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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier
Autoren: Horst Bosetzky
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folgen. Beide blieben unverletzt. Die anderen setzten über die Mauer und stürmten in das Gehöft neben der Mühle. Schnell war Pech gefunden, und Fackeln flammten auf.
    »Steckt die Tür in Brand und schleudert die Fackeln aufs Dach!« kam der Befehl. David von Grodno war wütend, daß sie hier so lange aufgehalten wurden. »Ihr Grab soll es werden!«
    Bald waren die Eingeschlossenen von Rauch und Flammen eingehüllt, sie husteten und schrien, am schlimmsten aber wurde es, als das Gebälk auf sie niederzukrachen begann.
    »Das schöne Weib!« rief Vitjanis. »So geht es mir verloren.«
    »Mir auch!« Mindaugas setzte an, die Tür mit seiner Axt zu spalten. »Ich will sie retten.«
    »Nein, ich!«
    Vitjanis rang mit ihm, doch schließlich machten beide gemeinsame Sache und schafften es auch, sich hineinzukämpfen in die brennende Mühle und nach der Rehbock-Tochter zu suchen.
    »Da sind sie!« Mindaugas riß den anderen mit. »An den Mühlsteinen da.«
    Im dichten Qualm war die Mutter, die beiden Töchter an sich gepreßt, niedergesunken. Die Mägde waren allesamt erstickt und im Feuer verbrannt, während die Knechte, der Dorfschulze und Kerstian sich mit letzter Kraft den Weg ins Freie zu erkämpfen suchten. Vitjanis und Mindaugas wichen zur Seite und ließen sie vorbei.
    Vitjanis zeigte auf die Rehbock-Töchter. »Du die eine, ich die andere.«
    Als man ihr die beiden Töchter entriß, schlug auch Katharina Rehbock die Augen wieder auf, und die Angst um sie gab ihr die Kraft, auf den Knien ins Freie zu rutschen.
    Das Bild, das sich Adela vor der Mühle bot, konnte schrecklicher nicht sein. Die Soldaten hatten Kerstian, den neuen Müller, den Dorfschulzen und die Knechte, so wie sie herausgetaumelt kamen, mit ihren Schwertern in Stücke gehauen. Als sie nun die drei Frauen erblickten, jubelten sie in Erwartung neuer Freuden.
    Doch Vitjanis stieß sie zurück, als sie Agnes packen wollten.
    »Die hier nicht, die gehört mir!« schrie er.
    »Nein, mir!« Mindaugas versuchte, Agnes von ihm wegzureißen.
    Die anderen grölten so laut, daß es bis zur Oder schallte. Bald waren Vitjanis und Mindaugas soweit, daß sie mit den Schwertern aufeinander losgingen. Agnes wurde inzwischen losgerissen von Mutter und Schwester und ein wenig abseits festgehalten.
    David von Grodno sah dem Zweikampf um Agnes zu, bis seine beiden Soldaten drauf und dran waren, sich gegenseitig umzubringen.
    »Aufhören!« brüllte er, und selbstverständlich gehorchten sie, denn er war ein Riese und ihnen überlegen in allem.
    »Sie gehört mir, denn ich habe sie als erster gesehen!« rief Vitjanis.
    »Nein mir!« fiel Mindaugas ein. »Denn ich habe sie in der brennenden Mühle als erster entdeckt.«
    »Beim Perkunos, ich bringe jeden um, der sie mir wieder nehmen will!«
    »Beim Pekollos, ich hacke dich in Stücke, wenn du sie mir nicht lassen willst!«
    Sie machten Anstalten, wieder aufeinander loszugehen. Da riß David von Grodno das Schwert heraus und fuhr dazwischen. »Halt! Ich weiß genug. Beide seid ihr gute Kämpfer, und beide habt ihr gleiches Recht.«
    Sie schauten ihren Feldherrn verdutzt an und konnten nicht begreifen, wie das denn gehen sollte. Doch ehe sie ihn fragen konnten, hatte er schon sein Schwert erhoben, und es sauste nieder auf Agnes.
    »Vitjanis und Mindaugas, da: Nehmt jeder euren Teil!« rief er den beiden zu. »Besser ist es, ein Weib als zwei meiner besten Krieger zu entzweien!«

 

    KAPITEL 4
    1325 – Berlin und Cölln
    L eah fragte ihren Vater, ob das große Gebäude am Oderberger Tor ein Schloß sei, wo ein König drin wohne.
    Baruch zögerte ein wenig mit der Antwort, da er sich unschlüssig war, was einer Fünfjährigen an Informationen alles zuzumuten war. »Nun … Man nennt es das Hohe Haus, und es wohnt kein König drin, sondern nur der Markgraf Ludwig. Wenn er denn mal da ist.«
    »Warum ist er denn nicht da?«
    »Eigentlich wohnt er weit weg von hier.«
    »Da, wo wir herkommen?« fragte die Kleine.
    »Nein, in München, in Bayern bei den Wittelsbachern.«
    Leah wollte noch immer keine Ruhe geben. »Und hat der Markgraf Ludwig das große Haus gebaut?«
    »Nein, das war der Markgraf Waldemar, der uns hier in Berlin aufgenommen hat. Dafür mußten wir aber sehr viel Geld bezahlen.«
    »Warum denn?« bohrte Leah weiter.
    »Damit uns die Gojim in Frieden lassen.«
    Beide betrachteten den Bau, der aus Tempelhofer Backsteinen errichtet worden war und die Form eines nach vorn offenen Rechtecks hatte. Das Gebäude
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