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Der Kopflose Rächer

Der Kopflose Rächer

Titel: Der Kopflose Rächer
Autoren: Jason Dark
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betonen.«
    »Und Sie haben auch nach seinem Tod oft an ihn gedacht?«
    »Natürlich.«
    »Sehr oft?«
    »Was soll das?« Hinter den Brillengläsern verengten sich ihre Augen.
    »Bitte, Mrs. Tradlin, beantworten Sie meine Frage.«
    Die Frau senkte den Kopf. »Ja, ich habe oft an ihn gedacht.« Die flachen Hände strichen über das Leder der Handtasche wie über die Haut eines Menschen. »Vielleicht sogar viel zu oft, tagsüber, wenn ich im Büro saß, aber auch in der Nacht, weil ich nicht schlafen konnte. Er wollte mir einfach nicht aus dem Kopf.«
    »Sie haben auch getrauert?«
    »Das gehört dazu!« erwiderte sie mit einer wesentlich fester klingenden Stimme.
    »Und Sie haben sich gewünscht, daß Richter Harker wieder zurückkommen würde.«
    Diesmal schwieg sie. Dafür traf mich ihr lauernder Blick. »Worauf, Mr. Sinclair, wollen Sie hinaus?«
    »Nur auf eine Beantwortung der Frage.«
    »Wollen Sie meine Seele durchleuchten. Spielen Sie jetzt hier den großen Psychologen?«
    »Mit Verlaub gesagt, dazu wäre ich nicht in der Lage. Ich möchte von Ihnen nur eine Bestätigung meiner Theorie haben. Ist das zuviel verlangt?«
    »Nein, ist es nicht. Ja, ich habe an ihn gedacht, verdammt noch mal. Ich habe mir auch gewünscht, daß er noch am Leben ist, und ich kann in diesem Wunsch nichts Unnormales sehen. Ich war auch, das gebe ich ebenfalls zu, verliebt in ihn. Hätte er mich gefragt, ob ich mit ihm zusammenziehen wollte, ich hätte nicht nein gesagt. Aber zwischen uns beiden ist es niemals zu irgendwelchen Zärtlichkeiten gekommen, wir haben auch nie ein Wort über das Thema verloren. Zudem kannte ich seine Frau und hatte zu ihr ein gutes Verhältnis.«
    »Das wollte ich nur wissen, danke.«
    Brenda Tradlin lachte auf. »Ist das alles? Kann ich jetzt aufstehen und gehen?«
    »Nein, sicherlich nicht. Es ist erst der Anfang, auf den Kern wollte ich noch kommen.«
    »Da bin ich gespannt.«
    »Gut, ich habe Informationen und kann mir sogar vorstellen, daß Sie sich immer gewünscht haben, ihn noch einmal zu sehen.« Sie wollte etwas sagen, doch ich redete schnell weiter. »Dieser Wunsch festigte sich von Tag zu Tag, er steigerte sich zu einer Manie, zu einer Halluzination. Sie sahen ihn dann, obwohl er überhaupt nicht vorhanden war. Es war ihr Wunschbild, das Sie hinter dem Schreibtisch haben sitzen sehen.«
    Da hatte ich ihr verdammt viel zugemutet. Sie schnellte in die Höhe, hochrot im Gesicht, fuhr mich an wie eine Furie. »Hören Sie auf, verdammt noch mal, hören Sie mit diesen verrückten Spekulationen endlich auf, Sinclair!«
    Ich schwieg, auch Sir James sagte nichts. Deshalb hörten wir auch ihr lautes Atmen. »Das ist eine Unverschämtheit. Ich brauche mir so etwas nicht anzuhören. Was ich gesehen habe, Sinclair, das habe ich mir nicht eingebildet, auch wenn Sie sich dabei auf den Kopf stellen. Das ist echt gewesen, verdammt noch mal.« Bei jedem zweiten Wort zuckte ihr ausgestreckter Zeigefinger vor und zurück, und jedesmal war ich das Ziel. »Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja, Sie redeten laut genug.«
    Mit einem wütenden Schnaufen fuhr sie herum, und jetzt kam Sir James an die Reihe. »Mit wem, zum Teufel, haben Sie mich da eigentlich zusammengebracht? Soll dieser Mensch Ihr bester Mann sein? Wenn das so ist, dann möchte ich mal sehen, wie die schlechten sind.«
    Der Superintendent war ein höflicher Mensch Damen gegenüber. Aber diese Frau hatte es tatsächlich geschafft, die Schale zu durchbrechen und ihn zu verärgern. Sir James rückte seine Brille zurecht. Dabei legte er die Stirn in Falten. »Hören Sie mir bitte für einen Augenblick zu, Mrs. Tradlin. Ich kann Ihre Erregung durchaus verstehen. Ihre Kritik an meinen Leuten kann ich trotzdem nicht unterstützen. Sie ist erstens unsachlich und stimmt zum zweiten überhaupt nicht. Was Mr. Sinclair geleistet hat, steht hier nicht zur Debatte, aber wenn es jemand schafft, Ihr Problem aufzuklären, dann er. Noch etwas. Ich stehe voll und ganz hinter seinen an Sie gestellten Fragen. Gerade Sie sollten wissen, daß zur Aufklärung eines Falles eine gründliche Recherche gehört. Die genau hat Mr. Sinclair durch seine Fragen eingeleitet.«
    »Nein, nein, er hat an meinen Aussagen gezweifelt.«
    »Stimmt. Ich habe ebenfalls daran gezweifelt. Solange nichts bewiesen ist, werde ich auch weiterhin daran zweifeln. Erst wenn einer von uns Ihrem ehemaligen Chef gegenübersteht, können wir Ihnen voll und ganz zustimmen.«
    Sir James hatte die Frau noch immer
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