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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu
Autoren: Franziska Gehm
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Eintrag finden, der auf dich und Murdo zutrifft.« Silvania fuhr die Zeilen mit dem Finger nach und runzelte die Stirn, dann las sie langsam vor: »Mütterliche Liebe ...«
    »Nö«, kam es von der Metallleine.
    »Käufliche Liebe ...«
    Helene sah Silvania fragend an.
    »Die Liebe zu Gott ...«
    »Steht da nichts über die Liebe zu einem Vampir?«, fragte Helene.
    »Blinde Liebe ...«
    Helene schüttelte den Kopf. »Nur leicht hörgeschädigte Liebe.«
    »Innige Liebe ...«
    »Aber wie!«
    »Heimliche Liebe ...«, las Silvania.
    »Und ob!«
    »Unglückliche Liebe.«
    »Leider ja.« Helene seufzte. Sie dachte an ihre innige, heimliche und leider unglückliche Liebe. Sie dachte an Murdo. Murdo war der Sänger der transsilvanischen Band Krypton Krax. Und Murdo war ein Vampir.
    Er war eine Liebe, die man nicht auf dem Schulhof, beim Eisessen oder bei einer Pyjamaparty traf. Jemanden wie Murdo lernte man nur kennen, wenn man sich in das finstere Reich der Vampire wagte. Das hatte Helene getan. Und das kam so:
    Helene Steinbrück war die beste und einzige Freundin der Vampirschwestern Silvania und Daka. Neben Ludo Schwarzer (der beste und einzige Freund der Zwillinge) wusste sie als Einzige von der geheimen, halbvampirischen Identität der Schwestern. Die Schwestern und Ludo wiederum kannten als Einzige Helenes Geheimnis: Sie trug ein kleines Hörgerät am Ohr, da sie bei einem Unfall beinahe ihr Gehör verloren hatte. Und Silvania, Daka und Helene kannten als Einzige Ludos Geheimnis: Er konnte hellsehen (leider nur verschwommen) und zu ihm sprachen Geister (leider oft etwas undeutlich).
    Helene war mit den Schwestern in den Herbstferien nach Transsilvanien gereist. Es waren herrlich unheimliche, gefährliche Ferien gewesen, fand Helene. Doch am schaurig-schönsten war das Date mit Murdo gewesen. Die Vampirschwestern und ihre Eltern fanden das Date allerdings nur schaurig und gar nicht schön. Denn Murdo war nicht nur ein Vampir, sondern ein Transgigant. Die Transgiganten waren eine besonders blutrünstige und aggressive Vampirart. Keiner wusste so recht, ob es bei Murdo Liebe oder nur Appetit war.
    Vor ein paar Tagen waren Transgiganten auf ihren Riesenfledermäusen über Bindburg aufgetaucht. Sie hatten versucht, Helene zu entführen, denn sie duldeten keinerlei Beziehungen zwischen Transgiganten und Menschen. Mit geballten Kräften und Eckzähnen hatten sie es zwar geschafft, die Transgiganten zu vertreiben, aber eins hatte ihnen der Besuch der übergroßen und nimmersatten Vampire dennoch klargemacht: Wollte Helene mit Murdo Kontakt aufnehmen, musste sie sehr vorsichtig und unauffällig vorgehen.
    Silvania blätterte in dem dicken Buch vor und zurück. Sie leckte kurz und elegant ihren Zeigefinger an. Daran steckte ein großer knallroter Ring, der wie ein Bonbon aussah. Einer von Silvanias Milcheckzähnen war im Bonbon eingeschlossen. Sie hatte den Zahn zum Andenken aufgehoben und zum Ring verarbeitet. Silvania las ein Stück, blätterte weiter, las, stutzte, blätterte wieder zurück.
    »Weiß der Ratgeber nun einen Rat bei inniger, heimlicher, unglücklicher Liebe?«, fragte Helene. Sie sah auf ihre gelben Turnschuhe, auf die sie grinsende Totenköpfe gemalt hatte.
    »Wenn ich das alles richtig verstehe, empfehlen die hier Geduld, Zurückhaltung und einen starken Willen. Und sie verweisen auf tragische Liebesgeschichten aus Literatur und Geschichte, wie zum Beispiel Romeo und Julia.«
    »Von denen hab ich schon mal gehört.« Helene stieß mit der Zunge von innen gegen ihre Wange, während sie nachdachte. »Die heiraten am Ende und bekommen Drillinge, stimmt's?«
    »Die bekommen jede Menge Ärger und bringen sich am Ende um.«
    »Oh.«
    Silvania schlug das Buch mit einem lauten Knall zu. Es staubte etwas. »Dein Fall ist einfach zu speziell. Wir müssen nach einer eigenen Lösung suchen.«
    Helene stieß sich mit beiden Beinen vom Boden ab, schaukelte an der Leine und nickte entschlossener, als sie war. »Genau.«
    »Zunächst einmal musst du herausfinden, ob Murdo dein Blut will oder dein Herz. Ich meine, rein symbolisch, Herz ohne Blut, verstehst du?«
    Helene nickte. »Aber wie soll ich das herausfinden, ohne mit ihm zu reden? Und wie soll ich mit ihm in Kontakt treten, ohne dass es seine Eltern oder die Transgiganten merken?« Bei dem Gedanken an die gewaltigen, kräftigen Vampire begann Helenes Unterlippe zu zittern.
    In dem Moment flog die Zimmertür auf. Sie war nicht das Einzige, was flog. Dakaria Tepes flog
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