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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug
Autoren: Orson Scott Card
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berührten, und ein leises Zittern überkam ihn. Und doch hatte er ein Gefühl, als tobte in seinem Inneren ein Orkan.
    Wortlos eilte er aus dem Zimmer. Als er das Haus verlassen hatte, griff er wieder nach seinem Psalter.
    Wasche mich rein von meiner Missetat
    und reinige mich von meiner Sünde;
    denn ich erkenne meine Missetat,
    und meine Sünde ist mir immer gewahr.
    Doch selbst als er diese Worte flüsterte, sah er auf und erblickte die Frauen auf dem Felde, wie sie sich am Trog wuschen. Da war das junge Mädchen, das er erst wenige Tage zuvor erstanden hatte, für sechshundert Dollar. Obwohl sie klein war, war sie wahrscheinlich zur Zucht geeignet. Vor so kurzer Zeit erst war sie vom Schiff gekommen, daß sie noch keine Spur christlicher Schamhaftigkeit gelernt hatte. Nackt stand sie da, über den Trog gelehnt, und goß becherweise Wasser über ihren Kopf und ihren Rücken. Cavil stand wie angewurzelt und beobachtete sie. Was im Schlafzimmer seiner Frau zunächst nur ein flüchtiger, böser Gedanke gewesen war, wurde nun zu brennender Lust. Noch nie hatte er etwas so Anmutiges gesehen wie ihre blauschwarzen Schenkel, die gegeneinander rieben, nie etwas so Einladendes wie ihr Zittern, als das Wasser ihr den Leib herabrann.
    War dies die Antwort auf seinen inbrünstigen Psalm? Wollte der Herr ihm damit zeigen, daß es sich mit ihm tatsächlich genauso verhielt wie damals mit Abraham?
    Doch ebensogut konnte es Hexerei sein. Wer konnte schon wissen, was diese gerade erst aus Afrika eingetroffenen Schwarzen alles zu tun verstanden? Sie weiß, daß ich sie beobachte, dachte Cavil, sie führt mich in Versuchung. Diese Schwarzen sind wahrhaftig die Kinder des Satans, daß sie solch sündige Gedanken in mir entfachen.
    Er riß den Blick von dem Mädchen los und verbarg seine brennenden Augen in den Worten des Buches. Nur daß sich irgendwie die Seite gewendet hatte – wann hatte er sie nur umgeblättert? –, so daß er nun im Hohelied Salomos las.
    Deine Brüste sind wie junge Zwillinge
    von Gazellen, die unter den Lilien weiden.
    »Gott steh mir bei«, flüsterte er. »Nimm diesen Zauber von mir!«
    Tag um Tag flüsterte er dasselbe Gebet, und doch ertappte er sich Tag um Tag dabei, wie er seine Sklavinnen mit Begierde betrachtete, vor allem dieses neugekaufte Mädchen. Warum schien Gott ihn nicht zu erhören? War er denn nicht immer ein rechtschaffener Mann gewesen? War er nicht gut zu seiner Frau? War er nicht ehrlich im Geschäft? Entrichtete er nicht den Zehnten und die Opfergaben? Behandelte er seine Sklaven und Pferde denn nicht gut? Warum nahm sich der Herr der Heerscharen dann nicht seiner an und erlöste ihn von diesem Schwarzen Fluch?
    Doch selbst beim Beten verwandelten sich seine Geständnisse in böse Phantasien. O Herr, vergib mir, daß ich daran dachte, wie mein neugekauftes Mädchen in der Tür meines Schlafzimmers steht und ob der Streiche weint, die der Aufseher ihm verabreicht hat. Vergib mir, daß ich mir vorstellte, wie ich sie auf mein Bett legte und ihre Röcke hob, um die Schwielen auf ihren Schenkeln und ihrem Gesäß mit einem lindernden Balsam zu bestreichen, daß sie sanft zu kichern begann und sich langsam auf den Laken wand, mich über die Schulter ansah, lächelte und sich dann umdrehte, um nach mir zu greifen und … O Herr, vergib mir, errette mich!
    Doch immer, wenn dies geschah, konnte er sich nur wundern – warum kommen mir solche Gedanken sogar beim Beten? Vielleicht bin ich doch so rechtschaffen wie Abraham; vielleicht ist es der Herr selbst, der mir diese Begierden schickt. Habe ich denn nicht das erste Mal daran gedacht, als ich in der Schrift las? Der Herr kann Wunder wirken – was, wenn ich in das neugekaufte Mädchen eindringe und sie von mir empfinge, und wenn der Herr ein Wunder wirkte und das Kind als Weißer zur Welt käme? Gott ist nichts unmöglich.
    Dieser Gedanke war wunderbar und schrecklich zugleich. Wenn er doch nur wahr wäre! Doch hatte Abraham die Stimme Gottes vernommen. Er hatte sich niemals darum sorgen müssen, was Gott von ihm verlangen mochte. Zu Cavil Planter aber sprach Gott kein einziges Wort.
    Aber warum nicht? Warum sagte Gott es ihm nicht geradeheraus? Nimm das Mädchen, sie gehört dir! Oder: Rühr sie nicht an, sie ist verbotene Frucht! Herr, laß mich doch nur deine Stimme hören, auf daß ich weiß, was ich zu tun habe!
    Wenn ich rufe zu Dir,
    Herr, mein Fels,
    so schweige doch nicht,
    daß ich nicht, wenn Du schweigst,
    gleich werde
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