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DER LETZTE BESUCHER

DER LETZTE BESUCHER

Titel: DER LETZTE BESUCHER
Autoren: Chris Böhm
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, an der auch der Geschäftsführer tei l nahm , hatte sich endlos hi n gezogen . Aber schließlich hatte sie die Kunden doch mit ihrer Präsentation überzeugen kö n nen. Der Auftrag war so gut wie sicher, und nur das allein zählte. Nun schnell noch die Post du rchsehen, dazu war sie heute Vormittag nicht mehr g e kommen. Sie nahm ihren Poststapel aus dem Eingang s korb , blätterte ihn kurz durch und seufzte. Sie konnte sich einfach nicht mehr konzentr i eren. Der mis s glückte Besuch bei Helen in der Mittagspause ging ihr nicht aus dem Kopf. I hre Helen, die freundliche, stets hilf s bereite Kollegin und Freundin, die sie seit bald fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte, bevor sie sich neulich z ufällig am Käsestand in der Kleinmarkthalle b e gegnet waren. Was war bloß mit ihr passiert?
     
    Sabine hatte die schmale unauffällige Gestalt, die mit eil i gen Schritten fast in sie hineingelaufen wäre, zuerst kaum wieder erkannt. Dünn war sie geworden, u n geschminkt, die Haare lang und strähnig, eine riesengroße Sonnenbrille ve r deckte ihre Augen. Sie, die früher so viel Wert auf i hr Äußeres g e legt hatte und nie aus dem Haus gegangen war, ohne vorher ihr Make-up zu kontrollieren, wirkte jetzt nachlässig, fast u n gepflegt .
    Komisch, Helen war unter ihrer Brille leichenblass g e worden, als sie hochblickte und Sabine erkannte . Fast hatte es den Anschein, als wolle sie vor ihr flüchten. Aber das war sicherlich ein Ir r tum, denn als sie sich nach kurzem Zögern um den Hals fielen, hatte sie gelächelt und sofort angefa n gen, auf Sabine einzureden. Ob sie immer noch in der alten Agentur a r beite? Ob sie noch mit ihrem Freund – wie hieß er doch gleich – z usammen sei oder inzwischen gar verhe i ratet , wo sie jetzt wohne und vieles mehr. Sie ließ Sabine kaum zu Wort kommen und stellte pausenlos immer neue Fragen.
    Als der Fragestrom endlich verebbte, waren beide ein bisschen verlegen gewesen. Sabine hätte gern mehr über Helens Leben erfahren. Seit wann war sie wieder in Frankfurt? Warum hatte sie bloß damals so Hals über Kopf nach dem Urlaub gekündigt? Musste wohl die ganz große Liebe g e wesen sein, die sie da im Urlaub getroffen hatte. Aber dass sie gar nicht mehr zurück nach Frankfurt g e kommen war, einfach ihren Job au f gegeben und sich nicht einmal von ihren Freunden ve r abschiedet hatte, das war schon sehr merkwürdig g e wesen. Ja, und wohin war Helen überhaupt damals g e gangen?
    Sie erinnerte sich, dass Monate später jemand erzählt hatte , Helen hätte im Urlaub geheiratet, irgen d einen Banker, und lebe jetzt in Hamburg. Nicht einmal eine Hochzeit s anzeige hatte sie den ehemaligen Kollegen g e schickt. Irgendwann hatte dann das Gerücht die Runde gemacht, Helen hätte eine Fehlgeburt gehabt. Das musste im ve r gangenen Jahr g e wesen sein .
    Irgendwie war es Sabine dann doch noch gelungen, ein paar Fragen loszuwerden:
    „Wie geht´s dir denn überhaupt ? Wo hast du all die Jahre gesteckt? Stimmt es, dass du damals nach Hamburg g e gangen bist?“
    „Ja, stimmt.“ lautete die einsilbige Antwort.
    „ Und s eit wann bist du wieder in Frankfurt?“
    „Och, schon fast zwei Jahre . “
    Es war ganz offensichtlich gewesen , dass Helen die Fragen unangenehm waren.
    „Arbeitest du wieder, oder habt ihr Kinder?“
    Noch während sie die Frage stellte, hatte Sabine g e merkt , wie sich Helens Gesicht ve r schloss. 
    „ Gut geht es mir. Na klar, es geht mir prima. Nein, arbeiten tue ich im Augenblick nicht. Mein Mann ve r dient ja genug . “
    Also keine Kinder.
    Es hatte Sabine sehr irritiert, wie nervös die andere in kurzen A b ständen immer wieder auf ihre Uhr sah. 
    „Es ist schon spät, deshalb bin ich leider ziemlich in Eile. “ Offensichtlich hatte Helen den forschenden Blick der Freundin bemerkt und wollte weiteren Fragen aus dem Weg gehen .
    „ War schön, dich wiederzusehen“, und hastig fügte sie noch hinzu : „ Sei nicht böse, ich muss jetzt we i ter . M ein Mann wartet nicht gerne.“
    Aber Sabine hatte nicht lockergelassen : „ Gib mir wenigstens deine Adresse und deine Telefo n nummer, damit ich dich anrufen oder mal besuchen kann. Was meinst du, wollen wir uns nicht ab und zu wieder treffen? Zum Klönen, w ie in alten Zeiten? Wie heißt du jetzt eigen t lich?“
    „Ich heiße immer noch Bergmann, wir haben unsere Namen beide behalten. “
    Helen hatte umständlich in ihrer Handtasche gekramt und einen Stift heraus gezogen , mit dem sie schnell
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