Sie verfällt jedem verabscheuungswürdigen ausländischen Kult, der neu in die Stadt kommt. Letztes Jahr gab es eine Renaissance des Babylonischen, und sie verschrieb sich irgendeinem orientalischen Monster mit einem Adlerkopf, als ob die einheimischen Götter nicht schon ekelhaft genug wären. Ich glaube, das ist bereits ausgestanden, aber sie hat bestimmt schon wieder etwas anderes und noch Schrecklicheres gefunden.«
    Bei Hof geht es nie unkompliziert zu, aber das wurde ja immer trister. »Und wer unterstützt Berenike?«
    »Die meisten Hofeunuchen stehen auf ihrer Seite«, sagte Rufus. »Die Satrapen der verschiedenen Nomoi sind uneins, einige von ihnen würden die Ptolemäer am liebsten ganz loswerden. Sie gebärden sich selbst wie kleine Könige auf ihren Gütern, haben Privatarmeen und so weiter.«
    »Wir sollen also jemanden ausgucken, den wir unterstützen wollen. Dann kann der Senat seinen Segen geben, und wir haben eine verfassungsgemäße Rechtfertigung, wenn wir zugunsten unseres ausgewählten Erben intervenieren müssen,« sagte ich und seufzte dann vernehmlich. »Warum annektieren wir das Land nicht einfach? Ein vernünftiger
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