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Der Mann in Schwarz

Der Mann in Schwarz

Titel: Der Mann in Schwarz
Autoren: Wolfgang Ecke
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Haushalt gehörte außerdem noch der sechsundzwanzigjährige Student Jens Oppeln. Er lebte seit drei Jahren bei seinem Onkel.
    Einen Tag nach der Beerdigung teilte der Anwalt des Verstorbenen, Dr. Weise, Jens Oppeln mit, dass der sonst so gewissenhafte Dr. Altenberg kein Testament hinterlassen habe. Da jedoch eine größere Summe Bargeld sowie Wertpapiere und Grundstücke zur Hinterlassenschaft gehörten, müsse man erst einmal nachforschen, ob noch weitere Verwandte existierten. Das brauche Zeit.
    Vierundzwanzig Stunden später betrat Jens Oppeln die Kanzlei des Anwalts und sagte mit spöttischem Lächeln: „Ich habe es einfach nicht glauben wollen, dass mein korrekter Onkel kein Testament hinterlassen hat. Deshalb habe ich noch einmal das ganze Haus auf den Kopf gestellt. Stellen Sie sich vor, Doktor, ich fand das Testament in einem Buch von Gustav Freytag mit dem beziehungsvollen Titel ,SOLL UND HABEN’. Na, was sagen Sie nun?“
    Jens Oppeln griff in seine Tasche und zog einen weißen Umschlag hervor, auf dem maschinengeschrieben ,Mein Testament’ stand. Und bis auf Altenbergs schwungvolle Unterschrift waren die wenigen Sätze auf dem Blatt Papier maschinengeschrieben.

    Dr. Weise las:

    ,Ich, Carsten Altenberg, verfüge hiermit bei bester Gesundheit und im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, dass mein Neffe Jens Oppeln alles Bargeld und allen beweglichen sowie unbeweglichen Besitz erbt. Die Verfügung des Geldes ist mit keinerlei Auflagen verbunden. Carsten Altenberg’

    Der Anwalt senkte das Papier und blickte lange auf seinen Besucher, dem langsam eine leichte Röte in die Wangen stieg. Dann hob der Anwalt das Testament wieder hoch und begann es langsam und sorgfältig zu zerreißen.
    Jens Oppeln starrte entsetzt auf die Hände des Anwalts, sprang auf und rief mit überschnappender Stimme: „Was soll das bedeuten, Doktor?“
    „Ich glaube, das bin ich Ihrem Onkel schuldig. Ich möchte nicht, dass sein Neffe als Urkundenfälscher ins Gefängnis wandert.“
    Für einen Augenblick sah es aus, als wolle sich Jens Oppeln auf den Anwalt stürzen. Dann aber ließ er sich mit hängenden Schultern auf seinen Stuhl zurückfallen, und eine ganze Weile herrschte Totenstille im Raum.
    Endlich, es waren mindestens fünf Minuten vergangen, hob Jens Oppeln den Kopf und blickte dem Anwalt voll ins Gesicht. Man konnte es spüren, wie ihm die Suche nach den passenden Worten Schwierigkeiten machte.
    „Danke, besten Dank, Herr Doktor!“
    Dr. Weise winkte ab: „Wer von uns ist schon ohne Fehler.“ Jens Oppeln richtete sich auf und fragte mit unverhohlener Anerkennung: „Bitte, sagen Sie es mir... Woran haben Sie gemerkt, dass das Testament nicht echt war? An der Unterschrift kann es doch nicht gelegen haben.“
    Dr. Weise überlegte nicht lange: „Es ist ganz einfach, Herr Oppeln, es fehlte etwas, das Ihr rechtschaffener Onkel nie vergessen hätte.“
    Als er den verständnislosen Blick des jungen Mannes sah, sagte er noch: „Denken Sie mal darüber nach. Sicher fällt es Ihnen noch ein.“

    Was war es, was Jens Oppeln in seinem gefälschten Testament vergessen hatte?

Der Tipp

    Ede Schmalwitz — niemand weiß, warum ,Karfunkel’ genannt — hockte in seiner Stammkneipe ,Zum blauen Kakadu’ und starrte trübsinnig in ein halb volles Glas Bier. Doch der Trübsinn sollte sich spätestens in dem Augenblick verflüchtigen, als sich ein Mann an seinen Tisch setzte. „Mensch, Otto, ich denke, du hast zwei Jahre gekriegt?“, rief Karfunkel erstaunt.
    Otto Memmsen nickte: „Stimmt, hatte ich auch. Aber wegen guter Führung haben sie mir ein paar Monate geschenkt... Na, du weißt schon, wie das ist. Man legt eben einfach mal für einige Zeit die Ohren an, sagt ‚Jawohl, Herr Wachtmeister’ und ,Schon recht, Euer Gnaden’, und dann kriegt man eben wegen guter Führung Straferlass...“
    Otto setzte sein Bierglas an und erst wieder ab, als er den Boden des Glases erkannte.
    „Und jetzt? Was machste jetzt?“
    Otto senkte die Stimme: „Ich hab ‘n heißen Tipp, Karfunkel... Bargeld und Klunkerzeug. Haste Lust?“
    Karfunkel war misstrauisch. Und er gab sich auch gar keine Mühe, sein Misstrauen zu verbergen.
    „Warum drehste denn das Ding nicht selber?“
    „Kann nicht. Ich werd doch überwacht.“
    Karfunkel wiegte den Kopf. „Was schätzt du, was bei deinem Tipp zu holen ist?“
    „Alles in allem zehn Mille dürften dabei herausspringen. Sechs für dich, vier für mich!“

    Karfunkel schüttelte den Kopf.
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