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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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verschwommene Aquarelle, welche Technik es auch war, Fairchild beherrschte sie meisterhaft.
    So unterschiedlich wie seine Bilder, war auch seine Meinung über andere Künstler. Während des Essens sprach er so anschaulich über jeden Maler, als könnte er die Jahrhunderte überspringen und habe persönliche Beziehungen zu Raphael, Goya oder Manet unterhalten.
    Seine Theorien waren faszinierend und sein Wissen beeindruckend. Anatoles Künstlerherz fühlte sich angesprochen. Das zweite Ich, der Pragmatiker in ihm, der einen Job zu erledigen hatte, mahnte jedoch zur Vorsicht. Die widersprüchlichen Gefühle bereiteten ihm Unbehagen, und die Reize der ihm gegenübersitzenden Frau machten ihn nervös.
    Er verwünsche McIntyre.
    Trotz des exzentrischen Wesens der beiden Fairchilds versprachen die Wochen, die Anatole in ihrem Hause zubringen würde, interessant zu werden. Er legte durchaus keinen Wert auf Komplikationen, aber er war darauf vorbereitet, falls sie ihm bevorstanden. Zunächst wollte er allerdings nur beobachten und abwarten, bis die Zeit zum Handeln reif war.
    Anatoles Informationen über die Fairchilds waren lückenhaft. Fairchild war etwas über sechzig und seit fast zwanzig Jahren Witwer. Seine Kunst und sein Talent waren Allgemeingut, aber über sein Privatleben war wenig bekannt. Das mochte an seinem Temperament liegen, konnte aber auch Absicht sein. Vielleicht, ging es Anatole durch den Kopf, hatte Fairchild auch nur aus der Not eine Tugend gemacht.
    Über Lara wusste Anatole so gut wie nichts. Bis vor einem Jahr, nach ihrer ersten Ausstellung, hatte sie als Künstlerin kaum von sich reden gemacht. Obwohl die Vernissage ein unvergleichlicher Erfolg gewesen war, hatten sie und ihr Vater sich selten um Publicity bemüht. Ihr Name tauchte häufig in den Klatschkolumnen der Boulevardpresse auf, zum Beispiel, als sie mit dem diesjährigen Tennischampion nach St. Moritz oder mit Hollywoods derzeitigem Golden Boy nach Martinique jettete. Anatole wusste auch, dass sie siebenundzwanzig und unverheiratet war, aber gewiss nicht aus Mangel an Gelegenheit. Sie gehörte zu jenen Frauen, die die Männer umschwärmten wie Motten das Licht. In früheren Jahrhunderten hätte man sich ihretwegen im Duell geschlagen, und an dieser Art Melodrama hätte Lara gewiss ihren Spaß gehabt.
    Die Fairchilds hingegen wussten von Anatole nur das, was ohnehin allgemein bekannt war. Er war der Sohn wohlhabender Eltern, ein Umstand, der es ihm gestattet hatte, sich ganz seinem Talent zu widmen. Seine Karriere begann, als er gerade zwanzig Jahre alt war. Mit zweiunddreißig war er ein anerkannter Künstler. Er lebte in Paris und in der Schweiz, ehe er sich endgültig in den Vereinigten Staaten niederließ.
    Zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Lebensjahr hatte er viel auf Reisen gemalt. Aber immer besaß die Kunst Vorrang vor allem anderen. Dennoch verbarg sich hinter der äußeren Gelassenheit, der praktischen Veranlagung und Weltgewandtheit ein Schuss Abenteuerlust und der Hang zum Risiko. So kam es, dass er sich mit McIntyre eingelassen hatte.
    Er, Anatole, musste nur lernen, richtig mit ihm umzugehen, und er musste lernen, konsequent Nein sagen zu können. Wenn McIntyre das nächste Mal irgendwelche Einfälle hatte, würde er ihn zum Teufel schicken.
    Nach dem Essen zog man sich mit Kaffee und Brandy in den Salonzurück. Anatole schätzte, dass er den Job in etwa zwei Wochen würde erledigen können. Das Gebäude war zwar sehr groß, aber es lebten nur eine Handvoll Leute darin. Nach der Führung würde er sich auskennen. Danach war alles Routine.
    Zufrieden konzentrierte er sich auf Lara. Im Moment gab sie sich als perfekte, sympathische und charmante Gastgeberin, ganz Dame und äußerst gewandt. So entsprach sie dem Typ Frau, der ihm immer gefallen hatte: gepflegt, wohlerzogen, intelligent und schön. Im Zimmer roch es nach Treibhausrosen und verbranntem Holz, und Laras eigenes zartes Fluidum schien mit beiden Düften zu verschmelzen. Anatole begann sich zu entspannen.
    „Warum spielst du uns nicht etwas vor, Lara?“ Fairchild goss Anatole und sich selbst einen zweiten Whisky ein. „Die Musik macht meinen Kopf wieder klar.“
    „Nun gut.“ Lara schenkte Anatole noch ein kleines Lächeln, ehe sie zum anderen Ende des Zimmers ging. Leicht strich sie mit den Fingern über das elegant gebaute Instrument, das er für einen Stutzflügel gehalten hatte.
    Schon nach wenigen Noten bemerkte Anatole seinen Irrtum. Überrascht stellte
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