Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mörder aus dem Schauerwald

Der Mörder aus dem Schauerwald

Titel: Der Mörder aus dem Schauerwald
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
die letzte,
der ich zutraue, daß ihr Feeling (Gefühl) total ausrastet. Wer kann es
besser als wir beurteilen: Sie ist nicht nur das hübscheste Mädchen weit und
breit, sondern auch das intelligenteste und vernünftigste.“
    „Im allgemeinen“, rief Klößchen, „geht
sowas selten zusammen. Bei den Mädchen denkt sich die Natur: entweder oder!“
    „Ein Glück“, lachte Karl, „daß da die
Jungs besser dran sind. Du, Willi, vereinst alles in dir.“

    „Der Hübscheste bin ich nicht“, räumte
Klößchen ein.
    „Aber die Vernunft weist mir den Weg.
Von mir kriegt kein Mörder einen Steppmantel, eine Decke und Apotheken-Medizin.“
    Wir schwatzen, dachte Tim. Wir
mutmaßen, wissen nichts. Wenn Gaby einem entflohenen Mörder Gutes tut, muß der
Grund dafür wie ein Berg sein: unübersehbar und von schwerstem Gewicht.
    Der Anführer der TKKG-Bande war
gespannt. Was kam auf sie zu?

4. Scharfer Blick nach links
     
    „Zero, Platz!“
    Der riesige Mastiff gehorchte.
    Hechelnd ließ er sich auf die
Hinterläufe nieder. Die blutunterlaufenen Augen richteten sich auf seinen
Herrn.
    Norbert Jokel ließ den Daumen auf dem
Elektronic-Impuls-Sender, einem kleinen Gerät.
    Es sah aus wie die Fernbedienung, mit
der man Modell-Flugzeuge steuert.
    Funken sprühten aus der verbogenen
Antenne des Empfangsgeräts, das dem Hund aufgeschnallt war.
    Jokel näherte sich vorsichtig.
    In der linken Hand hielt er die
zusammengerollte Wurstscheibe.
    Sie umschloß eine bohnengroße Kapsel,
in der sich ein Psychopharmakon (Arzneimittel, das Gemüt und Seelenleben
beinflußt und steuert) befand.
    Kaufen konnte man das nirgendwo.
    Jokel selbst hatte es hergestellt — für
den Eigenverbrauch. Benannt war es AW-Droge. Das AW war die Abkürzung für
Anti-Wut.
    Außerdem hatte Jokel sich die W-Droge
zusammengemixt — die Wut-Droge.
    Gift und Gegengift also. Er kannte die
chemische Formel für beides.
    Zero schluckte den Wurst-Happen.
    Schon nach Sekunden würde sich die
Kapsel in seinem Magen auflösen.
    Der riesige Hund legte sich bäuchlings,
gähnte und bettete den Schädel auf die Pfoten.
    „Brav!“ lobte Jokel und verschoß einen
blitzschnellen Blick aus den Augenwinkeln nach links.
    Das hatte nichts zu bedeuten.
    Auch links der schmalen Forststraße,
die durch den Schauer-Wald führt, standen nur Bäume: Fichten und Eichen; und
auf einigen Zweigen wippten Meisen, wobei sie das Gefieder plusterten gegen
Kälte und Schnee.
    Alle sechs bis sieben Sekunden blickte
Jokel scharf und feurig — wie er glaubte — nach links. Immer ohne den Kopf zu
drehen, immer aus den Augenwinkeln. Eine Gewohnheit. Warum nicht. Er hatte noch
ganz andere drauf, die weit weniger harmlos waren. Nach rechts blickte er nur,
wenn es sich gar nicht vermeiden ließ. An der Ampel, zum Beispiel. Aber auch dann
nur ungern. Falls er eines Tages einen Zusammenstoß verursachte, würde es ihn
garantiert auf der rechten Seite erwischen.
    „Brav, Zero!“
    Er nahm dem Hund das Geschirr ab.
    Zero brummelte.
    Trotz der Phosphor-Farbe wirkte er
jetzt wie ein gemütlicher Bär. Als hätte er sich in Farbe gewälzt statt in
Dreck.
    Der Kastenwagen parkte an einer Eiche.
    Früher war es das Paket-Auslieferungs-Fahrzeug
einer Firma gewesen.
    Jokel hatte es zweifarbig lackiert: die
linke Seite gelb, die rechte grün.
    Er hielt das für eine gute Idee, sagte
sich nämlich, daß ihm — falls er irgendwann mal die Fahrerflucht ergreifen
mußte — daraus nur Vorteile entstehen würden.
    Die eine Hälfte der Zeugen würde
schwören, es sei ein grüner Wagen. Die andere Hälfte würde auf Gelb beharren.
    Mit einem Lappen wischte er Zero ab.
    Die Farbe ließ sich leicht entfernen.
Auch die hatte er selbst angerührt.
    Nach der Reinigung sah Zero wie ein
richtiger Mastiff aus: gewaltig, schön, gutmütig — solange man ihn nicht reizt.
    Die AW-Droge wirkte bereits.
    Das Blut aus Zeros Augen verschwand. Er
blickte jetzt tatsächlich wie ein Bär und wedelte, während ihm sein Herrchen
den Orange-Schaum von den Lefzen wischte.
    Ein Blitz-Blick nach links - Jokel
grinste, warf den Lappen in den Wagen und schritt eine Weile auf der
Forststraße auf und ab.
    Jokel hatte irgendwann in diesem Jahr
seinen 41. Geburtstag gefeiert — ohne sich das genaue Datum zu merken. Als wäre
das wichtig! Er erwog ohnehin, seinen Geburtstag je nach Bedarf zu verlegen.
Immer im selben Monat? Das war doch langweilig auf die Dauer. Außerdem täuschte
man die Umwelt, wenn man mal im Mai, mal im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher