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Der Liebhaber meines Mannes

Der Liebhaber meines Mannes

Titel: Der Liebhaber meines Mannes
Autoren: Bethan Roberts
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ich es später, wenn ein Kind in der Klasse frech wurde oder wenn Tom sagte, dass du am Wochenende dran wärst, Patrick. »Ich bin sicher, Tom wird ein guter Koch.«
    Mr Burgess lachte angestrengt, bevor er seinen Stuhl zurückschob und in Richtung Küche brüllte: »Um Himmels willen, wo bleibt der Drink?«
    Tom kam zurück und hielt zwei Flaschen Bier in der Hand. Sein Vater schnappte sich eine, hielt sie Tom vors Gesicht und sagte: »Bravo, du hast deine Mutter aufgeregt.« Dann verließ er das Zimmer, aber statt in die Küche zu gehen und Mrs Burgess zu trösten, wie ich dachte, hörte ich, wie die Haustür knallte.
    »Hast du gehört, was Marion gesagt hat?«, kreischte Sylvie, schnappte sich die zweite Flasche von Tom und rollte sie zwischen den Händen.
    »Das ist meine«, sagte Tom und nahm sie ihr wieder weg.
    »Marion hat gesagt, du wirst ein guter Koch.«
    Mit einer geschickten Drehung des Handgelenks ließ er die Luft aus der Flasche und warf die metallene Verschlusskappe und den Öffner zur Seite. Er nahm ein Glas oben vom Regal und schenkte sich vorsichtig einen halben Liter dunkles Bier ein. »Na so was«, sagte er und hielt sich das Getränk prüfend vors Gesicht, bevor er ein paar Schlucke nahm, »sie hat recht.« Er wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und sah mich an. »Ich bin froh, dass hier jedenfalls einer vernünftig ist«, sagte er und lächelte breit. »Wollte ich dir nicht Schwimmen beibringen?«
    An dem Abend schrieb ich in mein gebundenes schwarzes Notizbuch: »Sein Lächeln ist wie der Herbstmond. Geheimnisvoll. Voller Versprechen.« Ich erinnere mich, dass ich sehr zufrieden damit war. Von da an füllte ich mein Notizbuch jeden Abend mitmeiner Sehnsucht nach Tom. »Lieber Tom«, schrieb ich. Oder manchmal »Liebster Tom«, oder sogar »Geliebter Tom«; den Luxus gönnte ich mir jedoch nicht allzu oft. Meistens hatte ich genug Vergnügen daran, seinen Namen von meiner Hand geschrieben vor mir zu sehen. Damals war ich leicht zufriedenzustellen. Wenn man zum ersten Mal in jemanden verliebt ist, reicht schon sein Name. Einfach nur zu sehen, wie meine Hand Toms Namen schrieb, reichte mir. Fast.
    Ich schrieb über die Ereignisse des Tages, lächerlich ausführlich, blauäugig und romantisch. Ich glaube nicht, dass ich jemals etwas über seinen Körper geschrieben habe, obwohl der mich doch offenbar am meisten beeindruckte. Ich nehme an, ich schrieb über seine edle Nase (die tatsächlich ziemlich flach ist und zerdrückt aussieht) und den tiefen Klang seiner Stimme. Wie du siehst, Patrick, ich war typisch für damals. Ganz typisch.
    Fast drei Jahre schrieb ich mir meine Sehnsucht nach Tom von der Seele und freute mich auf den Tag, an dem er nach Hause kommen und mir Schwimmen beibringen würde.
    Erscheint dir solche Verliebtheit ein bisschen lächerlich, Patrick? Vielleicht nicht. Ich vermute, du kennst besser als irgendjemand sonst Begehren und weißt, dass es stärker wird, wenn es nicht erfüllt wird. Jedes Mal, wenn Tom auf Urlaub zu Hause war, verpasste ich ihn und heute frage ich mich, ob ich das absichtlich tat. Verliebte ich mich nur noch mehr in ihn, indem ich auf seine Rückkehr wartete, nicht den wirklichen Tom sah, sondern über ihn in mein Notizbuch schrieb?
    Während Toms Abwesenheit machte ich mir jedoch Gedanken darüber, dass ich einen Beruf ergreifen musste. Ich erinnere mich an ein Gespräch, das ich gegen Ende meiner Schulzeit, kurz vor den Abschlussprüfungen, mit Miss Monkton, der stellvertretenden Direktorin des Gymnasiums, führte. Sie fragte mich nach meinen Plänenfür die Zukunft. Sie hatte großes Interesse daran, dass Mädchen Pläne für die Zukunft hatten, aber ich wusste schon damals, dass das alles Hirngespinste waren, die nur innerhalb der Schulmauern existierten. Außerhalb zerschlugen sich Pläne, besonders für Mädchen. Miss Monkton hatte für damalige Verhältnisse ziemlich wilde Haare: eine Menge kleiner Locken, silbern gesprenkelt. Ich war mir sicher, dass sie rauchte, denn ihre Haut hatte die Farbe von hellem Tee und ihre Lippen, die sich häufig zu einem spöttischen Lächeln verzogen, hatten diese gespannte Trockenheit. In Miss Monktons Büro verkündete ich, dass ich gerne Lehrerin werden würde. Es war das Einzige, was mir damals einfiel. Es klang besser als zu sagen, ich wollte Sekretärin werden, schien aber nicht völlig absurd wie Schriftstellerin oder Schauspielerin.
    Ich glaube nicht, dass ich das vorher jemandem gestanden
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