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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home
Autoren: Danielle Steel
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sich nicht. Den Frauen, die jeden Mittwochnachmittag mit ihr Bridge spielten, gestand sie, das Kind sei langweilig und würde sie anwidern. Mit solchen freimütigen Äußerungen amüsierte sie ihr Publikum. Aber sie meinte es ernst. John glaubte, mit der Zeit würde sie mütterliche Gefühle entwickeln. Manche Frauen können eben nicht so gut mit Kindern umgehen, sagte er sich. Und Eloise war noch jung, erst vierundzwanzig, und bildschön. Sobald Gabriella etwas älter und lebhafter war, würde sie sicher das Herz ihrer Mutter erobern. Aber das geschah nicht. Als das Kind umherkrabbelte, sich am Couchtisch hochzog und Aschenbecher zu Boden warf, geriet Eloise in helle Wut. »Mein Gott, sieh dir diese Unordnung an! Dauernd wirft sie was runter, zerbricht Gläser oder Vasen. Und wie schmutzig sie ist!«
    »El, sie ist doch noch ein Baby«, erwiderte er sanft, hob seine Tochter hoch und hauchte zarte Küsse auf ihr Bäuchlein.
    »Hör auf, das ist ja ekelhaft!«, zischte Eloise. Im Gegensatz zu John rührte sie das Kind kaum an. Das Kindermädchen, das kurz nach Gabriellas Geburt ins Haus gezogen war, erriet mühelos, was hinter dem sonderbaren Verhalten der jungen Mutter steckte, und wies John auf die Eifersucht seiner Frau hin. Das fand er lächerlich, aber allmählich revidierte er seine Meinung. Jedes Mal, wenn er die Kleine auf seinen Schoß setzte oder mit ihr sprach, ärgerte sich Eloise. Als das Kind zwei Jahre alt war, schlug die Mutter ihm auf die Hände, wann immer es irgendetwas im Schlafzimmer der Eltern oder im Wohnraum anfasste. Nach ihrer Ansicht durfte sich Gabriella nur im Kinderzimmer aufhalten.
    »Wir können sie nicht da oben einsperren«, protestierte John. Jeden Abend nach Dienstschluss traf er seine Tochter in ihrem Zimmer an.
    »Hier unten demoliert sie alles«, fauchte Eloise.
    Eines Tages bewunderte er wortreich Gabriellas hübsche blonde Locken, die noch in derselben Woche verschwanden. Eloise hatte das Kindermädchen mit ihrer Tochter zum Friseur geschickt und erklärte ihrem erstaunten Ehemann, kurzes Haar sei gesünder.
    Als Gabriella zu sprechen anfing, entstand eine ernsthafte Rivalität. Abends rannte sie jubelnd durch die Eingangshalle und begrüßte ihren Vater. Dabei vermied sie mit sicherem Instinkt die drohende Gefahr und machte einen großen Bogen um die Mutter. Eloise konnte ihren Zorn kaum bezähmen, wenn sie John mit dem Kind spielen sah. Als er ihr vorwarf, sie würde sich zu wenig um die Kleine kümmern, entbrannte ein erbitterter Streit. Sie mochte nicht mehr hören, wie er wegen seiner Tochter lamentierte, und fand sein Verhalten unmännlich, geradezu widerwärtig.
    Im Alter von drei Jahren wurde Gabriella zum ersten Mal geschlagen. Eines Morgens stieß sie versehentlich einen Teller vom Frühstückstisch und zerbrach ihn. Unbehaglich hatte Eloise neben ihr gesessen und Kaffee getrunken. Sobald der Teller zersprang, schlug sie ihre Tochter ohne Zögern ins Gesicht. »Tu das nie wieder, hörst du?« Gabriella starrte sie entsetzt und wortlos an. »Hast du mich verstanden?« Inzwischen wurde das Gesicht des kleinen Mädchens wieder von goldblonden Locken umrahmt. In den großen, verwirrten blauen Augen glänzten Tränen. »Antworte gefälligst!«
    »Tut mir Leid, Mommy ...« Soeben hatte John das Zimmer betreten und die Ereignisse ungläubig beobachtet – zu schockiert, um etwas zu unternehmen. Außerdem würde er die Situation nur verschlimmern, wenn er sich einmischte. Noch nie hatte er Eloise so wütend gesehen. Drei Jahre voller Zorn, Eifersucht und Frust schienen aus ihr hervorzubrechen wie längst überfällige Lava aus einem Vulkan.
    »Wenn du das noch mal machst, verprügle ich dich, Gabriella!«, schrie sie und schüttelte das Kind so heftig, dass seine Zähne klapperten. »Was für ein schlimmes kleines Mädchen du bist! Niemand mag solche verdammten Bälger!«
    Verzweifelt spähte Gabriella am zornroten Gesicht der Mutter vorbei zu ihrem Vater hinüber, der auf der Schwelle stand und nichts zu sagen wagte. Sobald Eloise seine Anwesenheit bemerkte, hob sie ihre Tochter hoch und trug sie ins Kinderzimmer. Dort musste das Kind vorerst bleiben und auf das Frühstück verzichten. Bevor Eloise hinausging, gab sie ihr einen schmerzhaften Klaps aufs Hinterteil. Wimmernd sank Gabriella ins Bett, während Eloise ins Frühstückszimmer zurückkehrte und sich frischen Kaffee einschenkte.
    »Das war nicht nötig«, bemerkte John mit ruhiger Stimme und betrachtete ihre bebenden
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