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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier
Autoren: Horst Bosetzky
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Tirol
    A vignon, die Stadt, in der Papst Johannes XXII. seit dem Jahr 1316 residierte, war in einer anderen Welt als Brandenburg gelegen, und dennoch entschied sich für viele tausend Männer, Frauen und Kinder der Mark das Schicksal hier am Ufer der Rhone.
    Ein Minoritenpriester beugte sich zum Papst hinüber. »Ich habe Ludwig in Mailand mit Matteo Visconti zusammen gesehen …«
    »Er ist damit selber ein Ketzer, und der Bann wird ihn treffen.«
    Jedesmal, wenn Papst Johannes an die Wittelsbacher dachte, verließ ihn die gute Laune. Und das seit 1322, als Ludwig IV. der Bayer in der Schlacht bei Mühldorf über seinen Favoriten triumphiert hatte, Friedrich von Österreich, auch er mit dem Anspruch angetreten, Römischer König und Kaiser zu sein. Nun, zwei Jahre später, hatten sich die Dinge weiter zugespitzt. Der Papst winkte einen Vertrauten herbei.
    »So darf es nicht weitergehen. Die Entscheidung über die Thronfolge im Reich ist und bleibt päpstliches Recht. Die Wittelsbacher werden exkommuniziert, und über das gesamte Reich verhänge ich das Interdikt.«
    Der Vertraute nickte. »Schön, aber das Verbot, Sakramente zu spenden, wird sie nicht sonderlich treffen, sie werden's überall umgehen, ohne daß wir's hindern können. Eine andere Züchtigung könnte schmerzhafter für sie sein … Darf ich Euch raten, Heiliger Vater?«
    »Was ist es?«
    »Ludwigs Sohn – auch ein Ludwig, Ludwig V. – ist jetzt Markgraf von Brandenburg und hat Rudolf von Sachsen und die Anhänger der erloschenen Askanier aus Brandenburg verdrängt.«
    »Und?« Johannes XXII. wurde ungeduldig.
    »Da wäre König Ludwig am ehesten zu treffen – in Brandenburg …«
    »Wie das?«
    »Der Bischof Stephan von Lebus ist einer unserer treuesten Brüder – und er könnte zu König Wladislaw Lokietek von Polen reiten und ihn bitten, den Untertanen in der Mark zu zeigen, was es heißt, die päpstlichen Befehle zu mißachten. Wladislaw wird sich mit dem König Gedymin von Litauen verbünden – und beide werden ihre Mission zu unserer Zufriedenheit erfüllen.«
    Zwei litauische Soldaten packten den Priester und schlangen ihm ein dickes Seil um den massigen Körper. Mit überschnappender Stimme rief der Geistliche Gott und alle Heiligen um Hilfe an, doch damit lockte er nur David von Grodno herbei.
    »Halt's Maul!« schrie der grimme Heerführer der Litauer und schlug ihm mit dem flachen Schwert auf den Mund, daß das Blut gewaltig spritzte.
    Das brachte Skirgal auf die Idee, das Orakel zu befragen. Die Litauer wußten, nachdem sie die Neumark gebrandschatzt und verwüstet und über die Oder gesetzt hatten, nicht, ob sie den Sturm auf Prenzlau wagen sollten oder nicht. »Wir können ihn nehmen und sehen, wie das Blut aus ihm gesprungen kommt.«
    »Keine schlechte Idee.« David von Grodno erteilte seine Befehle. »Aber macht schnell, ehe die Hitze unerträglich wird.« Der Juni 1325 war außergewöhnlich heiß und trocken.
    Die beiden Soldaten rückten den gefesselten Geistlichen so zurecht, daß sein Rücken zu Skirgal zeigte, der sein Schwert schon bereithielt. Aber er wartete, bis sich alle seine Soldaten um ihn versammelt hatten. Der Priester schrie und flehte so jämmerlich, daß einer der Soldaten die Nerven verlor, seinen Kopf mit beiden Händen packte und ihn so zurechtstauchte, als wäre er eine Puppe. Im selben Augenblick öffnete Skirgal den Körper des Mannes. Das Blut schoß nicht heraus, es lief nur in zwei schmalen Rinnsalen den Rücken hinab.
    »Es sollten zwei Heerzüge ins Brandenburgische gehen«, sagte Skirgal dies deutend. »Der eine Richtung Frankfurt, der zweite nach Prenzlau zu, das wir nicht um jeden Preis erstürmen sollten.«
    Anselma war so sehr ins Gebet vertieft, daß sie die Äbtissin überhörte, die den Schleier zur Seite gezogen hatte und neben sie getreten war.
    »Die Litauer setzen über die Oder. In einer Stunde sind sie hier!«
    Die junge Nonne drehte sich zu ihr um. »… dein Wille geschehe.«
    Die Oberin hörte aus den Worten Anselmas Ironie heraus. »Wenn die Zeiten andere wären, würde deine Strafe nicht gering ausfallen«, sagte sie.
    Anselma erhob sich. »Solange ich hier bin, seid Ihr gegen mich und zweifelt meine Tugend an. Wenn ich in der Kirche sitze, verhüllt mich ein Schleier und schließt mich ab von allen anderen.«
    »Du störst die Andacht der Leute, die zu uns in die Kirche kommen. Du bist über alle Maßen schön – und du weißt es genau.«
    »Der Herr hat mich geschaffen,
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