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Der Marathon-Killer: Thriller

Titel: Der Marathon-Killer: Thriller
Autoren: Jon Stock , Andreas Helweg
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Sprengstoff umgebunden, und das war so dreist, dass es keinem auffiel. Die Beutel waren vermutlich im Gürtel verdrahtet, dachte er. Aber wenn der Mann eine laufende Bombe war, warum hatte er sich nicht längst in die Luft gesprengt? Warum warnte er Marchant, er solle verschwinden? Und wenn sein Ziel der Botschafter war, hätte er problemlos zu ihm aufschließen und ihn mitsamt seinen Babysittern hochgehen lassen können.

    Den letzten Selbstmordattentäter hatte er in Mogadischu erlebt. Sie hatten sich auf dem Markt unterhalten und dabei dicht beieinandergestanden. Dann klingelte ein Telefon. Zweimal. Marchant war um sein Leben gerannt. Den Kopf des Mannes hatte man auf dem Wellblechdach eines benachbarten Cafés gefunden. Der Attentäter hatte nicht sterben wollen, davon war Marchant überzeugt. Hinterher an der Bar in der britischen Botschaft hatte Marchant seinen Johnnie Walker verschüttet, so sehr hatte er gezittert, und er hatte sich wieder und wieder eingeredet, dass der Attentäter nicht hatte sterben wollen. Das erleichterte es, die Sache zu verstehen. Der Mittäter hatte es ebenfalls gewusst, und deshalb hatte er die Bombe gezündet.
    Diesmal musste er mit dem Mann reden, musste herausfinden, um was für einen Zündmechanismus es sich handelte, und hoffen, das Mobilnetz sei zu überlastet für einen Anruf von außen. Wie bei dem Attentäter in Mogadischu handelte es sich bei diesem Mann nicht um einen Freiwilligen. Sicherlich hatte man ihn gezwungen, den Gurt anzulegen. Dieses Vorgehen kam immer häufiger vor: Selbstmordattentäter aus Überzeugung wurden langsam knapp. Vertrau deinem Bauch, hatte sein Vater gesagt.
    »Diese Uhr«, sagte Marchant, »hat die GPS?«
    »Sat-Runner«, antwortete der Mann. Besser, dachte Marchant, viel besser; ein Technikfreak.
    »Nützliches Ding.«
    Der Mann nickte. Dann piepte das GPS. Die beiden sahen zur Uhr. »Bitte, Sie müssen verschwinden«, sagte der Mann zu Marchant. Das waren nicht die Worte eines
Selbstmordattentäters, der hoffte, so viele Menschen wie möglich mit sich in den Tod zu reißen.
    »Warum piept sie?«, fragte Marchant und schätzte das Risiko für sich und für andere ein. Seine Lungen brannten, das erschwerte das Sprechen. »Weil Sie langsamer werden?«, fragte er und versuchte, sich zu erinnern, was Leila ihm erklärt hatte. Er ärgerte sich über sich selbst, weil er nicht richtig zugehört hatte.
    Der Mann nickte. Man hat ihn gezwungen, wiederholte Marchant für sich, und das bedeutete, man könnte es ihm ausreden.
    »Und dann passiert was?« Marchant blickte erneut auf den Gürtel.
    »Können Sie mir helfen?« Sie sahen sich einen Moment lang an und schätzten die Angst in den Augen des anderen ab.
    »Ich kann es versuchen. Wie heißen Sie?«
    »Pradeep.«
    »Laufen Sie einfach weiter, Pradeep. Sie machen das gut. Sehr gut. Bleiben Sie einfach hier. Ich bin gleich zurück.«
    Pradeep warf einen Blick über die Schulter und stolperte, während sich Marchant im Feld zurückfallen ließ und Leila suchte. Er konnte sie nirgendwo entdecken. War er so schnell gelaufen? Er nahm noch etwas Tempo heraus und sah sich alle, die ihn überholten, genau an. Am besten hätte er sie gar nicht allein gelassen, wurde ihm nun klar, inmitten all der vielen Menschen und des Lärms.
    Über ihm kreisten wieder die Hubschrauber in niedriger Höhe, sodass man nichts von der Jazzband hören
konnte, die auf dem Dach eines Pubs spielte. Kinder am Straßenrand jubelten und hielten den Läufern Beutel mit Süßigkeiten hin. Beleibte Frauen vom freiwilligen Rettungsdienst boten an ausgestreckten Händen Vaseline an. Und dann sah er sie, auf der anderen Straßenseite, verdeckt von einer kleinen Gruppe Vereinsläufer. Er wechselte durch den Menschenstrom auf die andere Seite und hätte beinahe einem Läufer auf die Hacken getreten. Seine Beine wurden müde, müder, als sie an diesem Punkt des Laufs hätten sein sollen. Außerdem lechzte er nach Wasser.
    »Leila, wir haben ein Problem«, sagte er atemlos. »Ein großes.«
    »Wo hast du gesteckt? Ich habe dich nicht mehr gesehen.«
    Zwischen einigen Schlucken aus ihrer Trinkflasche erzählte er ihr von dem GPS-Gerät, das irgendwie mit den Beuteln an Pradeeps Bauch verbunden war, die, davon war er jetzt überzeugt, Sprengstoff enthielten - und zwar genug, um Dutzende Menschen zu töten, wenn er in einer dicht gedrängten Gruppe explodierte. Er wusste, wie er sich anhörte: Wie ein ausrangierter Agent, der es den anderen unbedingt
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