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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote
Autoren: Michael Connelly
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bedeutete mit der Hand, daß sie fortfahren sollte.
    »Wie lang dauerte diese Beziehung?«
    »Ungefähr ein Jahr.«
    »Ehe?«
    »Nein.«
    »Kam das Thema zur Sprache?«
    »Nein, eigentlich nicht. Nicht explizit.«
    »Haben Sie zusammengelebt?«
    »Manchmal. Wir haben aber beide unsere Häuser behalten.«
    »Ist die Trennung endgültig?«
    »Ich glaube.«
    Indem er es zum erstenmal aussprach, gestand Bosch sich ein, daß Sylvia Moore für immer aus seinem Leben verschwunden war.
    »War die Trennung in gegenseitigem Einverständnis?«
    Er räusperte sich. Er wollte nicht darüber sprechen, aber er wollte es auch hinter sich bringen.
    »Ich schätze, man könnte es gegenseitiges Einverständnis nennen. Allerdings hatte ich keine Ahnung, bis sie die Koffer packte. Drei Monate vorher haben wir uns noch aneinander festgehalten, während das Haus auf dem Fundament hin- und hergeschüttelt wurde. Man könnte sagen, sie hat sich aus dem Staub gemacht, bevor die Nachbeben endeten.«
    »Sie sind immer noch nicht vorbei.«
    »Das war nur so eine Redensart.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Ihre Beziehung wegen des Erdbebens in die Brüche ging?«
    »Nein, das will ich damit nicht sagen. Ich sage nur, daß es damals passiert ist. Gleich danach. Sie ist Lehrerin oben im Valley, und ihre Schule wurde zerstört. Die Schüler wurden auf andere Schulen verteilt und der Bezirk brauchte weniger Lehrkräfte. Man bot den Lehrern an, sich für ein Semester beurlauben zu lassen. Sie nahm die Gelegenheit wahr und fuhr weg.«
    »Hatte sie Angst vor einem anderen Erdbeben oder vor Ihnen?«
    Sie sah ihn absichtlich direkt an.
    »Warum sollte sie vor mir Angst haben?«
    Er war sich bewußt, daß er verunsichert klang.
    »Ich weiß nicht. Ich stelle nur die Fragen. Haben Sie ihr einen Grund gegeben, Angst zu haben?«
    Bosch zögerte. Es war eine Frage, die ihm beim Nachdenken über die Trennung im Grunde nie gekommen war.
    »Wenn Sie es im physischen Sinn meinen, nein. Sie hatte keine Angst, und ich gab ihr keinerlei Grund dazu.«
    Hinojos nickte und machte sich eine Notiz auf dem Block. Es gefiel ihm nicht, daß sie es notierte.
    »Hören Sie, es hat nichts damit zu tun, was letzte Woche auf dem Revier passiert ist.«
    »Warum hat sie Sie verlassen? Was war der wirkliche Grund?«
    Er schaute weg. Er war wütend. So würde es ablaufen. Sie fragte, was sie wollte, und stieß nach, wo es eine Lücke in seinem Panzer gab.
    »Ich weiß nicht.«
    »Das ist keine akzeptable Antwort. Ich glaube, Sie wissen oder vermuten, warum sie wegging. Es kann nicht anders sein.«
    »Sie hat herausgefunden, wer ich war.«
    »Sie hat herausgefunden, wer Sie waren. Was bedeutet das?«
    »Das müssen Sie sie fragen. Sie hat es gesagt. Aber sie ist in Venedig. In Italien.«
    »Was glauben Sie denn, was sie damit meinte?«
    »Es kommt nicht darauf an, was ich glaube. Sie ist diejenige, die es gesagt hat und die gegangen ist.«
    »Wehren Sie sich nicht so gegen mich, Detective Bosch. Ich wünsche mir nichts lieber, als daß Sie wieder Ihre Arbeit machen können. Wie ich sagte, das ist meine Mission: Sie wieder an Ihren Arbeitsplatz zu schicken, falls das möglich ist. Aber Sie machen es mir schwer, sehr schwer.«
    »Vielleicht ist es das, was sie herausfand. Vielleicht bin ich so.«
    »Ich zweifle, daß es so einfach ist.«
    »Manchmal glaube ich das aber.«
    Sie sah auf ihre Uhr und beugte sich nach vorne. Die Frustration über die Sitzung stand ihr im Gesicht geschrieben.
    »Okay, Detective. Ich verstehe, wie unbehaglich Sie sich fühlen. Machen wir weiter. Aber ich fürchte, wir werden auf dieses Thema zurückkommen müssen. Ich möchte, daß Sie darüber nachdenken. Versuchen Sie Ihre Gefühle zu verbalisieren.«
    Sie wartete darauf, daß er etwas sagte. Er sagte jedoch nichts.
    »Versuchen wir darüber zu reden, was sich letzte Woche ereignet hat. Meines Wissens ging es um den Fall eines Prostituiertenmordes.«
    »Ja.«
    »War er brutal?«
    »Das ist bloß ein Wort. Es bedeutet für jeden etwas anderes.«
    »Stimmt. Aber gemäß Ihrem Verständnis: War es ein brutaler Mord?«
    »Ja, er war brutal. Meiner Ansicht nach sind es die meisten. Jemand stirbt. Das ist brutal. Für das Opfer.«
    »Und Sie haben den Verdächtigen verhaftet?«
    »Ja, mein Partner und ich. Das heißt nein. Er kam freiwillig aufs Revier, um Fragen zu beantworten.«
    »Hat Sie dieser Fall mehr betroffen als – sagen wir – andere Fälle in der Vergangenheit?«
    »Vielleicht, ich weiß
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