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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal
Autoren: Ken Follett
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und tauchte das Messer hinein.
    Beide warteten schweigend.
    »Scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte Julian nach ein paar Minuten.
    »Nur nicht so eilig.«
    Wieder beobachteten sie.
    »Nein!« rief Julian.
    Die Farbe löste sich auch diesmal in der Flüssigkeit auf.
    »Eine weitere Enttäuschung. Tut mir leid, Jungchen.«
    Moore tat sein Gebiß wieder in den Mund. »Hören Sie mal zu. Eine Fälschung ist eine Fälschung. Von einer Fälschung macht niemand eine Kopie. In diesem Fall hat sich aber jemand die Mühe gemacht, zwei von diesen Dingern anzufertigen. Das läßt mit ziemlicher Sicherheit vermuten, daß irgendwo ein Original existiert. Vielleicht könnten Sie's ja finden. Wollen Sie danach suchen?«
    Julian erhob sich, stand sehr steif. Sein Gesicht spiegelte keinerlei Gefühlsaufwallung mehr wider. Zwar sah er aus wie jemand, der sich geschlagen bekennt; dennoch sprach aus seiner Haltung mehr als nur ein Hauch von Würde - so als sei die Schlacht nicht länger von Wichtigkeit, nachdem er herausgefunden hatte, wie sie verloren worden war.
    »Ich weiß genau, wo sich das Original befindet«, sagte er. »Und es gibt absolut nichts, was ich in diesem Punkt tun könnte.«
    Dee lag in einem Sacksessel, völlig nackt, als Mike in das Apartment am Regent's Park trat und aus seinem Mantel schlüpfte.
    »Sieht sexy aus, finde ich«, sagte sie.
    »Ist doch bloß ein Mantel«, gab er zurück.
    »Mike Arnaz, du bist unerträglich narzistisch.« Sie lachte. »Ich habe das Bild gemeint.«
    Er ließ seinen Mantel auf den Teppich fallen und setzte sich in ihrer Nähe auf den Fußboden. Beide betrachteten das Gemälde an der Wand.
    Die Frauen darauf waren unverkennbare Modigliani-Frauen: Sie hatte lange, schmale Gesichter, die charakteristischen Nasen, den unergründlichen Ausdruck. Doch damit endete auch schon die Ähnlichkeit mit Modiglianis sonstigem Werk.
    Die weiblichen Wesen auf der Leinwand bildeten ein wildes Gewirr von Leibern und Gliedern, worin Teile des Hintergrunds gemischt waren: Handtücher, Blumen, Tische. Bis zu diesem Punkt entsprach es, wenn man so wollte, gewissen Arbeiten Picassos aus jener Zeit, die der Spanier der Öffentlichkeit noch vorenthalten hatte. Ein entscheidender Unterschied hinwiederum bestand in der Farbgebung. Sie war psychedelisch zu nennen: rosa, orange, purpurn und grün, in vielerlei Tönung, jedoch durchweg von großer Klarheit, ja Härte - der Zeitströmung unbedingt zuwider. Die Farbe hatte keinerlei reale Bezüge zu den dargestellten Objekten: Ein Bein konnte grün sein, ein Apfel blau, das Haar einer Frau türkis.
    »Reizt mich nicht«, sagte Mike schließlich. »Nicht auf solche Weise, jedenfalls.« Er drehte sich rum und legte seinen Kopf auf Dees Schenkel. »Dies allerdings tut's.«
    Sie streichelte sein Kraushaar. »Mike, denkst du viel darüber nach?«
    »Nee.« »Aber ich. Ich denke so bei mir, was für ein schreckliches, verachtenswertes, brillantes Gaunerpärchen wir doch sind. Sieh sich einer nur mal an, was wir haben: dieses schöne Gemälde, praktisch umsonst; Material für meine Dissertation; und fünfzigtausend Pfund pro Nase.« Sie kicherte.
    Mike schloß die Augen. »Sicher, Honey.«
    Auch Dee schloß ihre Augen, und beide erinnerten sie sich in diesem Augenblick an eine Bauernschenke in einem italienischen Dorf.

    Dee betrat die Schenke als erste und sah mit Schrecken, daß bereits jener kleinwüchsige, dunkelhaarige Mann dort war, den sie am Morgen auf eine falsche Fährte gesetzt hatten.
    Mike reagierte blitzschnell. Er zischte ihr ins Ohr: »Wenn ich nach draußen verschwinde, halt ihn unbedingt am Quatschen.«
    Dee gewann ihre Fassung zurück und trat zu dem Dunkelhaarigen an den Tisch. »Ich bin überrascht, daß Sie noch immer hier sind«, sagte sie freundlich.
    Der Mann erhob sich. »Darüber bin ich selbst überrascht«, sagte er. »Wollen Sie sich nicht zu mir setzen!«
    Die drei nahmen am Tisch Platz. »Was darf's sein!« fragte der Mann.
    »Ich glaub, diesmal bin ich dran«, sagte Mike. Er wandte sich zum hinteren Teil der Schenke um und rief: »Zwei Whisky, ein Bier.«
    »Mein Name ist übrigens Lipsey.«
    »Ich bin Michael Arnaz, und dies ist Dee Sleign.«
    »Freut mich.« Bei der Nennung des Namens Arnaz stutzte Lipsey kaum merklich.
    Ein weiterer Mann hatte die Schenke betreten. Er blickte zu dem Tisch, an dem die drei saßen.
    Nach kurzem Zögern sagte er: »Ich sah die englischen Nummernschilder. Darf ich mich zu Ihnen gesellen!«
    Er nannte seinen
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