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Der Modigliani Skandal

Der Modigliani Skandal

Titel: Der Modigliani Skandal
Autoren: Ken Follett
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Farbfernseher wie ein Fremdkörper ausnahm. Es roch nach Katzen und nach Firnis.
    »Na, dann sehen wir's uns mal an.«
    Julian begann das Gemälde auszupacken. Er entfernte die Ledergurte, die Polystyrol-Platten und die Baumwollpolsterung.
    »Bestimmt wieder eine Fälschung«, sagte Moore. »Das einzige, was ich heutzutage zu sehen bekomme, sind Fälschungen. Die gibt's massenhaft. In der Glotze hab ich gesehen, wie all die hohen Kunsthäupter auf so einen pfiffigen Roßtäuscher reingefallen sind. Ich hab mir den Bauch gehalten vor Lachen.«
    Julian reichte ihm das Bild. »Ich glaube, daß Sie dies hier für echt befinden werden«, sagte er. »Ich möchte nur Ihre Bestätigung.«
    Moore nahm das Gemälde, betrachtete es jedoch nicht. »Über eines müssen Sie sich im klaren sein«, sagte er. »Ich kann nicht beweisen, daß ein Gemälde echt ist. Einen solchen Beweis können Sie nur bekommen, wenn Sie den Künstler beim Malen eines Bildes von Anfang bis Ende beobachten, das Gemälde sodann mitnehmen und in ein Safe einschließen. Nur dann können Sie wirklich sicher sein. Allerdings gibt es eine Menge Methoden, mit deren Hilfe sich eine Fälschung vielleicht als solche entlarven läßt, und ich kenne die meisten davon. Aber auch wenn ich nichts Verräterisches entdecken kann, so könnte es durchaus geschehen, daß der Künstler morgen auftaucht und erklärt, er habe das Bild nie gemalt - und dann sitzen Sie sozusagen mit leeren Händen da. Kapiert?«
    »Sicher«, sagte Julian.
    Moore blickte ihn unverwandt an, das Bild, mit der bemalten Fläche nach unten, auf seinen Knien.
    »Nun, werden Sie's prüfen?«
    »Sie haben mich noch nicht bezahlt.«
    »Oh, Verzeihung.« Julian griff in seine Tasche, um das Geld herauszuholen.
    »Zweihundert Pfund.«
    »Richtig.« Julian reichte ihm zwei Geldbündel. Moore begann zu zählen.
    Während Julian zusah, überlegte er, wie klug der alte Mann alles für die letzten Jahre seines Lebens arrangiert hatte. Er lebte allein, in Ruhe und Frieden, hinter sich ein langes Berufsleben als angesehener Experte. Alle Zwänge und Heucheleien Londons konnten ihm buchstäblich gestohlen bleiben. Ab und zu legte er noch immer Proben seines großen Könnens ab, wobei er die Fürsten der Kunstwelt zwang, die mühselige Pilgerfahrt zu seinem Heim auf sich zu nehmen, bevor er ihnen eine Audienz gewährte. Er lebte in Würde und Unabhängigkeit. Julian beneidete ihn.
    Moore war mit dem Geldzählen fertig. Nachlässig warf er die Bündel in eine Schublade. Nun endlich betrachtete er das Bild.
    Er sagte spontan: »Also falls das eine Fälschung ist, ist es eine verdammt gute.«
    »Wie können Sie das so schnell erkennen?«
    »Die Signatur ist genau richtig - nicht zu perfekt. Das ist ein Fehler, den die meisten Fälscher machen - sie reproduzieren die Signatur so exakt, das sie schon nachgemacht aussieht. Diese hier hat freien Fluß.« Er ließ seine Augen über die Leinwand gleiten. »Ungewöhnlich. Gefällt mir. Nun, wollen Sie, daß ich einen chemischen Test vornehme?«
    »Warum nicht?«
    »Weil dadurch das Bild, genaugenommen, lädiert wird. Ich brauche eine Winzigkeit davon. Das kann an einer Stelle vorgenommen werden, die normalerweise unter dem Rahmen verborgen bleibt, aber ich frage immer für den Fall eines Falles.«
    »Machen Sie nur.«
    Moore stand auf. »Kommen Sie mit.« Er führte Julian durch die Diele in die zweite Kate. Hier roch es stärker nach Firnis. »Dies ist das Labor«, sagte Moore.
    Es war ein quadratischer Raum mit einem hölzernen Arbeitstisch an einer Wand. Die Wände waren weiß gestrichen, die Fenster größer als in der anderen Kate. Von der Decke hing eine Leuchtstofflampe herab. Auf dem Arbeitstisch stand eine Anzahl alter Farbdosen, die rätselhafte Flüssigkeiten zu enthalten schienen.
    Mit einem raschen Griff nahm Moore sein falsches Gebiß aus dem Mund und ließ es in einen Plastikbecher fallen. »Stört mich bei der Arbeit«, erklärte er.
    Er setzte sich an den Tisch, legte das Bild flach auf die Platte und begann, den Rahmen zu entfernen. »Was Sie betrifft, junger Freund, hab ich da so ein Gefühl«, sagte er, während er arbeitete. »Ich glaub, Sie sind wie ich. Die akzeptieren Sie nicht als einen der ihren, stimmt's?«
    Julian musterte ihn verblüfft. »Da haben Sie wohl recht.«
    »Wissen Sie, ich habe über die Malerei immer mehr gewußt als die Leute, für die ich gearbeitet habe. Sie machten sich zwar meine Fachkenntnisse zunutze, aber wirklich respektiert
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