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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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einjagte, aber sie hatte ihm den Maiskolben gegeben und das war doch immerhin etwas. Besser als dieses Wieder-allein-Sein. Er ganz allein, bis zum Horizont. Bei sich begann er ganz, ganz leise zu jammern, ohne jedes Geräusch, nur in seinem Kopf, ohne das leise Rauschen des Regens im Geringsten zu stören.
    Sollte er den Hund je wiedersehen, dachte er sich, könnte er ihn »Einer, der neben dir atmet« nennen, aber die Frau hatte gesagt, Hunde brauchen einen kurzen Namen, und kurz war dieser nicht.

KAPITEL 3
    E s war schon fast dunkel, als die Frau oben auf dem Hügel ankam.
    Dem kleinen Elfen ging das Herz auf.
    Die Frau war außer Atem. Sie ließ sich auf den Boden fallen, in den Schlamm. Der Hund war bei ihr.
    »Es war ein Jäger«, sagte die Frau keuchend. »Mit einem Bogen. Ich habe ihn gesehen. Ich konnte ihn abschütteln.«
    »Oooooooooooh«, sagte der Kleine mächtig beeindruckt. »Liegt er jetzt wie Blätter am Boden?«
    »Aber nein«, erklärte die Frau unwirsch, »es heißt nur, dass ich ihn zurückgelassen habe.«
    »Aaaaaaaaaaah! Jetzt habe ich verstanden«, log der Kleine: Warum konnte in dieser absonderlichen Sprache der Menschen ein und dasselbe Wort zwei verschiedene Bedeutungen haben? Na klar! Ihre Dummheit! Er musste sich immer wieder daran erinnern.
    »Was ist ein Bogen?«, erkundigte er sich.
    Der Hund fing an zu knurren.
    »Halt den Hund fest«, sagte eine Stimme.
    Der kleine Elf begriff, was ein Bogen war: ein gebogener Ast mit einer straff gespannten Schnur daran, um ein Stöckchen mit Eisenspitze auf das Herz der Frau zu richten.
    Der Jäger war noch größer als die Frau, mit dunklen Haaren auf dem Kopf und ums Gesicht, die nach allen Seiten abstanden, und er, ja, er hatte einen Bart. Er trug Kleider, die warm aussahen, wärmer als solche aus Tuch, und am Gürtel eine beeindruckende Sammlung von Dolchen und eine Axt. Er war hinter dem kleinen Elfen aufgetaucht. Während die Frau glaubte, ihn abgeschüttelt zu haben, hatte er durch den Wald einen Bogen geschlagen.
    Er und die Frau standen da und sahen sich an, dann rief die Frau den Hund zurück.
    Der Jäger ließ den Bogen sinken.
    »Ich will nur ein bisschen Feuer. Meins ist mir ausgegangen. Ich will nur meine Glut wieder anzünden. Ich habe gesehen, du hast welches.«
    Die Frau musterte ihn.
    »Sonst nichts?«
    »Sonst nichts.«
    Sie maßen sich noch eine Weile mit Blicken, dann nickte die Frau.
    »Gib ihm das Feuer«, sagte sie. »He du, ich rede mit dir. Gib ihm das Feuer. Wo hast du es hingetan?«
    »Ich habe es da unten versteckt.«
    »Wirklich?«, fragte die Frau. »Gute Idee, wirklich. Wo genau hast du es denn versteckt?«
    »Dort im Teich, im Wasser, so kann es niemand sehen«, sagte der Kleine stolz.
    Es war so schön, gelobt zu werden. Er erinnerte sich, wie Großmutter ihn im Arm hielt und zu ihm sagte, dass er der bravste Elf auf der Welt sei. Ein Glücksgefühl durchströmte ihn, als wenn der Frühlingswind die Wolken verjagte, damals, als es noch einen Frühling gab.
    Vergnügt trottete er den Hügel hinunter. Es hatte aufgehört zu regnen. Ein blassblauer Streifen Himmel zeigte sich zwischen den Wolken und spiegelte sich in dem Teich, wo der Kleine sich nun bückte, um siegesgewiss den Stab mit der Eisenkugel daran hervorzuholen. Wasser lief durch die Löcher heraus.
    Der Mann und die Frau waren ihm gefolgt und sahen ihm wortlos zu. Die Frau setzte sich auf einen Baumstumpf und nahm den Kopf in die Hände.
    »Du hast es ausgemacht«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    »Ja sicher, so lässt es sich leichter verstecken.«
    Mit den Armen deutete er eine Bewegung des Versteckens an.
    Der Schal glitt herunter und man sah seine gelben Kleider.
    »Das ist ja ein Elf«, sagte der Jäger erstaunt.
    »Ja, er ist tatsächlich ein Elf«, bestätigte die Frau tonlos.
    »Willst du dir das Leben absichtlich schwer machen?«, fragte der Mann.
    »Nein, das kommt ganz von selbst auf uns zu, ohne unser Zutun.«
    »Hat er Kräfte?«
    »Nein, er ist eine Art Kind.«
    »Ein Unlängstgeborener«, bestätigte der Kleine.
    Der Mann ließ nicht locker. Er wandte sich an den Kleinen: »Kannst du Feuer machen?«
    »Jaaaaaaa, ich glaube, ja. Ich habe es noch nie gemacht, aber das kann doch jeder.«
    Die Frau hob den Kopf und starrte ihn fassungslos an.
    »Dann mach Feuer«, verlangte der Jäger.
    Seine Stimme war tiefer als die der Frau.
    Der Kleine legte die Hand auf eine trockene Eisenkugel, die der Jäger aus seinem Quersack geholt hatte. Innen drin
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