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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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aber Lara.“ In den sechzig Jahren seines Lebens hatte Fairchild gelernt, wann der Zeitpunkt, klein beizugeben, gekommen war. „Ich muss es wohl vergessen haben.“
    Besser als jeder andere wusste Lara, dass ihr Vater niemals etwas vergaß. „Was führst du im Schilde, Papa?“
    „lm Schilde?“ Er lächelte arglos.
    „Warum hast du ihn ausgerechnet jetzt eingeladen?“
    „Weil ich seine Arbeit bewundere, genau wie du“, setzte er hinzu, da er sah, dass sie die Lippen zusammenkniff. „Er hat mir so einen netten Brief über ‚Scarlet Moon‘ geschrieben, als es im Metropolitan Museum of Arts ausgestellt war.“
    Lara zog die Brauen hoch. „Du lädst doch nicht jeden ein, der deine Arbeit lobt.“
    „Natürlich nicht, mein Kind. Das wäre unmöglich. Man muss … äh, wählerisch sein. Aber ich muss zurück an die Arbeit, solange die Muse mir lächelt.“
    „Dir wird bald zum Weinen sein“, warnte sie ihn. „Papa, wenn du wieder etwas planst, nachdem du versprochen hast …“
    „Lara!“ Sein rundliches Gesicht bebte vor Entrüstung, seine Lippen zitterten. Aber das war nur einer seiner Tricks. „Zweifelst du an den Worten deines Vaters, des Mannes, dem du das Leben verdankst?“
    „Das zieht bei mir nicht.“ Lara verschränkte die Arme vor der Brust.
    Stirnrunzelnd stocherte Fairchild an dem formlosen Tonklumpen herum. „Meine Motive sind vollkommen altruistisch.“
    „Dass ich nicht lache!“
    „Anatole Haines ist ein brillanter junger Künstler. Das hast du selbst gesagt.“
    „Ja, das ist er, und unter anderen Umständen würde ich mich sicher sehr über seine Gesellschaft freuen.“ Lara lehnte sich vor undpackte ihren Vater beim Kinn. „Aber nicht jetzt.“
    „Du bist undankbar“, schalt er sie vorwurfsvoll. „Deine Mutter, der Himmel sei ihrer armen Seele gnädig, wäre sehr enttäuscht von dir.“
    Zähneknirschend stieß Lara hervor: „Und der van Gogh, Papa?“
    „Macht gute Fortschritte“, versicherte er ihr. „Ich brauche nur noch ein paar Tage.“
    Lara war kurz davor, sich die Haare zu raufen. Ihre Schritte wirkten hölzern, als sie an das Erkerfenster trat. „Oh, verdammt!“
    Er wird senil, ging es ihr durch den Kopf. Wie konnte er nur gerade diesen Mann jetzt einladen? Nächste Woche, nächsten Monat, ja, aber jetzt? Anatole Haines, überlegte Lara und schüttelte den Kopf, war ein Mann, der sich nicht zum Narren halten ließ.
    Vom ersten Augenblick an hatte sie gewusst, dass Anatole Haines nicht nur ausgesprochen gut aussah, sondern auch einen scharfen Verstand besaß. Jeder Blick aus den großen braunen Augen spiegelte Intelligenz wider, und der große, schmallippige Mund ließ Entschlossenheit erkennen. Sein Gehabe war vielleicht ein bisschen übertrieben, aber er war gewiss kein Schwächling. Der Instinkt sagte ihr, Anatole Haines konnte eisenhart sein.
    Sie würde gern eine Bronzeskulptur von ihm anfertigen. Die gerade Nase, die markanten Züge des Gesichts… Das Haar, gemessen am Zeitgeschmack vielleicht eine Spur zu lang, hatte fast die Farbe dunkler, polierter Bronze. Sie würde versuchen, die Ausstrahlung von Überheblichkeit und Autorität einzufangen. Aber nicht jetzt!
    Aufseufzend zuckte sie mit den Schultern. Ihr Vater schmunzelte hinter ihrem Rücken. Als sie sich nach ihm umdrehte, fand sie ihn eifrig mit dem Tonklumpen beschäftigt.
    „Er wird bestimmt den Wunsch haben, hier heraufzukommen.“ Lara vergrub die schmutzigen Hände in den Jeanstaschen. Wie eine Mauer stand das Problem vor ihr, und nun musste sie damit fertig werden. Einen beachtlichen Teil ihres Lebens hatte Lara damit zugebracht, das Chaos zu ordnen, das ihr Vater so gedankenlos anrichtete. Und wenn sie ehrlich zu sich war, wollte sie es gar nicht anders. „Es würde merkwürdig aussehen, wenn wir ihm dein Atelier nicht zeigten.“
    „Wir zeigen es ihm morgen.“
    „Er darf den van Gogh nicht sehen.“ Drohend baute Lara sich vor ihrem Vater auf und ließ keinen Zweifel daran, dass sie in diesem Punkt unnachgiebig sein würde, wenn sie sonst auch nachgab. „Du wirst diese Sache nicht noch komplizierter machen, als sie ohnehin schon ist.“
    „Er wird ihn nicht sehen. Warum sollte er?“ Mit großen Augen schaute Fairchild von seiner Arbeit auf „Das hat nichts mit ihm zu tun.“
    Auch wenn es dumm war, Lara fühlte sich erleichtert. Nein, Haines würde das Bild nicht sehen. Ihr Vater mochte zuweilen ein wenig … ungewöhnlich sein, aber leichtsinnig war er nicht. Und das galt auch
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