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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug
Autoren: Orson Scott Card
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sicher, wie ein Mann das Land pflügen und bepflanzen muß, das Gott ihm gab, so sicher darf ich diesen schwarzen Schoß nicht brachliegen lassen.
    Hagar, rief er sie in dieser ersten Nacht. Du begreifst nicht, wie ich dich segne.
    Am Morgen schaute er in den Spiegel und erblickte etwas Neues in seinem Gesicht. Eine Art Wildheit. Eine Art schrecklicher, verborgener Kraft. Ah, dachte Cavil, nie hat jemand gesehen, was ich wirklich bin, nicht einmal ich selbst. Erst jetzt entdecke ich, daß das, was der Aufseher ist, auch ich bin.
    Nie empfand er jemals wieder auch nur einen Augenblick des Mitleids, wenn er sich an sein nächtliches Werk machte. Mit einem Eschenstock in der Hand schritt er dann zur Blockhütte der Frauen hinüber und deutete auf jene, die mit ihm kommen mußte. Zögerte eine von ihnen, lehrte der Stock sie schnell, wie teuer dieses Zögern sie zu stehen kommen konnte. Wenn ein anderer Schwarzer, Mann oder Frau, die Stimme zum Protest erhob, sorgte Cavil dafür, daß der Aufseher am nächsten Tag seinen Blutzoll forderte. Kein Weißer erriet, was geschah, und kein Schwarzer wagte es, Cavil deswegen anzuzeigen.
    Das neugekaufte Mädchen, seine Hagar, war die erste, die von ihm empfing. Er beobachtete sie voller Stolz, als ihr Leib zu schwellen begann. Nun wußte Cavil, daß der Aufseher ihn wahrhaftig auserwählt hatte, und er empfand wilde Freude ob solcher Meisterschaft. Bald würde ein Kind das Licht der Welt erblicken, sein Kind. Und schon stand ihm der nächste Schritt klar vor Augen. Wenn sein weißes Blut so viele schwarze Seelen wie möglich retten sollte, dann konnte er seine Mischlingskinder ja nicht zu Hause behalten. Er würde sie in den Süden verkaufen, jedes an einen anderen Käufer, in eine andere Stadt, und darauf vertrauen, daß der Aufseher dafür sorgte, daß sie ihrerseits aufwuchsen und seinen Samen durch die ganze unglückliche Schwarze Rasse verstreuten.
    Und jeden Morgen sah er zu, wie seine Frau frühstückte. »Cavil, mein Liebster«, sagte sie eines Tages, »stimmt irgend etwas nicht? Da ist etwas Dunkles in deinem Gesicht, ein Blick der … des Zorns vielleicht, oder der Grausamkeit. Hast du dich mit jemandem gestritten? Ich hätte ja nichts gesagt, aber du … du erschreckst mich.«
    Zärtlich streichelte er die verkrümmte Hand seiner Frau, während die Schwarze ihn unter schweren Augenlidern beobachtete. »Ich hege keinen Zorn gegen Mann oder Frau«, sagte Cavil sanft. »Und was du Grausamkeit nennst, ist nichts anderes als Selbstbemeisterung. Ach, Dolores, wie kannst du nur in mein Gesicht schauen und mich grausam heißen?«
    Sie begann zu weinen. »Verzeih mir«, rief sie. »Ich habe es mir eingebildet. Du, der gütigste Mann, von dem ich je gehört habe – der Teufel hat mir eine solche Vision eingegeben, jetzt weiß ich es. Der Teufel kann einem Menschen falsche Eindrücke vermitteln, doch nur die Schlechten lassen sich täuschen. Verzeih mir meine Bösartigkeit, mein lieber Gatte!«
    Er verzieh ihr. Doch sie wollte nicht aufhören zu weinen, bis er nach dem Priester geschickt hatte. Kein Wunder, daß der Herr nur Männer als Propheten auserwählte. Frauen waren zu schwach und mitfühlend, um das Werk des Aufsehers zu vollbringen.
    So hat alles begonnen. Das war der erste Schritt auf diesem dunklen und schrecklichen Pfad. Weder Alvin noch Peggy hatten jemals von dieser Geschichte erfahren, bis ich sie hörte und sie ihnen lange danach erzählte, worauf sie sofort erkannten, daß dies der Anfang von allem gewesen war.
    Aber ich möchte nicht, daß ihr glaubt, dies wäre die einzige Ursache all des Bösen gewesen, das in Erscheinung trat, denn das war es nicht. Es wurden auch andere Entscheidungen getroffen, andere Fehler gemacht, andere Lügen erzählt und andere Grausamkeiten bereitwillig begangen. Der Mensch mag viel Unterstützung bei der Suche nach dem kurzen, schnellen Weg bekommen, der in die Hölle führt, doch kein anderer kann ihn dazu zwingen, seinen Fuß darauf zu setzen.

2. Flüchtling
    Peggy erwachte am Morgen aus einem Traum. Sie hatte von Alvin Miller geträumt, der ihr Herz mit allen möglichen schrecklichen Begierden erfüllte. Sie wollte vor diesem Jungen davonlaufen; wollte aber auch bleiben und auf ihn warten; sie wollte ihn vergessen – und ihn dennoch nie aus den Augen verlieren.
    Sie lag mit halb geschlossenen Lidern auf dem Bett und beobachtete, wie sich das graue Licht der Dämmerung in die Dachkammer stahl, in der sie schlief. Ich halte
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