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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot
Autoren: Thomas Raab
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Gesicht.
    „Und, was machst du da, dich beim neuen Präsidenten um eine neue Stelle bewerben?“
    „Wozu eine neue Stelle? Was gibt es gegen Kommandantin einer Putzbrigade einzuwenden? Abgesehen davon wird sich beim ehemaligen Sportdirektor Heinz Hörmann wenig ändern, außer dass er sich das vielleicht in Zukunft mit dem Einkauf ausländischer Spieler besser überlegt! Obwohl von den Ultras ist ja jetzt nicht mehr viel übrig, was für ein Segen!“
    Und während dem Metzger klar wird, dass sich der Hörmann das bestimmt ganz genau überlegt hat, erklärt die Vymetal den Grund ihres Besuchs.
    „Einen Fototermin für die neue Mitarbeiterseite hab ich gehabt. Viel Lärm um nichts. Hab mich herausgeputzt wie fürs Theater, und dann hat das Geknipse Passfotoniveau!“
    Mittlerweile haben die beiden den Pritschenwagen erreicht, in dem nach wie vor ein aufgeregter Petar Wollnar in einen lähmungsartigen Zustand verfallen ist.
    „Ist das dein Wagen?“, fragt die Vymetal den Metzger.
    „Nein, der gehört meinem Freund Petar, der mir netterweise immer beim Ausliefern behilflich ist.“
    „Das trifft sich gut, mein Wagen ist zwecks Scheinwerferreparatur beim Service, du weißt schon!“, dann steckt die Vymetal den Kopf durchs heruntergelassene Fenster.
    „Dürfte ich mitfahren?“
    So rot ist der Wollnar jetzt geworden, wie ein blutiges Steak, schafft mit Müh und Not einen Blick zu seiner Angebeteten, steigt aus dem Wagen, geht zur Beifahrerseite, öffnet die Tür und meint: „Gerne!“, beschämt über die aufgerissene abgenutzte Sitzbank seines Wagens, heilfroh über den perfekten Sitz seiner Hose.
    „Petar Wollnar!“, setzt er höflich nach und ahnt nicht, was dieses Türaufhalten samt geänderter Hose für Konsequenzen haben wird.

60
    „Ich darf gehen nachhause! Morgen!“, begrüßt eine überglückliche Danjela leicht humpelnd ihren Willibald.
    „Zweimal in Woche ich muss noch kommen wegen Physio und auch Psychostunde. Aber schön langsam ich soll wieder Alltag probieren, Dr. Kundmann hat gesagt!“
    Was ist Alltag, denkt sich der Metzger rückblickend auf die letzten Wochen seines Lebens.
    Edgar hat die Routine seines Gastherrchens begriffen und zeigt die größte Zeit Toleranz; die Topfpflanzen in Danjelas Wohnung mussten sich mittlerweile von jenem Drittel ihrer Mitbewohner verabschieden, die in Anbetracht der neuartigen Pflegegewohnheiten weit weniger Toleranz an den Tag legten als Edgar und folglich eine Umsiedelung in die Biotonne bevorzugten; und der barocke Spieltisch ist zwecks Überbrückungsaufenthalts, samt dieser galaktischen Summe, an seinen ehemaligen Besitzer Otto Weinstadler zurückgegangen, was umgehend die vor Glück euphorisierte Ingeborg Joachim dazu veranlasste, dem Metzger aus Dankbarkeit ihren Tabernakelschrank zu schenken.
    Wenn es um Liebe geht, findet sich immer ein Weg, wie auch Petar Wollnar feststellen durfte. Denn obwohl Zusanne Vymetal und er bisher weder Telefonnummern noch persönliche Daten ausgetauscht haben, waren sie schon dreimal miteinander essen. Zu Mittag, wohlgemerkt, unverfänglich und völlig spontan. Sofern man es als spontan bezeichnen möchte, wenn ein Sportwagen häufig eine längere Route nimmt, nur um mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit durch jene Gasse zu fahren, in der ein Hausmeister seit Neuestem weitaus öfter das Trottoir kehrt als sein Stiegenhaus.
    Langsamkeit ist eine Tugend, weiß der Wollnar, selbst wenn es um die Liebe geht.
    Danjela Djurkovic hat, obwohl sie erst morgen nachhause darf, bereits komplett ihre Sachen gepackt. Der rot-grün karierte Koffer, der seine 25 Jahre stolz zur Schau stellt, steht fix und fertig neben dem Bett. Und genau diesen Koffer wird die Djurkovic, wenn sie morgen strahlend durchs Stiegenhaus dieses Nobelressorts in Richtung ihres Küchentischerls abzischen wird, glücklich und frei all jenen Patientinnen unter die Nase halten, die trotz ihrer stinkreichen Garderobe und gehobenen Arroganz alles andere als ein nobles Äußeres an den Tag legten, denn so eine niedrige Gegengrußprozentrate nach Höflichkeiten mit kroatischem Akzent wie hier herinnen, hat die Danjela noch nie erlebt. Rassismus ist keine Frage der sozialen Stellung.
    Was Alltag sein könnte, vorausblickend auf den kommenden Lebensabschnitt, hat der Metzger für sich längst geklärt.

    Am nächsten Morgen muss Willibald Adrian bereits um sieben Uhr im Spital sein, so wurde ihm das von seiner Danjela aufgetragen.
    Und wie er durch die Zimmertür
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