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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten
Autoren: Raymond F. Jones
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Kronweld kannst es verstehen. Du hast ihre Welt gesehen. Die Welt des Sandes und der Felsennadel. Sie sind …«
    Am Halleneingang hörte man ein Geräusch. Die alte Frau löschte sofort das Licht und ging von der Tastatur weg. »Hoult!« flüsterte sie.
    Dann war sie verschwunden. Ketan verschloß in aller Eile die Geheimvertäfelung und huschte auf die andere Seite des Karildex. Dort knipste er ein Licht an, das von der Tür aus nicht sichtbar war. Er tat, als lerne er, während die Schritte immer näher kamen.
    »Techniker!« rief eine scharfe Stimme.
    »Ehrerbietung, Sir«, erwiderte Ketan. Sein Herz klopfte. »Ich bin hier.«
    Er eilte um die Maschine herum und ging auf den Mann zu. Weshalb war er hierhergekommen? Ketan spürte, wie seine Pläne zerbröckelten, noch bevor er sie in die Tat umgesetzt hatte. Er wollte jetzt nicht mit dem Mann zusammentreffen.
    »Techniker!«
    »Weisheit, Sir.«
    »Ich kam vorbei und sah die Tür offen, obwohl alles dunkel war. Es kam mir komisch vor, daß um diese Stunde noch jemand Erkundigungen einziehen wollte.« Hoults dunkle Augen musterten Ketan.
    »Es war niemand hier, Sir. Ich arbeitete an einem kleinen Problem. Ich wollte mich gerade fertigmachen.«
    »Das ist gut. Dein Eifer ist lobenswert.«
    Aber Hoults Gedanken waren nicht bei seinen Worten. Ketan bemerkte, wie seine Augen das Dunkel zu durchdringen versuchten. Er konnte doch nichts wissen?
    »In der Stadt erzählt man sich von einer verrückten alten Frau«, fuhr Hoult fort, »die aus ihrer Zelle entkam. Sie war nicht durch Zufall im Karildex?«
    Ketan schüttelte ohne Zögern den Kopf. »Nein, ich habe heute keine alten Leute gesehen. Sie kommen selten her. Das Karildex bedeutet ihnen wenig.«
    Hoult nickte. »Berichte mir sofort, wenn sie hier auftaucht. Weisheit, Techniker!«
    »Weisheit, Sir.«
    Der Mann verschwand langsam im Schatten, und Ketan starrte ihm nach. Weshalb hatte er ihm nichts von der verrückten Alten erzählt, die sich im Schatten der Halle verbarg? Nur, weil sie gedroht hatte, seine Spielereien an der Hauptsteuerung zu verraten?
    Sie hätte die anderen kaum überzeugen können – wenn sie wirklich verrückt war. Sie konnte ihre Beschuldigungen nicht beweisen.
    Aber noch etwas anderes hatte ihn zurückgehalten. Da waren die leeren Indexblätter und die Tatsache, daß sie von seinen Visionen wußte – von der roten Wüste und dem Felsen. Sie hatte es verstanden, ihn aufzurütteln. Ein unsichtbares Band bestand zwischen ihnen. Er mußte erfahren, wer sie war.
    Er ging vorsichtig zurück. Aber sie war nicht mehr da. Sie war wohl ans andere Ende der Maschine geschlichen.
    Und dann sah er sie.
    Ein Schatten löste sich von der Maschine und rannte auf die Tür zu. Sie verschwand in der Nacht, bevor er sie einholen konnte. Zu rufen wagte er nicht. Und es war sinnlos, sie zu verfolgen.
    Aber er wußte, daß sie wiederkommen würde.

 
4
     
    Er schloß endgültig die Tür und ging langsam auf die Straße zu. Es war spät. Hoffentlich hatten ihn Elta und Lehrer Daran noch nicht aufgegeben. Aber das Leben in Kronweld erstarb meist erst bei Aufgang der ersten Sonne.
    In Gedanken versunken hatte er seinen Tagesumhang mitgenommen und wickelte ihn jetzt um sich. Das schwere, bleigefüllte Tuch schützte ihn gegen den Nachtwind. Obwohl es draußen warm war, fror er.
    Weshalb war Hoult so erregt gewesen? Er hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen, aber es war offensichtlich, daß die alte Frau ihn beunruhigte.
    Ketan zuckte mit den Schultern und bog in die Straße ein, die nach Norden führte. Vor ihm war der dichte Vorhang des Großen Randes.
    Immer, seit er vom Geburtstempel gekommen war, fühlte er einen Schauer, wenn er diesen Vorhang der Dunkelheit vor sich sah. Das Unbekannte lockte ihn. Es gab so viele Geheimnisse, die die Sucher von Kronweld nicht lösten.
    Während er in die Dunkelheit starrte, dachte er an Elta. Was würde sie sagen, wenn sie erfuhr, daß er zu Lehrer Daran mußte? Und was würde sie zu seiner Entscheidung sagen? Irgendwie mußte er sie überzeugen …
    Und dann fühlte er einen Schock. Seine Schritte wurden mühsam und ungleichmäßig. Der unendlich dunkle Vorhang vor ihm löste sich auf. Ein rötlicher Schimmer legte sich über das Schwarz, und Ketan schrie unwillkürlich auf.
    Da kam es wieder.
    Wind jagte um seinen Kopf. Sandkörner drangen schmerzhaft durch seine Kleider. Von Horizont zu Horizont nichts als der öde Sand und der Himmel und der Wind. Nichts als die
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