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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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muss sie den anderen Stämmen in der Schlacht gegen die Horden Nôd'onns beistehen. Seitdem herrscht Ungewissheit über ihren Verbleib und den unserer Krieger.« Seine Linke lag locker auf der Brüstung des Turmes. »Nichts ist schlimmer als das Ausharren.« Er warf Boëndal einen Blick zu. »Aber wem sage ich das? Ich sehe dich immer hier oben, wenn ich meinen Wachdienst verrichte. Bei Tag und bei Nacht. Schläfst du eigentlich nie?«
    Boëndal goss das restliche Bier die Kehle hinunter. »Wie kann ich schlafen, wenn meine Gefährten solchen Gefahren ausgesetzt sind?« Er reichte dem Zwerg den Krug zurück. »Danke für den Trunk. Er hat mir Wärme und Kraft gegeben.«
    Die Pelze zurechtrückend, richtete er den Blick wieder auf die eintönig weiße Landschaft unter sich. Er starrte auf die Schlucht, den Zugang zur gewaltigen Feste Eisenwart, und betete leise zu seinem Gott Vraccas, dass er dort unten seinen Bruder und alle anderen erkennen möge, die mit ihm ausgezogen waren, das Böse zu besiegen.
    Es ist das größte Abenteuer, das ein Zwerg bestehen kann, und ich bin nicht dabei, dachte er voller Wehmut. Die Pfeilblessuren und der Blutverlust hatten ihn lange Zeit auf das Krankenlager gezwungen. Nun war es zu spät für einen Aufbruch, er würde sie nicht mehr einholen.
    Seine Freunde würden ihn und seine vernichtende Waffe, den Krähenschnabel, im Kampf vermissen. Vraccas, du wirst dir etwas dabei gedacht haben, mich bei den Ersten zurückzulassen. Seine breiten Hände ballten sich zu Fäusten. Aber dennoch wäre ich lieber dort, wo mein Bruder ist!
    Boëndal schloss die Lider, um sich die Gesichter seiner Freunde vor Augen zu rufen.
Da waren Bavragor Hammerfaust aus dem Stamm der Zweiten, der singende und trinkende Steinmetz mit der Augenklappe, der sich durch reine Unverfrorenheit in die Gruppe eingeschlichen hatte, und Goimgar Schimmerbart, der eher zierliche Zwerg aus dem Stamm der Vierten, ein ängstlicher Gemmenschneider, dessen Bart und Gesicht wegen des Diamantstaubs, der sich in all den Lebenszyklen an der Schleifbank darin ablagert hatte, schimmerten und funkelten. Er sah Tungdil, den beherzten braunhaarigen Zwerg mit dem kurzen Bart vor sich, der sich als Anführer erst noch beweisen musste. Mit ihm verband ihn eine besondere Freundschaft, er und sein Bruder sahen sich als Paten Tungdils, der noch sehr wenig von der echten Zwergenwelt wusste. Die Schmiedin Balyndis Eisenfinger aus dem Clan der Ersten hatte er nur kurz zu sehen bekommen; von ihr wusste er so gut wie nichts. Schließlich war da noch sein kriegerischer, aufbrausender Zwillingsbruder, Boïndil Zweiklinge, den sie Ingrimmsch riefen. Er war muskulös und gedrungen, trug die schwarzen Haare an den Seiten ausrasiert und hinten zu einem dicken Zopf geflochten, der bis an die Kniekehle reichte. Auf andere Zwerge wirkte er stets leicht wahnsinnig. Seine feurige Lebensesse und das heiße Blut waren sein Fluch und sein Vorteil zugleich.
Boëndal öffnete die Augen. Er wird sie vor allen Feinden bewahren, die sich gegen sie stellen. Vraccas, spende ihnen deinen Segen.
Durch das helle Säuseln des Windes, der sich an den Mauervorsprüngen und Felsnadeln fing und sein Lied sang, hörte er das Klirren eines Kettenhemds. Jemand näherte sich ihrem Wachturm in aller Eile.
Boëndal drehte den Kopf und sah einen Boten über den Wehrgang laufen. Er atmete schwer; anscheinend war er die Treppen hinaufgerannt, um ihnen schnellstmöglich die neueste Kunde zu bringen.
»Wir haben es geschafft!«, rief er gegen das Schneegestöber an; Freude und Stolz lagen in jedem seiner Worte. »Eben kam die Nachricht: Die Streitmacht der Ersten und Vierten haben am Schwarzjoch zusammen mit den Elben und Menschen gegen Nôd'onn gesiegt!«
Aufgeregt umringten die Wächter den Boten und vernachlässigten vor Begeisterung über die gute Nachricht ihre Posten. »Das Geborgene Land ist frei vom Zauber des Dämons, der das Tote Land zu uns führte!« Er schaute sich suchend um und entdeckte Boëndal in dem Pulk. »Ich soll dir ausrichten, dass Tungdil und dein Bruder auf dem Weg hierher sind, um dich abzuholen. Sie wollen ins Reich der Fünften und es wieder mit Leben füllen.«
Boëndal konnte nichts dagegen tun, seine Augen füllten sich mit Tränen der Erleichterung. Er lehnte sich gegen die Mauer und sandte ein stilles Gebet an seinen Schöpfer Vraccas, in dem er ihm mit aller Inbrunst für das Gelingen des Unternehmens dankte. Dann ging er zu dem Kessel mit dem dampfenden
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