Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
hörte er Sarahs Stimme.
    Als er die Galerie betrat, blieb er abrupt stehen. Die Wände waren leer.
    Cardwell rief: »Komm herein, Julian, und leiste den Trauernden Gesellschaft. Charles hier hat all meine Gemälde fortgenommen, um sie zu verkaufen.«
    Julian trat näher, schüttelte Hände, küßte Sarah. »Ist doch irgendwie ein Schock«, sagte er. »Der Raum sieht so kahl aus.«
    »Nicht wahr«, stimmte Cardwell mit Nachdruck zu. »Aber wir werden uns gleich herrlich vollfressen und die Geschichte vergessen. Oh, entschuldige, Sarah.«
    »Bei mir brauchst du dich wegen deiner Ausdrucksweise nicht zu entschuldigen, das weißt du doch«, sagte Sarah.
    »Oh, mein Gott«, keuchte Julian plötzlich. Er starrte auf das einzige Gemälde, das noch an der Wand hing.
    »Was ist denn?« fragte Lampeth. »Sie sehen ja aus, als hätten Sie ein Gespenst erblickt. Das dort ist nur eine kleine Erwerbung von mir, die ich mitgebracht habe, um sie Ihnen allen zu zeigen. Eine Galerie ohne auch nur ein einziges Gemälde, das ist doch ein Unding.«
    Julian wandte sich ab und trat zum Fenster. Seine Gedanken befanden sich in wildem Aufruhr. Das Bild, das Lampeth mitgebracht hatte, war eine Kopie seines eigenen gefälschten Modigliani.
    Oder nein, umgekehrt: Dieser Mistkerl hatte das Original, während er selbst nichts hatte als eine Kopie. Wut und Haß schnürten ihm die Kehle zu, daß er kaum noch Luft bekam.
    Plötzlich kam ihm eine wilde, verwegene Idee. Rasch drehte er sich um.
    Die anderen betrachteten ihn verwundert, fast ein wenig besorgt.
    Cardwell sagte: »Ich habe Charles erzählt, daß auch du einen neuen Modigliani hast, Julian.«
    Julian zwang sich zu einem Lächeln. »Deshalb ist dies ja auch ein solcher Schock. Es gleicht meinem nämlich aufs Haar.«
    »Allmächtiger!« sagte Lampeth. »Haben Sie es auf seine Echtheit prüfen lassen?«
    »Nein«, log Julian. »Und Sie?«
    »Ich fürchte nein. Meine Güte, ich hab geglaubt, daß es bei diesem keinen Zweifel geben könne.«
    Cardwell sagte: »Nun, einer von euch beiden hat eine Fälschung. Heutzutage scheint es in der Kunstwelt ja mehr Fälschungen als Originale zu geben. Offen gestanden hoffe ich, daß Julians Modigliani der echte ist - in den habe ich nämlich investiert.« Er lachte herzhaft.
    »Sie könnten beide echt sein«, sagte Sarah. »Viele Künstler kopieren sich quasi selbst.«
    Julian fragte Lampeth: »Wo haben Sie ihn her?«
    »Ich habe ihn von einem Mann gekauft, mein junger Freund.«
    Julian begriff, daß er sich in punkto Berufsethos unkorrekt verhalten hatte. »Tut mir leid«, murmelte er.
    Der Butler läutete zum Dinner.
    Samantha war high. Tom hatte ihr das komische flache Blechding gegeben, und sie hatte sechs der blauen Kapseln genommen. Ihr Kopf war berauscht, ihre Nerven vibrierten, und sie fieberte geradezu vor Aufregung.
    Sie saß auf dem Vordersitz des Lieferwagens, eingezwängt zwischen Tom und Eyes Wright. Tom lenkte. Im hinteren Teil befanden sich weitere zwei Männer.
    Tom sagte: »Nicht vergessen - wenn wir sehr leise arbeiten, so müßten wir das Ding durchziehen können, ohne daß einer von denen wach wird. Falls uns aber wer in die Quere kommt, so haltet ihm ein Schießeisen unter die Nase und fesselt ihn. Keinerlei Gewalttätigkeit. Still jetzt, wir sind da.«
    Er schaltete den Motor ab und ließ den Lieferwagen ausrollen. Das Fahrzeug kam unmittelbar vor dem Tor zu Lord Cardwells Haus zum Stehen. Über die Schulter sagte Tom zu den Männern hinten: »Wartet, bis ich euch Bescheid gebe.«
    Samantha und die beiden Männer vorn stiegen aus. Alle drei trugen Strumpfmasken, die sie in die Stirn hochgeschoben hatten: Sollte irgendeiner der Hausbewohner wach werden, so konnten sie blitzschnell ihr Gesicht bedecken.
    Vorsichtig bewegten sie sich auf dem Fahrweg voran. Tom blieb bei einem Loch im Boden stehen und flüsterte Wright zu: »Einbrecheralarm.«
    Wright bückte sich und schob irgendein Werkzeug in eine Öffnung des Deckels, der das Loch bedeckte. Mühelos hob er den Deckel hoch und leuchtete mit einer Taschenlampe hinein. »Kinderspiel«, sagte er.
    Fasziniert sah Samantha zu, wie er sich vorbeugte und mit behandschuhten Händen in ein Gewirr von Drähten griff. Er zog zwei weiße Drähte ein Stück hervor. Aus einer kleinen Werkzeugtasche nahm er einen Draht mit einem Spezialclip an jedem Ende. Die weißen Drähte kamen aus der einen Seite des Lochs und verschwanden in der anderen. Wright befestigte sein Stück Spezialdraht an jenen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher