Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Turm

Der magische Turm

Titel: Der magische Turm
Autoren: Hugh Walker
Vom Netzwerk:
die Sinnlosigkeit seiner jagenden Gedanken bewusst. Dinge, die aus seinem Geist verschwunden waren, hatten auch keine Spuren hinterlassen. Er wusste nichts von ihnen, also würde er sie auch nicht vermissen.
    Aber der Gedanke an ihr Verschwinden war quälend.
    »Gibt es einen Weg, meine Erinnerungen zurückzuholen? Wisst ihr einen Weg?«
    »Nein. Wir sind zu schwach.«
    Unterdrücktes Lachen kam vom jenseitigen Ende des Raumes.
    »Cheek?« rief Mythor. »Cheek! Hörst du mich? Was verlangst du dafür?«
    Aber es kam keine Antwort.
    *
    Mit einemmal wurde ihm das Absurde seines Tuns und seiner Lage bewusst. Statt sich um Erinnerungen zu kümmern, von denen er nicht einmal wusste, ob es sie wirklich gab, sollte er an das Ziel denken und an den Grund seines Hierseins. Der Helm der Gerechten wartete auf ihn, oben, über den Wolken. Bis dahin war es ein weiter Weg.
    Er hatte das erste Stockwerk erklommen und einen leeren Raum vorgefunden.
    Leer bis auf Merwallon, Keethwyn, Oren und Cheek, die Geister, Dämonen oder verlorene Seelen sein mochten, dazu bestimmt, ihn aufzuhalten und außer Gefecht zu setzen.
    Und beinahe wäre es ihnen gelungen!
    Er zweifelte nicht daran, dass sie seine erste Prüfung waren. Er war Zauberei in vielen Formen begegnet. Und oft war sie eine Gauklerin gewesen, die die Sinne täuschte.
    Die Stimmen um ihn schwiegen. Sie mochten da sein oder nur Gaukelei.
    Er durfte nicht länger warten. Wenn er die Wirklichkeit aus den Augen verlor, würde sein Leben nicht viel anders sein als das der Alpträume, die ihn quälten. Und wenn ihm die Hälfte seines Geistes verlorenging, bedeutete es nur, dass er versuchen musste, mit der verbleibenden Hälfte zurechtzukommen.
    Er hätte nicht allein hierherkommen sollen. Er vermochte sich nicht zu erinnern, wo er die Gefährten verloren hatte. Es war auch in diesem Augenblick nicht wichtig. Es war sein Schicksal, die Dinge allein zu tun.
    Er grinste, und es machte ihm Mut. Seine Sinne waren angespannt. Sein Blick wanderte durch den Raum.
    Er berührte die steinernen Wände, den Boden, die Decke. Alles, was seine Finger fanden, waren Stein und Mörtel. Weder seine Augen noch seine Hände fanden einen Ausgang. Das beklemmende Bewusstsein kam über ihn, dass er in eine Falle geraten war.
    Er lauschte, doch er vernahm nichts. Die Stimmen waren verstummt, wenn es sie überhaupt jemals außerhalb seiner Einbildung gegeben hatte.
    »Seid ihr noch da?« fragte er zögernd und kam sich wie ein Narr vor.
    Dass niemand antwortete, erleichterte ihn. Dass er allein war, machte alles ganz klar. Er brauchte auf keine Hilfe zu hoffen. Er selbst war die einzige Macht, die ihn befreien konnte.
    Er wusste nicht, wie viel Zeit er bereits hier verbracht hatte. Die Erinnerungen waren so vage. Doch die schmalen Schießscharten, kaum mehr als Schlitze, zeigten ihm, dass noch Tag war. Wenn erst die Nacht kam, würde es hier so dunkel sein, dass er die Hand nicht mehr vor den Augen sah.
    Er fluchte lautlos beim Namen Quyls, des Gottes der Marn, und beim Namen Erains, eines tainnianischen Gottes. Nach einer Weile fluchte er mit unterdrückter Stimme, und schließlich tat er es lauthals und trommelte mit den Fäusten gegen den Stein, bis sie schmerzten. Es steigerte seinen Grimm so sehr, dass er das Gläserne Schwert hob und gegen die Wand schlug, als habe er einen greifbaren Feind vor sich. Es klirrte wie von Eisen und dröhnte und setzte sich fort wie Echos.
    Verwundert hielt er inne. Das waren nicht Altons klagende Laute, wie er sie im Kampf oft vernommen hatte. Es hatte auch nicht geklungen, als ob das Schwert auf Stein hieb.
    Er hieb erneut, und nun gab es keinen Zweifel: Es klang nach Metall.
    Aufgeregt versuchte er es weiter. Was wie Stein aussah, musste Eisen sein, doch seine Sinne, seine Augen und tastenden Finger wollten es nicht wahrhaben.
    »Die Klinge lässt sich nicht täuschen«, murmelte er.
    Er stand grübelnd und erinnerte sich nach einem Augenblick daran, wie der Turm von außen ausgesehen hatte: glatt und bronzefarben. Und das Feuer hatte ihm nichts anzuhaben vermocht.
    Feuer! Er biss sich auf die Lippen. Aber sosehr er sein Hirn auch zermarterte, er erinnerte sich nicht mehr daran, wie es mit dem Feuer gewesen war. Weshalb es gebrannt hatte.
    Er presste die geballten Hände gegen seine Stirn und ließ sie schließlich hilflos sinken. Aber der Turm war aus Erz, nicht aus Stein.
    Diese Erkenntnis erfüllte ihn mit Triumph. Er war der Wirklichkeit auf der Spur. Vorsichtig das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher