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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Autoren: Ruth Rendell
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zurückkamen, nestelte Georgina am Verschluß ihrer unförmigen Handtasche herum.
    »Vielen Dank für das Geschenk, Elizabeth«, sagte Georgina. »Das ist riesig nett von dir.«
    »Keine Ursache, Liebes. Ich habe keine Verwendung mehr dafür.« Zum Abschied küßte Elizabeth sie herzlich auf die Wange.
    Villiers zeigte sich unwirsch. »Wenn ihr endlich ausgeturtelt habt, kommen wir vielleicht heute noch weg.«
     
    »Ich glaube, ich gehe gleich zu Bett«, sagte Quentin. »Ich kann es kaum erwarten, mit dem neuen Buch anzufangen. Möchtest du noch ein Weilchen aufbleiben?«
    »Der Abend ist so wunderschön«, sagte Elizabeth. »Ich glaube, ich mache noch einen Spaziergang im Park, ehe ich schlafen gehe.«
    »Zieh dir aber etwas Warmes über, Liebes. Also dann, gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Liebling.«
    Elizabeth holte sich eine Jacke, dunkelgrün und aus weicher, leichter Angorawolle. Im Mondschein nahm sie den gleichen Farbton an wie die Zypressen in dem italienischen Garten. Die spätblühenden Rosen, eigentlich rosa, aprikosenfarbig und zitronengelb, sahen an diesem Abend alle weiß aus. Über den Rasen zwischen den Rosenbeeten in Sechseck-, Halbkreis- und Rautenform ging sie zu dem gepflasterten Weg, über den sie zwischen Eibenhecken hindurch zu einem Tor in der Ziegelsteinmauer gelangte. Der Rauch von Wills Feuer stieg in einer dünnen grauen Säule empor.
    Elizabeth schloß das Tor auf und trat auf den Grasstreifen hinaus, der unter den überhängenden Zweigen der zum Herrenhaus gehörenden Buchen zwischen der Mauer und der Straße nach Pomfret lag. Als Autoscheinwerfer aufleuchteten und an ihr vorüberglitten, zog sie sich für einen Augenblick in den Schatten des Gartens zurück. Nelleke in dem Mini, auf dem Nachhauseweg von Kingsmarkham. Dann war die Straße wieder leer, nur vom Mond erleuchtet. Elizabeth schloß das Tor hinter sich, überquerte die Straße und schlug einen abzweigenden sandigen Weg ein, der in den Cheriton Forest führte.
    Sobald sie von der Straße aus nicht mehr zu sehen war, setzte sie sich auf einen Baumstamm und wartete. Schließlich steckte sie sich eine Zigarette an, die dritte von den fünfen, die sie an diesem Tag rauchen sollte.
     
    Die Nightingales schliefen in getrennten, zur Auffahrt liegenden Zimmern im ersten Stock von Myfleet Manor. Quentin zog sich aus und schlüpfte rasch ins Bett. Er knipste die Nachttischlampe an und schlug das neue Buch seines Schwagers auf: Der verliebte Wordsworth.
    Wie es seine Gewohnheit bei Villiers’ Büchern war, nahm er sich zuerst voller Stolz und Vergnügen die Lobpreisung des Verlags auf den Verfasser und seine Werke vor, um dann kritisch die Porträtaufnahme seines Schwagers auf der Rückseite des Schutzumschlags zu betrachten. Als nächstes sah er sich der Reihe nach alle Illustrationen an, die Abbildungen der Gemälde von Wordsworth, seiner Schwester Dorothy und das von Stirling Castle aus aufgenommene Foto des werschlungnen Forth<, dem von Wordsworth so geliebten Fluß. Erst dann begann er mit der eigentlichen Lektüre.
    Quentin las wie ein Wissenschaftler, schlug gewissenhaft sämtliche Quellenangaben nach und las jede Fußnote. Gerade war er bei der Begegnung des Dichters mit seiner französischen Geliebten angelangt, als er Schritte auf der Treppe hörte. Kam Elizabeth von ihrem Spaziergang zurück? Doch nein...
    Die Schritte hörten nicht auf, sondern setzten sich immer weiter nach oben fort, bis sie von direkt über ihm kamen. Demnach war es nicht Elizabeth, sondern Nelleke, die im obersten Stock schlief.
    Es war halb zwölf und wurde kühl. Er hatte früher am Abend schon gesagt, ein Hauch von Frost läge in der Luft. Elizabeth würde draußen im Garten frieren. Die Schiebefenster klirrten in den Rahmen, als Wind aufkam. Quentin legte sein Buch beiseite, stand auf und schaute zum Fenster hinaus.
    Der Mond war hinter einer Wolkenbank verschwunden. Er streifte sich seinen Morgenmantel über, öffnete die Schlafzimmertür und blieb verwirrt einen Augenblick stehen, ehe er sich zur Treppe wandte.

2
    Detective Inspector Burden hatte seinen freien Tag. Er lag im Bett bis um neun. Dann stand er auf, badete und machte sich an die Arbeit, die er sich für diesen freien Tag vorgenommen hatte: seinem Bungalow einen neuen Außenanstrich zu geben.
    In der Nacht war ein heftiger Sturm aufgekommen, der Ausläufer eines karibischen Hurrikans, dem die Amerikaner den Namen Caroline gaben. Leitern brauchte Burden keine; die Dachtraufe seines
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